Kapitel eins, neu geboren (3/3)

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Ich räusperte mich und begann vorsichtig: >>Vielleicht erst mal über mich. Wie alt bin ich? << So begann das Frage-Antwort hin und her mit Dave.

>>Frisch seit dem siebten Januar sechzehn<<

>>Und ihr?<<

>>Ich werde am fünfzehnten Juni zwanzig und Dave am dritten Mai achtzehn<< antwortete er ohne auf Natty einzugehen.

>>Wie waren unsere Beziehungen? <<

>>Du warst oder bist die beste Schwester, die man sich nur wünschen kann und-<< er schaute fragend rüber zu Ryan, welcher seinen Kopf schüttelte.

>>ihn kennst du seit zehn Jahren<< beendete Dave zögerlich nach einem Moment.

Ich musste mit den Tränen kämpfen, stand auf und umarmte die beiden. Der Schmerz jemanden so nahen zu verlieren kam mir unvorstellbar vor.

>>Entschuldigt mich<< sagte Ryan beinahe tonlos und verließ den Raum. Mein Bruder nickte leicht und wischte, so wie ich, mit seinem Daumen unter seine Augen.

>>Natty kennen wir erst seit gestern<< gab er hinzu.

>>Und warum sind wir-<< Ein Türklopfen unterbrach mich. >>Oh nein<<flüsterte Natty. Sie eilte zu uns und zischte leise: >>versteckt euch, schnell! <<

Ich bekam nur das Wort >>wer<< heraus, als Dave mir seinen Zeigefinger auf den Mund legte und zur Schlafzimmertür deutete. Ich wusste sofort, was er vorhatte. Wir liefen dorthin und fanden Ryan hervor, wessen Augen uns rot und feucht anblickten. Auf dem Schoß hatte er ein Notizbuch, welches er sofort zuschlug. Er steckte jenes und den Kugelschreiber, den er hielt, in seine Hosentasche.

>>Sie haben uns gefunden<< flüsterte Dave und öffnete die Türen des riesigen Kleiderschrankes. Ryan stand sofort auf und stellte sich unter eine Kleiderstange. Dave quetschte sich unter eine weitere hinter einer Trennwand und ich hockte mich unter einem Einbauregal neben Ryan hin. Natty lief währenddessen zur Tür. >>Das ist ein lächerliches Versteck. Sei es bitte doch bloß normaler Besuch<< flüsterte Dave durch die Holzwand.

>>Glaubst du doch wohl selber nicht<< flüsterte Ryan zurück. Ich hingegen begann erneut zu zittern.

Das Klopfen wurde inzwischen zum aggressiven Schlagen. Als Natty die Tür öffnete, hörten wir nur kurz undeutlich ihre Stimme, ein Knallen und darauf nur noch schwere Schritte. Ich hatte keine Ahnung, wer gerade kam und warum, aber mein Bauchgefühl verriet mir, dass es eindeutig kein normaler Besuch war und wir uns in großer Gefahr befanden. Es stellte sich nur die Frage, wie wir hier unbemerkt rauskommen könnten.

Glas klirrte und Schranktüren wurden zugeknallt. Sie suchten uns in der Küche und im Wohnzimmer. Ryan gab mir ein Zeichen, leise zu sein und den Kleiderschrank noch nicht zu verlassen, obwohl unser Versteck praktisch gesehen kein Versteck mehr war. Die Schritte näherten sich dem Schlafzimmer und schließlich dem Kleiderschrank. Man hörte Sohlen auf den Boden aufkommen und auch das schwere Ein- und ausatmen der Menschen. Ich spürte, wie sich Ryans Muskeln anspannten. Als sich die Tür des Schranks vor ihm nur einen winzigen Spalt öffnete, trat er mit voller Wucht gegen sie, sodass sie fast aus den Scharnieren gesprungen war. Der Mann auf der anderen Seite schrie auf und wich einen Schritt zurück. Sie waren in der Überzahl, nämlich zu fünft und ich nahm an, draußen warteten weitere.Wir wurden aus dem Schrank gezerrt. Ab dem Augenblick schien alles um mich herum in Zeitlupe zu geschehen. Einer der Männer gab mir eine Kopfnuss. Für einen Moment wurde mir schwarz vor Augen. Er drehte mich um und versuchte mir Handschellen anzulegen. Ich trat fest nach hinten, genau in die sensible Stelle. Der Mann fiel auf die Knie. Dave riss sich währenddessen aus dem Griff eines anderen und schlug ihm in den Magen. Ryan schien eine professionelle Kampfdisziplin zu kennen. Bevor der Mann, der mich angegriffen hat, wieder auf die Beine kam, trat ich ihn so fest ich konnte von unten in sein Kinn. Ein weiterer warf sich auf mich und riss mich zu Boden. Ich kam hart auf. Schmerz durchzuckte mich und ich schrie auf. Gleich darauf verschwand das Gewicht des Mannes von meinem Rücken. Ich drehte mich um und sah, wie Ryan ihn auf die Beine riss und auf ihn einschlug.

Amnesie - (un)vergessliche MomenteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt