Kapitel 18

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Shayennes Sicht

In der Saleabteilung fand ich relativ schnell noch ein paar Sachen, welche ich mitnahm. An den Umkleiden war nichts los, sodass ich direkt die erste nehmen konnte. Ich beschloss zuerst den gelben Kapuzenpullover anzuziehen, welcher perfekt passte. Da er sowieso nur fünf Euro kostete, beschloss ich ihn direkt mitzunehmen. Ich hatte gerade einen dunkelroten Pullover ausgezogen, als es vor der Umkleide rumpelte und wenig später jemand den Vorhang zur Seite schob. Vor Schreck entwich mir ein spitzer Schrei und ich hielt mir schützend den Pullover vor meinen Körper. Zu meiner Überaschung konnte ich jedoch erst mal niemanden entdecken, da derjenige komplett hinter einem Berg aus Klamotten verschwand. "Entschuldigen Sie, aber die Umkleide ist besetzt. Das sieht man doch." "Ach Shayenne, sei doch nicht so empfindlich. Was soll ich bitte mit Frauenklamotten?", hörte ich Wincent belustigt sagen, dessen Gesicht mich jetzt angrinste. "Musst du mich so erschrecken. Ich dachte, du wärst beschäftigt." "Nein, ich habe vier Fotos gemacht und dann gesagt, dass jemand beim Shopen ganz dringend meine Hilfe benötigt." "Dringend? Also ich glaube, ich komme auch gut selbst zu Recht." Ich musterte den Berg an Klamotten. "Was soll ich mit den ganzen Sachen?" "Vielleicht anprobieren", meinte Wincent und drückte mir den Stapel in die Arme, bevor er es sich auf der Bank vor der Umkleide bequem machte. Ich verdrehte die Augen und zog den Vorhang wieder zu. Ich nahm mir das erste Teil vom Stapel, welcher sich als ein schwarzer Hoodie rausstellte. "Hast du auch irgendwas ohne Schwarz rausgesucht?", fragte ich, während ich den Kapuzenpullover überzog. "Klar, sicher", hörte ich Wincent lachen. Ich musterte mich im Spiegel. Schwarz war einfach so düster und dunkel. "Was meinst du?", fragte ich und schob den Vorhang zur Seite. "Perfekt. Schwarz steht dir, habe ich doch gesagt." "Ich weiß nicht", sagte ich und betrachtete mich im Spiegel. "Das ist doch überhaupt keine Farbe und so düster, als würde ich auf eine Beerdigung gehen." "Das nennt man unbunte Farbe", verbesserte er mich. Deine blonden Haare haben einen mega Kontrast zu schwarz und sonst würde ich jeden Tag zur Beerdigung gehen." "Ich kann ihn ja mitnehmen", lenkte ich ein. "Die will ich auch mitnehmen", ergänzte ich und reichte ihm den gelben und roten Pullover. "Oh, Gott, die Farben", hörte ich Wincent stöhnen. "Tja, dafür nehme ich jetzt den schwarzen Hoodie mit", sagte ich. Die nächste Viertelstunde war ich mit Anprobieren von hauptsächlich Schwarz und Weiß beschäftigt. "Die Farbe ist so langweilig Wincent", jammerte ich, während ich einen schwarzen Rock überzog. "Gewöhnungssache", meinte er. Ich schielte zu meinen Klamotten rüber, wo noch ein dunkelgrünes Top mit Rückenausschnitt lag. Zum Rock würde es perfekt passen", dachte ich und zog es über. "Wie fndest du das?", fragte ich und Wincent blickte von seinem Handy hoch. "Hübsch", sagte er. "Ausnahmsweise passt mal der Farbklecks." Ich wollte schon wieder den Vorhang schließen, als Wincent den Ausschnitt entdeckte. "Was ist das für ein Rückenausschnitt?", hörte ich ihn entsetzt fragen. "Ist doch schön", erwiderte ich. "Viel zu gewagt, du bist erst vierzehn." "Mir gefällt es", erwiderte ich und setzte mein überzeugendeste Lächeln auf. "Mal sehen", erwiderte Wincent. "Ich bin sowieso fertig", sagte ich. "Ich ziehe mich nur schnell um." In der Umkleide raffte ich alles zusammen und reichte Wincent die Sachen, welche ich noch mitnehmen wollte, wobei ich das Top direkt oben drauf legte. "Wir können dann", sagte ich und legte die restlichen Sachen auf den Stapel zum Zurückgeben. "Das Top war noch nicht geklärt", hörte ich Wincent hinter mir sagen. "Dafür nehme ich, aber ganz viele schwarze und weiße Sachen", erwiderte ich. "Kompromisse, Wincent." "Aber wehe, du ziehst es zur Schule an." "Einverstanden", sagte ich und folgte ihm zur Kasse. Er würde es so oder so nicht bemerken, wenn ich es zur Schule anziehen würde. Während die Verkäuferin am Scannen war, holte Wincent sein Portmonee raus. "Was ist das?", hörte ich ihn entsetzt sagen und starrte auf ein kurzes schwarzes Kleid. "Das hast du doch nicht anprobiert." "Doch, als du noch nicht da warst." "Das nehmen wir nicht mit. Dafür nehmen wir das grüne Top mit." "Also kann ich das Kleid weglegen?", hörte ich die Verkäuferin fragen. "Nein, bitte Wincent. Mom würde mir das nie kaufen." "Richtig", erwiderte Wincent. "Und da ich der gleichen Meinung bin, kaufe ich es auch nicht." "Bitte Winc. Ich revanchiere mich auch dafür und ziehe es auch nur Zuhause an. Bitte!", bettelte ich. "Könnten Sie sich bitte entscheiden, es wollen noch andere Kunden bezahlen." "Meine Güte, packen Sie es in die Tüte." "Danke. Du bist der Beste", sagte ich und fiel Wincent um den Hals. "Das heißt nicht, dass ich es gut finde." "60 €", hörte ich die Verkäuferin sagen. "Mit Karte", meinte Wincent und bestätigte die Geheimzahl. Draußen strahlte ich immer noch. "Ob du es anziehst, ist eine andere Sache", dämpfte Wincent meine Freude. "Hä wieso?" "Umtauschen oder einkassieren kann ich es immer noch." "Das werden wir sehen", erwiderte ich trotzig, während er die Fußgängerzone schon runterging. "Wo willst du hin?", rief ich ihm nach. "Adidas", antwortete er. Okay, das war klar.

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