~Emilys POV~
Heute war es endlich soweit! Das Drehbuch für die neue Staffel von NCIS sollte gemeinsam gelesen werden, also zumindest das Material für die ersten drei Folgen. Wir würden die neuen Kollegen kennenlernen, dieses Jahr waren es sogar zwei. Es war eigentlich immer eine absolute Bereicherung für unser Team.
Das dachte ich zumindest, denn da wusste ich noch nicht, welche Person aus meiner Vergangenheit mich heute einholen würde.
Fröhlich pfeifend stieg ich an meinem heutigen Arbeitsplatz aus dem Auto. Kurz darauf wurde ich herzlich von allen meinen Kollegen begrüßt. Doch dann fiel mein Blick auf eine Person mit kurzen schwarzen Haaren, die ich eigentlich noch nicht kennen sollte. Viel zu bekannt waren mir seine Gesichtszüge, seine langen Wimpern und seine dunklen Augen.
"Emily? Alles okay?", riss Sean mich auch meinen Gedanken. Ich nickte. "Hey Emily! Ich bin Wilmer, der Neue", zwinkerte der leicht dunkelhäutige Mann. "Hi", erwiderte ich nur, ich wusste nicht, was ich ihm gegenüber sagen oder tun sollte. Auf keinen Fall durfte er erfahren, wie sehr ich damals gelitten hatte.
Nach der Leseprobe wollte Mark mich noch sprechen. "Was gibt's Chef?", fragte ich gespielt fröhlich. "Emily! Hör auf so zu tun, als wäre dir nach herumalbern! Ich merke doch, dass es dir nicht gut geht! Was ist vorhin passiert? Als du hier ankamst hast du noch aufrichtig gestrahlt", seufzte mein Kollege.
"Es ist ER", bemerkte ich. "Wer?" "Der Junge, der mir mein Herz gebrochen hat als ich sieben Jahre alt war", erzählte ich ihm, er kannte die ganze Geschichte. Seufzend nahm er mich in den Arm. "Soll ich mal mit ihm sprechen?", fragte er, aber ich schüttelte entschlossen den Kopf. "Er darf auf gar keinen Fall davon erfahren!"
"Wer darf wovon nicht erfahren?", fragte Wilmer, der hinter mir aufgetaucht war. "Geht dich überhaupt nichts an", motzte ich. "Sorry, ich wollte nicht lauschen, aber du klangst so verzweifelt... Ich glaube, wir hatten einen falschen Start... Du hast mich an jemanden aus meiner Vergangenheit erinnert, aber als ich eben mit meiner Mutter telefoniert habe, habe ich eingesehen, dass das nicht sein kann. Tut mir leid, dass ich so kurz angebunden war", erklärte mein neuer Kollege.
Konnte es sein...? Nein! Das durfte ich gar nicht erst denken! Ich durfte mir keine Hoffnungen machen! Ich würde meinen besten Freund nie wieder sehen, er hatte mich gegen seine Karriere ausgetauscht... Vier wundervolle Jahre hatten wir zusammen, es waren die schönsten meines Lebens, doch danach ging mein Leben den Bach hinunter...
"Emily?", riss Wilmer mich aus meinen Gedanken. "Ja...äh...klar...sorry... Mir tut's auch leid, dass ich so reserviert war bzw bin. Ist heute einfach nicht so mein perfekter Start in den Tag gewesen", redete ich mich raus. "Dann sollte man ihn wenigstens schön ausklingen lassen... Ich lad' dich ein. Was hälst du davon? Dann könnten wir uns besser kennenlernen", meinte er. Abwesend nickte ich. "Von mir aus", murmelte ich, auch wenn es mir ganz und gar nicht genehm war. "Klingt nicht sehr überzeugt..." "Hm? Achso, sorry. Heute vor genau 25 Jahren hab ich was erlebt, was mich ziemlich aus der Bahn geworfen hat...", erklärte ich ihm ehrlich, wenn auch nicht ganz offen.
"Willst du drüber reden?", fragte Wilmer mich auf dem Weg von der kleinen Bar nach Hause. "Nein!", sagte ich bestimmt, bereute es aber sofort. Er konnte es ja nicht wissen... Naja, eigentlich sollte er es wissen, aber das verdrängte ich. "Sorry. War ziemlich schlimm für mich damals... Plötzlich stand ich allein da und mein komplettes Leben ist über mir zusammen geklappt wie ein instabiles Zelt im Sturm. Eine der wichtigsten Personen in meinem Leben außerhalb meiner Familie ist über Nacht spurlos verschwunden... Seine Mutter hatte einen Brief für ihn geschrieben, den er mir hinterlassen hat... Angeblich sind sie wegen seiner Karriere umgezogen. Danach hatte ich niemanden mehr, wurde für alles mögliche fertig gemacht... Damals habe ich in der Schule stolz erzählt, er sei jetzt berühmt, obwohl ich Zuhause um ihn geweint habe... Sie lachten mich dafür aus... Kinder können grausam sein, ich meine wir waren damals nicht mal acht Jahre", erklärte ich ihm die Situation, ohne zu viel zu verraten, und warf damit alle meine frisch aufgeatellten Prinzipien über den Haufen.
"Wer lässt ein Mädchen wie dich für eine Karriere sitzen? Aber ich kenne das Gefühl... Nachdem ich mit sechs meine ersten Schauspielerfahrungen gesammelt hatten, packten mich meine Eltern eines Tages einfach ins Auto und wir sind umgezogen. Ich wusste nichts davon, bis wir in der neuen Stadt, 748km von meiner alten Heimat entfernt, angekommen waren. Ich hatte damals aus Kindergartentagen eine beste Freundin, wir waren unzertrennlich... Heute kann ich mich nur noch an ihre blonden Haare und ihren Spitznamen erinnern... Weißt du wie viele Em's es mit blonden Haaren gibt? Ich bin sogar zurück in meine alte Heimatstadt gefahren, keine Spur mehr von ihr... Ich saß auf den Treppenstufen vor ihrem Haus und habe um sie geweint... Das Haus stand leer, einige Räume schwarz von Kohle, es war vollkommen ausgebrannt, nur die Grundmauern standen noch... Es war schrecklich es so zu sehen... Was wenn sie dabei um's Leben kam? Und selbst wenn nicht? Ich weiß ja nicht mal, ob Em die Abkürzung für, Emilia, Emily, Emanuela oder was weiß ich ist!", sagte Wilmer verzweifelt und mit Tränen in den Augen.
"Wil?", fragte ich vorsichtig. "Was? Nenn mich nicht so! Das darf nur sie!"
"Was wäre, wenn sie jetzt vor dir stehen würde?"
"Ich weiß es nicht... Vermutlich würde ich mich tausend mal entschuldigen... Meinst du, sie würde mich überhaupt erkennen? Geschweige denn mir verzeihen?""Ich bin mir sicher, dass sie das würde...", flüsterte ich. "Wie kannst du dir da so sicher sein?" "Ich glaube, ich sollte dir etwas zeigen... Komm mit rein! Und keine Widerrede!", meinte ich bestimmt und schloss die Haustür auf. "Das Wohnzimmer ist hinten links, setz dich doch schon mal, ich hole schnell was", sagte ich aufgeregt, denn langsam stieg mein Puls. Was würde er sagen?
Ich übergab Wilmer die kleine marineblaue Box. Vorsichtig hob er den Deckel an und schaute auf den Inhalt. Plötzlich wurden seine Augen groß und er fing an zu weinen. Dann stand er auf und verließ wortlos den Raum. Ich hörte einige Türen aufgehen, bevor der Wasserhahn im Bad aufgedreht wurde. Dann kam Wilmer zurück ins Wohnzimmer.
"Woher hast du diese Bilder?!", rief er aufgebracht. "Wil..." "Ich habe dir gesagt, dass du mich nicht so nennen sollst! Woher hast du diese scheiß Bilder?!", schrie er mich an und ich zuckte zusammen. "Aus meinen Fotoalben..." "Verdammt! Hör auf zu lügen! Wer hat sie dir gegeben?!"
In diesem Moment fing ich an zu weinen. All die Last von den letzten 25 Jahren stürzte auf mich herab. Dass er mir nicht glaubte, hatte mir den Rest gegeben. "Hör auf zu flennen und beantworte meine Frage!", rief er aufgebracht, was noch mehr Tränen in meine Augen aufsteigen ließ.
"Du bist ein Miststück! Wie kannst du es wagen, mich in so einer Situation noch mehr zu demütigen?!", schrie Wilmer weiter. "Jetzt halt aber mal die Luft an, du Vollpfosten! Es sind IHRE Fotos! Also entschuldige dich gefälligst bei ihr und mach ihr nicht noch mehr Schmerzen!", schrie auf einmal Mark. Ich hatte nicht gehört, dass er mit dem Ersatzschlüssel herein gekommen war und erst recht nicht wann... Wie viel hatte er mitbekommen?
Geschockt schaute Wilmer mich an. "Scheiße, ist das wahr?", fragte er kleinlaut. "Woher hätte ich die Fotos sonst haben sollen?", schniefte ich. Langsam kam Wilmer auf mich zu, doch ich drehte mich von ihm weg.
"Em, bitte... Es tut mir leid... Ich hätte dich nicht anschreien dürfen... Aber ich war so überzeugt davon, dass du tot bist nachdem ich das ausgebrannte Haus gesehen hatte... Ich weiß, das ist kein Grund dafür, dich so rund zu machen, aber ich war so unendlich verletzt. Bei mir äußert sich das seit genau 25 Jahren in Wutausbrüchen... Es tut mir alles so leid... Hätte ich von all dem gewusst, wäre ich an diesem Abend nicht nach Hause gegangen... Ich wollte nicht, dass du es so schwer hast... Ich habe dir dein ganzes Leben versaut oder?", sprudelte es aus ihm heraus. "Hast du nicht. Es war nicht leicht, aber dafür konntest du nichts", meinte ich, bevor er mich einfach in seine Arme zog. Schluchzend lag ich an seiner Schulter.
"What if we rewrite the stars? Say you were made to be mine... Nothing could keep us apart, you'd be the one I was meant to find. It's up to you and it's up to me, no one can say what we get to be! So why don't we rewrite the stars? Maybe the world could be ours tonight", sang ich ganz leise, sodass nur er und ich es hören konnten.
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You can count on me~Ellick/Emilmer
FanfictionEmily erinnert sich gerne an ihre frühe Kindheit, an die Zeit, in der sie noch glücklich war. Mittlerweile ist sie sehr selbstbewusst, doch das war nicht immer so, denn in ihrer Schulzeit hatte sie es meist nicht gerade leicht. In ihrem Beruf als Sc...