Innerer Fluch

Innerer Fluch I & II

Kontrollverlust

Das hell erleuchtete Zimmer ließ einen anmaßen, dass bereits der Nachmittag angebrochen war. Mit Kopfschmerzen, die ihn an einen Kater erinnerten, setzte sich Sean auf. Schwindel trübte seine Sicht,während Verwirrung ihn geiselte. „Verdammt.", brummte er und rieb sich über die Augen, welche sich wie Fremdkörper in seinen Schädel drückten.

Er murmelte etwas unverständliches, versuchte aufzustehen, fiel jedoch augenblicklich wieder zurück. „Gott, dabei habe ich noch nicht einmal etwas getrunken." Oder doch? Sean dachte angestrengt nach;das einzige woran er sich erinnern konnte, war, dass er zusammen mit seinen Freunden ein Spiel begonnen hatte... Er wusste noch nicht einmal mehr welches.

Gedankenverloren zog er durch seinen Flur, blieb jedoch stehen, als er bläuliches Licht aus seinem Arbeitszimmer heraus scheinen sah.„Ich vergesse es doch sonst auch nicht..." Er trat ein, sah sich in dem Raum um, der ihm in diesem Moment so fremd vorkam - Absurd, immerhin nahm er jeden Tag mindestens einmal auf - und trat an seinen Computer. Es dauerte nicht lange, bis er mit einem Seufzen aus dem Stand-By-Modus erwachte. Sean überflog mit den Augen seinen YouTube-Account, dessen Titelseite noch geöffnet war.

Alles war so wie immer, doch als er zu seinen zuletzt erschienenen Videos scrollte, kaute er irritiert auf seiner Lippe herum. An oberster Stelle prangte ihm, mit einem beinahe schwarzem Titelbild, ein Video entgegen, dessen Titel aus reinen Einsen und Nullen bestand. Perplex dachte Sean ein weiteres Mal über den gestrigen Abend nach, aber da war nichts als Schwärze, gelegentliche Ausrufe von Bob, Wade oder Mark, die zum Spiel gehörten, aber sonst ein gähnendes Loch.

„Da bist du ja.", lächelte ihm seine Freundin entgegen, welche sich an den Türrahmen gelehnt hatte. „Guten Morgen, Schatz." Er ging zu ihr, beugte sich vor, um ihr einen Kuss zu geben und räusperte sich dann. „Du weißt, dass ich die Zeit mit dir liebe, aber könntest du mich für einen kurzen Moment alleine lassen?" Beschämt über diese Bitte fuhr er sich durch die grünen Haare. Sie zog überrascht eine Augenbraue empor, nickte dann jedoch lächelnd und verschwand wieder auf dem Flur, rief ihm aber noch zu, dass sie ihm Eier und Speck in der Zwischenzeit macht.

Ein Lächeln kehrte auf Seans Gesicht zurück, als er jedoch erneut auf sein Display blickte, verschwand es rasch wieder. Er nahm die Maus in die Hand, klickte und wartete. Innerhalb der ersten drei Sekunden rauschten Wörter vorbei, zu schnell, um sie zu erfassen. Dann konnte man eine seltsam verzogene Fratze sehen, die im Laufe einer schäbig gespielten und hoch gepinchten Melodie sich immer mehr auseinander zog, während eine tickende Uhr von einer Seite zur anderen pendelte. Und dann wurde der Bildschirm urplötzlich schwarz und Stille kehrte ein. Wenn er die Augen zusammenkniff konnte er gerade so etwas rötliches im Hintergrund erkennen, doch, als er sich weiter vorbeugte, flackerte das Bild und eine wimmernde Frau war zu hören,die Zahlen ausstieß, als würde sie daran ersticken. Eigenartige Lücken unterbrachen hierbei den Lauf. Und dann morbide Stille.

Mehrere Sekunden lang starrte Sean reglos auf seinen Monitor, unfähig zu erraten was gerade geschehen war. Erst die Titelmelodie von „Undertale" rüttelte ihn wach. Ein weiterer Moment verstrich, bis er realisierte, dass es sein Handy aus dem Schlafzimmer war. Als könnte er den Anblick nicht länger ertragen, stellte er seinen Computer erneut auf Stand-By und machte sich dann auf den Weg.

„Ja?"„Was ist los mit dir?" Das mochte er an seinen Freunden, sie redeten nie sinnlos daher, sie stocherten immer direkt in die interessanten Stellen. „Ich weiß es nicht, Wade..." Stille breitete sich aus. „Ich habe dein Video gesehen...", setzte sein Kumpane erneut an, „Wirbst du für irgendein Horrorspiel? Wenn ja ist es wirklich sehr gut gemacht. Mir geht es um gestern. Du warst, nun ja, seltsam." Man konnte heraushören, dass er eigentlich etwas anderes sagen wollte. Sean schluckte hörbar und gestand, dass er sich an absolut nichts erinnern konnte.