My decision

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Kurz bevor wir anhalten, beschließe ich mir die Kette um den Hals zu legen. Ich kann mich schließlich später auch noch entscheiden, ob ich ihn jetzt wirklich heirate.
Als wir anhalten werden meine Gedankengänge durch einen lauten Trompetengesang unterbrochen.

"Nanu was ist denn das?", frage ich mich, da wird auch schon die Tür der Kutsche aufgerissen. Zuerst blenden mich die Sonnenstrahlen, doch als ich meine Hand hebe, um meine Augen zu schützen, kann ich auch langsam die riesige Menschenmasse, die sich 20 meter vor mir versammelt hat, erkennen.
Die große Menschenmasse aus rund 20000 Leuten ist komplett leise, man könnte eine Stecknadel fallen hören.

Ich stehe derweil mit leicht verkrümmten Rücken am Eingang der Kutsche, erst ein leises räuspern, lässt mich aus meiner Starre erwachen. Ein junger, muskulöser Mann mit blonden Haaren und grünen Augen steht neben der weißen Tür meiner Kutsche und hält mir seine Hand, damit ich mich beim aussteigen festhalten kann, hin.

"Ich werde hier wie eine Frau behandelt", denke ich mir Augenverdrehend.
Trotzdem nehme ich seine Hand an, schließlich wäre alles andere unhöflich.

Als ich ausgestiegen bin, stelle ich mich sofort wieder mit geradem Rücken aufrecht hin, danach lasse ich die Hand des blonden Mannes sofort wieder los. Was dieser mit einem schmunzeln kommentiert, da ich sie so schnell losgelassen habe, als hätte ich mich verbrannt.
Die Menschenmasse, die überwiegend aus Bauern, Händlern und Stadteinwohner besteht, was man an ihrer leicht schmutzigen Kleidung erkennen kann, beginnt plötzlich laut zu jubeln. Die Freudenschreie und das Geklatsche ist wirklich laut. Am liebsten würde ich mir die Ohren zuhalten so laut ist es, doch ich bin so gerührt, dass die Menschen mich als ihren zweiten König annehmen würden, dass meine Wangen sich leicht erröten.
Einige der weiblichen Einwohner haben sogar vor Freude begonnen zu weinen. Keine Ahnung warum, sollten sie nicht eher beleidigt sein, dass sie den Kronprinzen jetzt nicht mehr Heiraten können? Auch wenn die Königsfamilie, sowieso niemanden vom Gemeinenvolk heiraten dürfte?

Die Garden-Mitglieder haben langsam mit manchen der Leuten zu kämpfen, da sie zu mir laufen und mich beglück wünschen wollen....oder mich abstechen möchten. Hoffen wir mal auf das Erstere.
Zum Glück gibt es aber auch noch eine Absperrung, die den Garden-Mitgliedern zu Gutem kommt und ihnen hilft, dies zu verhindern.

"Wenn die wüssten, dass ich mir noch nicht mal sicher bin, ob ich ja sage", denke ich mir nur.

Plötzlich schafft es ein kleines Mädchen durch die Absperrung.
Eine etwas ältere Dame, vermutlich die Mutter, wollte noch nach, doch wird sie sogleich von einer Wache aufgehalten.
Dadurch werden die Menschen um uns herum wieder still.
Eine andere Wache ist dem kleinen Mädchen nach und wollte sie schon packen, als ich "Nicht" schreie. Die Mutter der Kleinen zuckt zusammen und sieht mich mit großen Augen an, vermutlich fragt sie sich, was ich machen werde.
Normalerweise wird man, wenn man eine Absperrung der Garde durchbricht, ein paar Tage in den Kerker gesperrt und man muss eine hohe Geldstrafe zahlen, sollte der König nicht eine andere Strafe wie zum Beispiel die Hinrichtung festlegen. Die Frau hat jetzt vermutlich Angst um ihre Tochter, dass ich eine andere noch härtere Bestrafung verlange. Die der König vermutlich sogar gewähren würde, da ich selbst in meinem Land jetzt noch der Kronprinz bin, nach der Heirat und meiner und Leon's Krönung aber auch hier ein König ~ mit den Pflichten einer Königin ~ bin.

Das Mädchen bleibt durch meinen Schrei jetzt auch leicht verunsichert stehen. Die Wache nutzt diesen Moment, um das Mädchen zu packen. Er hält sie in einem eisernen Griff fest, man sieht der zappelnden 5 Jährigen den Schmerz an.

In einem leicht strengen Ton sage ich zur Wache: "Lass sie los."

Die Wache wirkt einen kurzen Moment überrascht, als er das Mädchen auch schon wieder mit einem Monotonen Gesichtsausdruck, der für Wachen üblich ist,  loslässt. Danach verbeugt er sich und tritt einen Schritt zurück, so dass er noch in der Nähe ist und eingreifen könnte, sollte etwas geschehen. Jetzt Mal ehrlich, was soll denn bei einer 5 Jährigen geschehen, soll sie mich mit Bauklötzen steinigen?

Ich drehe mich um und laufe zur Kutsche zurück, nur um eine große weiße Rose, die an der Kutsche zur Verzierung festgemacht wurde, herunter zu brechen. Zum Glück sind keine Dornen mehr an dieser, sonst hätte ich mich wahrscheinlich gestochen. Mit einem Lächeln auf den Lippen laufe ich zu dem Daumen nuckelnden Mädchen, dass noch immer wie festgewachsen dort steht, hin.
Dies wird von dem blonden Mann, der mir die Hand zum Aussteigen gereicht hat, fasziniert beobachtet.
Ich gehe vor dem kleinen Mädchen in die Hocke. Nun sind wir ungefähr auf Augenhöhe. 

"Na du", sage ich zu ihr.

Das Mädchen beginnt trotz Daumen im Mund zu lächeln, was mich auch zum Lächeln bringt. Die große weiße Rose stecke ich ihr in die blonden zu einem leicht verwuschelten Französischenzopf festgebundenen Haare. Sie sieht wirklich süß aus. Ich fahre ihr mit meinem Daumen über die Wange, danach hebe ich sie hoch und laufe zu ihrer Mutter.

Mit einem Lächeln im Gesicht und den Worten: "Ein süßes Kind", übergebe ich ihr den kleinen Schatz.

Die Mutter die Tränen in den Augen hat, bedankt sich bei mir. Ich drehe mich danach wieder um und laufe zu den Stufen der Kirche. Als ich die 3 meter hinauf gegangen bin, drehe ich mich noch einmal um, lächel in die Menge und verschwinde durch die offene Tür im inneren der Kirche. Der blonde Mann immer hinter mir.

Nachdem ich in der Kirche verschwunden bin, werden die Türen geschlossen, dadurch verstummt der ganze Trubel und macht bei mir wieder Platz für die Nervosität.

Plötzlich kommt mein Vater zu mir. Keine Ahnung von wo dieser her gekommen ist und sagt, dass hinter der Tür, die die gegenüber vom Kircheneingang liegt, der Eingang zum Altar ist. Also hinter dieser Tür ist Alles, die Hochzeitsgäste, die Königliche Familie...mein vielleicht zukünftiger Ehemann und mein neues Leben.
Der blonde Mann ist in der Zwischenzeit verschwunden.

"Wenn du ihn heiratest, solltest du langsam hinein gehen. Ich weiß nicht viel von deinem Verlobten, aber das er nicht gerne wartet, ist mir durchaus bekannt", sagt mein Vater mir einem leichten schmunzeln auf den Lippen.

"Vater führst du mich zum Altar?"

"Also hast du dich entschieden ihn zu heiraten?", stellt er mir die Gegenfrage, ohne auf meine zu reagieren.

"Keine Ahnung, ich weiß es wirklich nicht. Es ist eine schwierige Entscheidung, die mein ganzes Leben betrifft und das von den Einwohnern von Windston. Ich kenne den Kronprinzen Veriets nicht, was ist wenn er ein schlechter König ist und die Bürger schlecht behandelt oder es ihn gar nicht interessiert. Und was ist, wenn er hässlich ist. Oh mein Gott, daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ich soll einen hässlichen Kronprinzen heiraten, weil ihn sonst keiner will?", rufe ich verzweifelt aus.

„Deshalb haben die Frauen vorhin vor Freude geweint, weil ihr hässlicher, fetter Kronprinz doch nicht alleine sterben muss", denke ich panisch weiter.

"Das können wir erst wissen, wenn es soweit ist", antwortet mein Vater lachend, zu meinem verzweifelten Gefühlsausbruch.

"Du solltest ihn auch erst zu Gesicht bekommen, bevor du dir über sein Aussehen sorgen machst und ich würde dich sehr gerne zum Altar führen", fügt mein Vater noch immer leicht lachend hinzu.

Sein lachen heitert mich wie immer auf und so muss auch ich leicht schmunzeln. Auch wenn es bei mir eher wie eine verunstaltete Fratze aussieht, da ich in meinen Gedanken noch immer über meinen hässlichen Verlobten nachdenke.

My unwanted fiance Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt