Als ich die Tür zu meiner kleinen Wohnung auf schloss, auf dem Flur meine Jacke und meine Schuhe auszog und mich in die offene Küche begab, war das Hochgefühl das ich nach der Zusage an Strauss erlebt hatte, wie weggeblasen. Noch immer hingen schwere, dunkle Wolken am Himmel und verdüsterten somit auch meine Gedanken. Ich ließ mich auf die Fliesen sinken, mit dem Rücken gegen einen der Küchenschränke. Es war als würde Gift durch meine Adern fließen, als würde es meinen Verstand und meine Denken vergiften, mich lähmen. Von einem Moment auf den nächsten war ich kraftlos, ohne einen Antrieb. Alles was sich in der letzten Stunde abgespielt hatte, Strauss und das FBI, die BAU, alles kam mir so bedeutungslos und lachhaft sinnlos vor. 'Was sollte mir ein neuer Job schon helfen? Warum sollte sich jetzt alles zum Guten wenden? Nur weil ich eine neue Ablenkung von der Stimme in meinem Kopf hatte sollte sie endlich stillschweigen?', fragte ich mich. Langsam zog ich meine Knie an und legte meinen Kopf auf ihnen ab. Ich brachte es noch nicht einmal über mich diese Fragen weiter zu vertiefen, einfach, weil es keinen Zweck hatte sie weiter zu verfolgen. Es würde immer die selbe Antwort sein. "Es wird sich nichts ändern.", flüsterte die Stimme und das Echo ihrer Worte hallte in meinem Schädel wider. Ich biss die Zähne zusammen und hielt mir die Hände an den Kopf. "Nein, nein, nein. Hör auf, ich will das nicht!", murmelte ich. Ich wollte nicht aufgeben, ich wollte nicht so enden, nicht so zugrunde gehen. Musste dagegen kämpfen, gegen das Gift, dass drohte mich zu übermannen und mich dazu zu treiben, mich wieder zu verletzen.
Ich wusste das es zu spät war um mir einzureden, dass ich es alleine schaffen konnte. Aber ich konnte es mir nicht eingestehen. Ich war krank und ich war zu schwach um alleine gegen dieses Verhalten anzukämpfen. Eines Tages, früher oder später würde es mich mit ganzer Kraft zu Boden ringen und mich erdrücken mit seiner ganzen Schwere, die so dunkel und endlos schien. Langsam erhob ich mich und starrte geradeaus aus dem Fenster. Der Regen prasselte heftiger als noch am Morgen gegen die Scheibe, Donner grollte in der Nähe. Monoton bewegte ich mich auf die Badezimmertür zu. Als ich vor dem Waschbecken stand, öffnete ich das Schränkchen über dem Becken, holte ein Desinfektionstuch hervor, sowie Mullbinde und Pflaster und legte alles neben die Nagelschere am Beckenrand. Kurz leuchtete der Gedanke an den nächsten Tag, meinen ersten Arbeitstag auf. Doch nur solange, bis ich eine der Klingen der Schere an meine Haut des rechten Handgelenks setzte. Ich seufzte auf, als das Brennen einsetzte und ich sah wie Blut in das Becken tropfte. Langsam zog ich die Klinge weiter, weiter bis ich am anderen Ende des Gelenks die Schere von meiner Haut nahm und ins Waschbecken fallen ließ. Ich nahm das Tuch und fuhr damit langsam über die Wunde. Sofort sog ich scharf die Luft ein. Schmerz schoß mir den Arm und dann den Rücken hinauf, bis er in meinem Kopf angekommen war. Ich ließ das Tuch neben die Schere sinken und wickelte etwas Mullbinde um mein vernarbtes Gelenk. Den ganzen Verband befestigte ich mit dem Pflaster, danach säuberte ich das Becken und die Schere, bevor ich alles in das Schränkchen zurück räumte. Wieder war ich zwei gespalten. Der große Teil war schon fast euphorisch, der kleine Teil schämte sich für meine Selbstverletzung und für das Hochgefühl das ich währenddessen empfand. "Alles wird besser, warte nur ab. Ab Morgen. Alles wird besser.", murmelte ich, während ich mich vor das Fenster auf das Sofa setzte und weiter dem Regen lauschte und die dunklen Wolken beobachtete.
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Fateful Days
FanfictionLillyanne Beckett ist seit sie denken kann nicht allein. Es ist eine Stimme, eine Stimme in ihrem Kopf. Lillyanne, oder kurz Lil, leidet seit jenem tragischen Unglück der Eltern an selbstverletzendem Verhalten. Sie hat das Gefühl jeden Tag zu sterbe...