»Wird Wirbelndes Laub wieder gesund?« Asches Stimme klang ängstlicher als sie beabsichtigt hatte.
»Sie war schon immer eine starke Kätzin«, miaute Wolke. »Und jetzt beeilt euch!«
Rasch schlossen Asche, Wind und Käfer zu Wolke auf. Angeführt wurde ihre kleine Gruppe von Springender Rabe und Fliehender Rauch, die sich ihren Weg durch das dichte Unterholz bahnten. Auf ihren Rücken trugen sie Wirbelndes Laubs schlaffen Körper. Die Verletzte gab kaum noch ein Lebenszeichen von sich, abgesehen von einem gelegentlichen schmerzerfüllten Stöhnen. Immer wieder drohten den beiden Kriegern die Pfoten auf dem nassen Boden unter dem Körper wegzurutschen, doch irgendwie schafften sie es jedes Mal im letzten Augenblick ihr Gleichgewicht wiederzufinden.
Regen, der inzwischen in Strömen auf sie herab prasselte, durchnässte Asches Pelz bis auf die Haut. Selbst die Fichten und Kiefern, schwarze, ausgefranste Umrisse vor dem Nachthimmel, boten keinen Schutz mehr. Auch von ihren Ästen tropfte das Wasser bereits auf den Waldboden wo Asche gerade auf einen katzengroßen Stein sprang. Überall ragten die Felsbrocken hier aus dem rutschigen Gemisch von Tannennadeln und Matsch zwischen den Wurzeln der Bäume hervor. Die Jungen sprangen von Stein zu Stein, um nur auf festem Untergrund zu laufen und lotsten auch Wolke über den richtigen Pfad. Bloß keine Spuren hinterlassen!
Schon bald tauchte zwischen den Baumstämmen ihr Ziel auf. In der Erde klaffte dieser Abgrund, den die Jungen bereits am Tag zuvor entdeckt hatten.
»Da gehen wir runter?«, quiekte Wind aufgeregt, als sie am Rande des Risses angelangt waren.
Wolke nickte. Sie schien trotz ihrer Blindheit genau zu wissen, wo sie sich befanden. »Folgt mir!«
***
Asches Ballen waren aufgeschürft und brannten von dem harten Gestein, über das sie jetzt schon seit einer ganzen Weile unterwegs waren. Überall um sie herum war nur undurchdringliche Schwärze. Einzig an den Gerüchen, einem gelegentlichen kaltem Luftzug aus der Tiefe, dem Echo ihrer Schritte und dem, was ihre Pfoten ertasteten, konnte sie sich orientieren.
»Wir sind inzwischen doch bestimmt weit genug gelaufen«, beschwerte sich Käfer. »Wie groß ist dieses Tunnelnetz eigentlich? Müssen wir es nicht gleich ganz durchquert haben?!«
In Gedanken stimmte Asche ihrem Bruder zu. Sie schleppte sich hinter den anderen her, wobei sich jeder Schritt so schwer anfühlte als würde sie durch einen Fluss waten, bis Wolke endlich anhielt. Ihre Mutter hatte hier unten die Führung übernommen, schließlich war sie diejenige, die sich in der Finsternis am besten zurechtfand. Ob es nun daran lag, dass sie es gewohnt war, im Dunkel zu tappen, oder ob sie sich an diesem Ort auskannte, konnte Asche nicht sagen. Möglicherweise ist dies das Tunnelsystem, in dem sie aufgewachsen ist.
»Hier können wir erst einmal ausruhen«, miaute Wolke.
Sie waren in einer Höhle angelangt, die gerade einmal groß genug war, dass die sieben Katzen darin gemütlich Platz fanden. Zwei Tunnel führten von hier weg: Der eine, durch den sie eben gekommen waren und ein zweiter, durch den ein Lichtschimmer seinen Weg hinein suchte. Fernes Rauschen und leises Plätschern drang von dort zu ihnen hinüber und Asche meinte am Ende des Tunnels Wasser zu erkennen.
»Was ist da?«, sprach Wind aus, was auch Asche sich fragte.
»Ein unterirdischer Fluss.« Kaum hatte Wolke geantwortet, da stürmte Wind auch schon los, dicht gefolgt von Käfer und Asche. »Das müssen wir sehen.«
Erschrocken maunzend purzelte Asche auf den Boden, als sie auf einmal gegen Fliehender Rauchs Schweif rannte. Er hatte ihnen den Weg versperrt. »Hiergeblieben. Die Situation ist zu ernst für Spiele und Entdeckungsreisen.«
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Zeit des Verrats
FanfictionDie drei Jungen Wind, Asche und Käfer wachsen in einer Zeit auf, in der Ruhm, Sicherheit und Frieden nichts weiter als langsam verblassende Erinnerungen der Krieger sind. Alles hat sich verändert. Finstere Gestalten lauern in der Dunkelheit und die...