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„Ich bin zu Hause!" rufe ich als ich die Haustür hinter mir zu ziehe.
„Callum!" höre ich eine zarte Mädchenstimme rufen.
Gleich darauf rennt ein blondes Mädchen auf mich zu. Sie hat ein breites, ehrliches Lächeln im Gesicht und ihre blauen Augen glänzen glücklich.

„Alles klar, Jadie?" frage ich und hebe sie grinsend hoch.

Jade nickt und umarmt mich.

„Mum gehts nicht gut. Sie schläft jetzt." sagt sie leise.

Ich nicke besorgt.
Dann stelle ich Jade wieder auf den Boden ab und sie rennt vor, in die Küche. Unser Haus ist nicht groß, aber auch nicht klein. Es ist von außen weiß gestrichen und von innen modern eingerichtet. In Mums klaren Momenten liebt sie es zu dekorieren und ins Möbelhaus zu gehen.

Ich schlage ein Ei auf und lasse es in die Pfanne fallen. Jade sitzt auf einem Stuhl am Tisch und schaut mir fasziniert zu.

„Rührei, Omelett oder Spiegelei?" frage ich meine kleine Schwester.

„Rührei. Mach gleich mehr, dann kann Mummy auch noch was haben." antwortet sie mit ihrer süßen, hohen Stimme.

Mein Herz verkrampft sich etwas. Ein kleines Mädchen sollte noch keine Rückzieher machen, um anderen einen Gefallen zu tun. Ein kleines Mädchen sollte nicht merken, das ihre Mutter anders ist, als die anderen Mütter und es sollte sich nicht um ihre eigene Mutter kümmern.

Ich schlucke und hole Pfeffer und Salz aus der Schublade.

Dann schlage ich noch zwei Eier in der Pfanne auf und zerstückele sie danach. Jade springt von ihrem Stuhl und tippelt zu mir hin. Fasziniert beobachtet sie das brutzelnde Ei. Ich grinse und wuschele ihr durch die blonden Locken.

Ich nehme einen Teller aus dem Regal neben dem Herd und schaufle Jade etwas von dem Rührei auf den Teller.

Sie stößt einen verzückten Laut aus und läuft mit kleinen, schnellen Schritten zu ihrem Platz.

„Ich schau kurz bei Mum vorbei, ja?" sage ich und lächle Jade an.

Sie nickt, während sie das Rührei in ihren Mund schaufelt.

Ich grinse. Sie kommt ganz nach mir.

Dann gehe ich den Gang zu Mums Zimmer entlang. Ich öffne die hölzerne Tür und trete in ihr Zimmer.

Es ist komplett abgedunkelt und nur durch die Tür fällt Licht in den kleinen Raum. Meine Mutter liegt mit dem Rücken zu mir in ihrem großen Bett und atmet gleichmäßig. Neben ihr auf dem Nachttisch steht eine Flasche Wasser mit einem Glas und eine Menge Tabletten. Hauptsächlich Schlaf- und Schmerztabletten.

Ich laufe auf Zehenspitzen auf das Bett zu während mir John Lennon Beautiful Boy zusingt.

Komplett unpassend.

„Mum?" flüstere ich als ich vor ihr stehe. Ihre hellen blonden Haare liegen wirr um ihren Kopf herum und sie zuckt im Schlaf immer wieder zusammen. Ich weiß genau wovon sie träumt.

Auch im Schlaf sieht sie noch müde aus, was seltsam ist. Früher war sie mal eine lebensfrohe, hübsche Frau gewesen, doch heute könnte man nur noch in ihren klaren Momenten etwas ihres alten Selbst finden.

Plötzlich schreckt sie auf. Sie atmet hektisch und eine Träne rinnt aus ihrem Augenwinkel.

Ich fühle mich so hilflos. Nichts, was ich ausprobiert habe, hat bei ihr funktioniert.

„Mum." flüstere ich.

Sie dreht sich zu mir um. In ihren Augen liegt wieder diese Leere.

„Er ist nicht hier Mum. Und er wird nie wieder kommen." sage ich leise.

Meine Mutter schluckt. Sie fährt sich übers müde Gesicht und streckt dann die Hand nach mir aus.
Mit den Fingerspitzen streicht sie mir eine Strähne aus der Stirn.

„Wenn er kommt, Callum", flüstert sie, „wenn er kommt, dann lauf."

Ich nicke, während mir Tränen in die Augen steigen.

„Ich hab dich lieb, Mum." sage ich.

Sie nickt.

„Ich dich auch." sagt sie leise, dann dreht sie sich um und nimmt sich eine Schlaftablette aus der Verpackung.

„Gute Nacht." sage ich, obwohl es helligster Tag ist.

Meine Mutter bekommt das schon gar nicht mehr mit. Sie ist wieder in ihren ewigen Schlaf abgedriftet.

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Ich gehe wieder zu Jade. Sie ist inzwischen fertig mit dem Essen und will gerade ihren Teller abräumen.

„Wird Mum jemals wieder gesund?" fragt sie leise.

Ich sehe sie traurig an. Sie sollte sich keine Sorgen darum machen müssen. Sie sollte ein normales Leben haben.

Ich hocke mich vor sie und lege ihr eine Hand auf die Schulter.

„Ich weiß es nicht, Jadie."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 28, 2019 ⏰

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