»Manchmal müssen wir uns unseren Ängsten stellen, um zu verstehen, dass sie nur Illusionen sind.«
- Paulo Coelho
A N I S A
Für einen Moment höre ich nichts außer meinem eigenen, rasenden Herzschlag, der laut gegen meine Brust hämmert, und meinem atemlosen Keuchen. Puh, das war knapp!
Ich ziehe tief Luft durch meine Nase und lasse sie durch meinen Mund wieder herausströmen, während ich versuche, den Schock zu verdauen, der mich beinahe umgehauen hätte. Doch kaum hab' ich mich halbwegs gesammelt, ereilt mich schon der nächste Schreck, als ich nach unten blicke und Finger entdecke, die seitlich unter meinen Beinen hervorragen. Erst jetzt spüre ich den festen Griff an meinem Oberarm und den Arm, der mich unter den Knien stützt. Meine Beine baumeln leicht in der Luft, ohne den Boden zu berühren, als würden sie schweben. Mir wird schwindelig. Wer hält mich da fest?
Die feste Brust, gegen der ich lehne, lässt mich für einen flüchtigen Moment hoffen, dass es Younes ist, der mich in seinen Armen hält. Doch als ich meinen Kopf zur Seite drehe, und den Hauch eines mir unbekannten Männerparfüms einatme, macht sich Frust in mir breit. Das trug er vorhin auch schon... oder?
Ein eisiger Schauer durchfährt mich, als ich mich langsam traue, meinen Blick zu heben. Stück für Stück, bis ich die glänzende Silberkette erblicke. Sofort zucke ich zusammen. Younes trägt keinen Schmuck! Wer in aller Welt ist das?
Als mir klar wird, dass es sich hier womöglich tatsächlich um einen Verrückten handeln könnte, bildet sich ein Kloß in meinem Hals. Ohne weiter auf sein Gesicht zu schauen, setze ich unverzüglich zum wilden Strampeln mit meinen Füßen an und kämpfe verzweifelt darum, wieder auf die Beine zu kommen. Der feste Boden scheint jedoch wie verschwunden, also balle ich instinktiv meine Hand zur Faust und ziele auf die Seite, in der Hoffnung, eine Schwachstelle zu finden. Lass. Mich. Sofort. Los. Du. Psychopath.
Überraschend landet ein Schlag genau, und sein fester Griff lockert sich. Sofort nutze ich die Gelegenheit, winde mich frei und stolpere ein paar Schritte vorwärts. Meine Beine sind so wackelig wie frisch gemachter Wackelpudding, aber ich zwinge mich, Haltung zu bewahren, lehne mich mit dem Rücken gegen den Gitterzaun, und nehme eine Kampfstellung ein.
»Ich warne dich«, bringe ich mit unsicherer Stimme hervor, und versuche, so bedrohlich wie möglich zu klingen. »N-noch einen Schritt näher, und ich... ich... ich werde dich boxen!« Meine Worte klingen kaum überzeugend, und ich fühle mich lächerlich dabei, aber ich weiß auch nicht, was ich sonst tun soll.
Obwohl sein Gesicht in der Dunkelheit kaum erkennbar ist, fixiere ich ihn mit meinem Blick. Ein minimaler Lichtschein fällt auf ihn, aber es ist bei Weitem nicht genug, um seine Züge klar zu erfassen.
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Liebe Halal
Novela JuvenilDas Leben der achtzehnjährigen Anisa gerät endgültig aus den Fugen, als sie gezwungen ist, in eine neue Stadt zu ziehen und eine unbekannte Schule zu besuchen. Als wäre das nicht genug, muss sie sich plötzlich noch mit der beliebten und bösartigen C...