Kapitel 1

37 5 2
                                    

Emily Hoffmann

"Das ist nicht euer Ernst! Ich weiss selber, dass das hier keine Dauerlösung ist aber warum denn jetzt schon?!" Schrie ich Lukas und Nala an. Mein Magen zog sich bei dem Gedanken, zurück zu unseren Eltern zu müssen, zusammen.

"Du bist erst 15 und ich kann mich nicht um dich kümmern. Ich bin in meiner Assistenzarztzeit und Nala muss sich nicht um dich kümmern. Sie ist nicht deine Mutter. Bitte, Emily mach es doch nicht noch schwerer." Flehte er mich an und legte seine Hände auf meine Schultern. Doch ich schüttelte sie mit einem Ruck ab.

"Emily, ich kann mich wie gesagt nicht um dich kümmern. Ich muss selber viel arbeiten. In der Klinik ist immer viel..."

"Los. Ich weiss" beendete ich Nalas Satz und drehte mich damit um, lief in mein Zimmer und ließ mich auf mein Bett fallen.

Ich habe echt gedacht mein Bruder könnte verstehen warum ich nicht zu unseren Eltern zurück möchte.
Sie sind einfach die Hölle. Plötzlich merkte ich wie sich meine Augen langsam mit Wasser füllten und ein unangenehmes brennen auf meiner Haut entstand.

Meine Hände verkrampften sich zu einer Faust und ich hatte das Verlangen auf etwas einzuschlagen. Ich bin kurz davor mein Handy durch das Zimmer zuwerfen und gegen meinen Schrank zutreten, doch ich kann mich beherrschen. 

Mein Zimmer war komplett dunkel. Als ich mich vor den großen Spiegel stellte erkannte ich leichte umrisse meines Gesichtes.

Ich wendete den Blick von meinen leicht geröteten Wangen und lief zum Fenster. Ich hatte ein echt super Ausblick hier.

Die Alpen, die wie eine schützende Wand jeden Sturm von uns hielt. Jeder Berg hatte eine kleine weiße Zipfelmütze. Es sah so wunderschön aus. Wie ein Traum.
Aus dem ich jetzt aufwachen muss.

Ich ließ mich auf mein Sofa nieder und zog mir meine Decke bis zum Hals, als ich hörte wie mein Bruder lauthals mit Nala über mich diskutierte.

Ich fühlte mich hier so falsch und manchmal ein bisschen unerwünscht. Aber ich weiss das ich mich bei meinen Eltern nicht sicher fühlen werde. Sie werden mich unter Druck stellen, mich zu etwas zwingen was ich einfach nicht will.

Doch hatte ich eine andere Wahl. Ich wollte nicht das die beiden sich wegen mir streiten. Schuldgefühle breiteten sich in mir aus und ich drückte meine Decke noch näher an meinen Oberkörper.

Wie als würde sie mir Schutz geben. Mich vor etwas verstecken. Ich zog ein dunkles Buch hinter einem Kissen hervor.

An einer Seite war ein Kugelschreiber eingehackt. Auf dem Deckblatt des Buches war ein Sternenhimmel abgebildet. Außerdem stand groß und in einer super schönen Handschrift 'Diary' drauf.

Ja, ich schreibe Tagebuch. Ich weiss gar nicht mehr wie lange ich das schon mache, aber es ist für mich ein Ort, alles was mich bedrückte raus zu lassen. Es ist wie eine Freundin, der du alles erzählen kannst. Nur brauchst du dann keine Angst haben, ob sie jemanden davon erzählt, wenn sie dich nicht mehr mag oder du nicht mehr mit ihr befreundet bist.

Während ich so in mein Tagebuch schrieb, hörte ich Lukas und Nala zu, wie sie sich wieder beruhigten. Plötzlich erhellte etwas mein Zimmer und ich warf ein Blick auf mein Bett. Dort lag mein Handy was aufblinkte. Schnell legte ich mein Buch an die Seite und lief zu meinem Handy, nahm es hoch und warf ein Blick auf das Display.

Ich hatte eine Nachricht von meiner Mutter.

"Hey meine kleine. Ich hoffe du findest es nicht so schlimm, dass du wieder nach Hause kommen musst. Ich freue mich sehr darüber dich wieder bei uns zu haben und Papa tut das auch. Kuss Mama"

Ich glaube es nicht, dass ist alles schon längst abgesprochen gewesen. Meine Mutter wusste schon längst das Lukas mir genau heute sagen wird, dass ich zurück zu unseren Eltern soll.

Super, ich hatte mich gerade mit dem Gedanken angefreundet und jetzt fiel ich wieder auf den Kopf und stand als Trottel da.

Ich antwortete meiner Mutter erst gar nicht, sondern lief wieder zu meinem Bruder, Lukas. Er saß mit Nala am Küchentisch und guckte in seinen Laptop.

Ich lief zu ihm und klappte den Bildschirm zu, sodass seine Aufmerksamkeit endgültig bei mir lag.

"Was soll das, Emily?" Maulte er mich an. Doch ich antwortete nicht. Stattdessen stellte ich ihn vor vollendete Tatsachen.

"Das kann ich dich auch fragen. Das war alles schon geplant oder? Das du ausgerechnet heute sagst ich soll ausziehen und eine halbe Stunde später mir Mama schreibt, dass sie sich freut mich wieder zu sehen und so." Mekerte ich. Er seufzte und sein Blick fuhr einmal zu Nala rüber die mittlerweile auch zu uns guckte.

"Emily. Mama hat mich darum gebeten. Sie will einfach nicht mehr, dass du so weit weg bist. Ich meine Hamburg ist von hier schon sehr weit weg. Sie macht sich einfach Sorgen. Sie will dich einfach wieder bei sich haben." Versuchte er es so gut wie es ging zu erklären.

"Willst du das auch? War ich dir hier wirklich eine so große last?" Fragte ich und wartete nun ungeduldig auf seine Antwort. Ich hatte mit den Tränen zu kämpfen.

"Nein Emily. Du warst mir natürlich nie eine last. Das darfst du auch niemals denken und ich finde es auch nicht schön zu wissen, dass du wieder zu unseren Eltern musst." Antwortete er. Ich nickte und drehte mich um, lief in mein Zimmer und ließ mich auf mein Bett fallen.

Natürlich freut er sich endlich mal wieder mit seiner Freundin alleine zu sein und Nala freut sich wahrscheinlich noch mehr darüber, dass ich gehe.

Aber nach Hause gehe ich auch nicht. Nicht bevor ich noch einmal in den Bergen war. Wie früher mit Oma und Opa, bevor mir Mama und Papa den Besuch verboten haben.
Seit dem war ich nie wieder bei ihnen gewesen, in der kleinen Berghütte die sie hatten. Mittlerweile sind sie tot und die Hütte wahrscheinlich leer und unbenutzt.

Schnell holte ich einen Rucksack aus meinen Schrank und packte ihn mit allem was ich brauchte.

Zahnbürste, Pullover, Hosen, meine Wasserflasche und noch einiges mehr. Ich stellte mein Rucksack an die Bett Kante und lief noch mal zum Fenster.

Die Sterne am Himmel erleuchteten mein eigentlich komplett dunkles Zimmer. Der Mond schien zwischen den Bergspitzen hindurch und mir ins Gesicht. Ich hörte wie die Schlafzimmertür von Nala und Lukas zu ging und sah wie das Licht im Flur ausging.

Morgen musste ich früh raus, damit die beiden das nicht mitbekamen wenn ich gehe.

Hold Me Tight Until I Fly Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt