Ein Schrei entfährt mir, als ich am Nachmittag mit einer Ecke meines Wagens gegen die Hauswand rumse.
"Oh Gott." keuche ich, fahre einen Meter vor und springe aus dem Wagen. "Scheiße." zische ich und streiche über die Schramme an dem hinteren Teil meines Wagens.
Mann könnte keinen, dass ich mich besonders blöd anstelle, beim einparke, vor allem wenn man so einen kleinen Wachen wie ich fährt. Das ändert aber nichts an der Tatsache, das der Innenhof alles andere, als groß und hier mitten im Hof ein weißer VW-Bus steht.
"Brauchst du Hilfe?" meldet sich da jemand über mir zu Wort. Erschrocken zucke ich zusammen und sehe nach oben.
Locker auf seinem Geländer lehnend, steht Dag auf seinem Balkon und sieht zu mir runter.
Ich sehe zu ihm hoch und verschränke die Arme vor der Brust.
"Nee, wieso?" erwidere ich und räuspere mich einmal.
"Bin gespannt, wie viel von dem Haus noch steht, bis du mit dem Einparken fertig bist." zieht Dag eine Augenbraue hoch und nickt auf meinen Ford Ka.
Ich rümpfe einmal kurz die Nase und nicke dann auf den VW-Bus. "Weißt du wem der gehört?" frage ich.
"Schon." erwidert Dag und sieht mich an.
Wieder spüre ich ein Zucken in meiner Nase. "Und wem?" frage ich.
Dag zeigt auf die Wohnung neben sich.
"Dem Sohn von den Schäffers. Die sind aber nicht da." erklärt Dag. "Na toll." verdrehe ich die Augen und sehe meinen Wagen an. "Soll ich?" fragt Dag und schon sehe ich wieder zu ihm hoch.
"Bitte?" frage ich. "Deine kleine Murmel soll doch in deine Garage. Soll ich dir einparken?" fragt Dag.
Wieder verschränke ich die Arme, beiße mir auf die Backe und sehe Dag an. "Wenn es dir nichts ausmacht." bekomme ich angefressen raus.
"Vorsicht." zickt Dag zur Seite und steigt auf das Geländer seines Balkons. Ich stolpere erschrocken zurück und fahre ihn an: "Spinnst du?!"
Dag schwingt sich über das Geländer, hangelt sich locker an diesem runter und lässt sich dann auf die Füße fallen.
"Geh mal bei Seite, Primaballerina." schiebt mich Dag zur Seite und steigt in den Wagen ein.
"Du kannst dich auch gleich vorne auf die Motorhaube setzen, wenn du deinen Sitzt so weit nach vorne ziehst." meint Dag und lässt meinen Sitz mit einem Rasch nach hinten fahren.
Mit einem Arm um den Beifahrersitz fährt Dag schwungvoll rückwärts um den Bus herum und parkt, in Millimeterarbeit, in meine Garage ein.
Kaum steht mein Wagen in der Garage, steigt Dag aus, sperrt ab und wirft mir den Schlüssel zu.
"Dafür, dass ich seit fünf Jahren hinter keinem Steuer mehr gesessen bin, gar nicht so schlecht." meint Dag und reicht mir meine Handtasche, inklusive meiner Ballettschuhe.
"Merci." meine ich und nehme meine Sachen entgegen. "Du tanz also noch immer." meint Dag und lehnt sich gegen den VW-Bus.
Ich nicke mit einem Schulterzucken. "Und du, Fassadenkletterer?" kontere ich. Dag schnaubt mit einem leichten Lächeln. "Das nennt sich Parkourtraining." verbessert mich Dag. "Und ja ich trainiere Laute darin auch." lenkt Dag ein.
"Hast ja viel gemacht aus deinem Abi." meine ich.
"Sagt mir eine Tänzerin." schnaubt Dag. "Außerdem mache ich das nebenbei." fügt Dag hinzu und stößt sich vom Bus ab. Ich sehe ich erwartend an.
"Google mal die Band SDP. Dann siehst du was ich aus meinem Leben gemacht habe, Primaballerina." schnurrt mir Dag im Vorbeigehen zu, gibt mir eine festen Klapps auf den Hintern, ehe er an mir vorbei zurück ins Haus geht. Ich fahre herum und sehe ihm nach.
Mit einem langen Blick über die Schulter, sieht Dag nochmal zu mir und verschwindet dann im Haus.In einem Chaos aus Fotos, sitze ich im Schneidersitz auf dem Foto, mit einer Teetasse in den Händen und sehe auf die Fotos um mich herum runter.
Felix liegt zusammengerollt in meinem Schoß und ich streiche ihm sanft über den Kopf und den Nacken.
Wie lange ist es her, dass ich diese Bilder angesehen habe? Ich kann mich gar nicht mehr erinnern.
Ich werde aus meinen Träumen gerissen, als es an der Tür stürmisch klopft.
Einen Moment bliebe ich wie versteinert sitzen und meine Mundwinkel ziehen sich zu einem Grinsen hoch.
Sie ist da. Schnell stelle ich meine Tasse ab, setze Felix auf den Boden und springe auf die Beine. Mit springendem Schritt laufe ich zur Tür und reiße sie auf.
"Alex!" ruft eine junge frau, mit roten Locken, Sommersprossen im Gesicht und lindgrünen Augen.
"Maddie." lache ich und werfe die Arme um ihren Hals. Schon liegen ihre Arme um meinen Schultern und sie sieht mich fest an sich.
"Du bist zuhause." lacht Maddie und lehnt sich von mir zurück. Schon drückt sie mit einen Kuss auf die Stirn und grinst mich dann an. Ich ziehe sie wieder in meine Arme und schließe die Augen. Auch Maddie liegt wieder die Arme um mich und ich spüre wie sie das Lächeln anfängt.
"Du hast mir so gefehlt." murmelt Maddie.
"Komm rein." erwidere ich und ziehe sie zur Tür rein.Ebenfalls mit einer Tasse Tee in der Hand sitzen Maddie und ich zehn Minuten später bei mir im Wohnzimmer auf dem Boden. "An den Abend erinnere ich mich noch!" lacht Maddie und nimmt ein Gruppenfoto in die Hand.
"Erinnere mich nicht an den Abend." lasse ich den Kopf auf Maddies Schulter fallen.
Das Abschlussfoto des Talentabends unserer Schule.
Arm in Arm stehen Maddie und ich da. Ich im Ballettkleid, Maddie mit ihrer Geige in der Hand.
"Rate mal wer im ersten Stock wohnt." nicke ich auf das Foto, auf welches Maddie runtersieht.
"Keine Ahnung, Lisa?" fragt Maddie und sieht mich an. Ich schüttle den Kopf und zeige an den rechten Rand.
"Du verarscht mich." sieht Maddie mich entsetzt an und sieht dann wieder auf den Jungen mit dem schwarzen Irokesenschnitt, dem Pali um den Hals und er Nietenjacke runter.
"Dag- Alexis Kopplin." nicke ich. "Den erkennst du nicht wieder." versichere ich ihr.
Mit einem Lachen schüttelt Maddie den Kopf und sieht wieder auf das Gruppenbild runter. Maddie ihr Haar zur einer halboffenen Frisur zusammengefasst, in einem schwarzen Abendkleid, schwarzen Ballerinas und ihrer Geige in der Hand. Neben ihr, Maddie einen Arm auf der Schulter abgelegt, ich. Das Haar in einem Dutt und einem roséfarbenen Ballettkleid. Ein Bein habe ich nach hinten durchgestreckt, mit dem anderen Bein stehe ich auf Spitz.
Auf der anderen Seite des Bildes stehen Dag und Vincent. Dag mit seiner Gitarre in der Hand und einen Arm um Vincents Schultern gelegt.Maddie ist längt auf meinem Sofa eingeschlafen, als ich in der Nacht von dem Sofa krabble und mich an den Esstisch setze und mein MacBook aufmache.
Es dauert nicht lange bis ich im Netz, unter SDP finde was ich suche.
Die bekannteste unbekannte Band, ist was mir sofort ins Auge springt. Erschrocken zucke ich zusammen, als ich aus versehen ein Video von anmache und mache schnell den Ton aus.
"Großer Gott." flüstere ich und stecke meine Kopfhörer an.
Ich klicke mich durch verschiedene Musikvideos durch und kann mir bei einigen, ein leises Lachen, nicht verkneifen.
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So schön kaputt & Millionen Liebeslieder (Dag SDP FF)
FanficNach über zehn Jahren komme ich aus München zurück nach Spandau. Dass ich dabei ausgerechnet IHM in die Arme laufe, konnte keiner wissen. Dass ich ihm damals so weh getan habe, wollte ich wirklich nicht aber eigentlich hätte ich es mir denken könne...