Tante Rosalie

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Ein regnerischer Morgen.

Gedankenverloren starrte ich aus dem Fenster. Ich dachte an meine schöne Heimatstadt Glendale in Kalifornien. Dort schien wenigstens die Sonne und es regnete nicht die ganze Zeit. Eigentlich wollte ich mit meinen Freunden die Ferien verbringen, aber nein, Mum musste mich ja unbedingt nach Washington schicken, zu meiner total verrückten Tante. Tante Rosalie wohnt in einem abgelegenen Ort namens Bellingham. Ich mag meine Tante nicht besonders, eigentlich habe ich sie noch nie gemocht. Rosalie ist ein bisschen zu....naja, wie soll ich sagen....streng? Ja so ähnlich. Ich darf nichts in ihrem Haus anfassen, vielleicht könnte ja irgendwas kaputt gehen. Es muss auch immer alles sauber sein, ich meine wirklich sauber, und wenn irgendwas nicht so ist, wie es sein sollte, gibt sie immer mir die Schuld. Dann muss ich in mein Zimmer gehen und darf bis zum Essen nicht herauskommen. Wenigstens habe ich meine Bücher. Die Bücher sind das einzige, auf das ich mich freuen kann, wenn ich mal wieder zu meiner Tante fahren muss. Rosalie hat eine riesengroße Bibliothek, oh ja sie sammelt regelrecht Bücher. Am meisten interessieren mich die Bücher über Fantasiewesen und andere Welten. Faszinierend finde ich aber auch das Haus meiner Tante. Es war riesig, uralt und wahrscheinlich voller Geheimnisse. Bis jetzt habe ich aber noch keines von diesen Geheimnissen gelüftet. Da hatte meine Tante aber auch Schuld mit daran. Rosalie sperrt nämlich immer alle Türen zu, sobald ich nur bei der Tür herein schaue.

» Lucy! Lucy, Kind komm her, ich muss mit dir etwas sehr wichtiges besprechen! «Ich zuckte zusammen. »Ja, Tante ich komme!«, rief ich und ging genervt ins Wohnzimmer. »Was ist denn jetzt schon wieder los, ich dachte ich sollte in meinem Zimmer bleiben?« Sie schaute mich streng an. »Sei nicht so frech zu deiner Tante! Ach ist doch egal, ich werde heute zu einer Party von einer guten Freundin gehen und du wirst hierbleiben und keinen Blödsinn machen! Rufus wird auf dich aufpassen.« Rufus, ein Angestellter von Rosalie, lächelte mich an, aber hörte sofort auf zu grinsen, als ich ihn böse anstarrte.

Rosalie räusperte sich und ich sah wieder zu ihr. »Hast du mich verstanden?«, fragte Rosalie noch einmal. »Ja, Tante.« Sie lächelte, aber es war ein falsches Lächeln. »Gut, dann auf Wiedersehen!«

»Tschüss.«, sagte ich gelangweilt und schlurfte zurück in mein Zimmer. Mit einem Klicken fiel die Tür ins Schloss. Ich wartete ein paar Minuten, bis ich das Auto nicht mehr hörte, dann öffnete ich vorsichtig die Zimmertür. Rufus musste jetzt normalerweise im Wohnzimmer vor dem Fernseher sitzen und in fünf Minuten tief und fest schlafen. Auf Zehenspitzen schlich ich aus dem Zimmer und spähte vorsichtig ins Wohnzimmer. Ich hörte, was ich hören wollte. Ein lautes Schnarchen drang aus der Wohnzimmertür. Ich schlich in das große Zimmer. Meine Tante musste die Schlüssel für alles Türen dieses Hauses, Rufus gegeben haben. Rosalie vertraut Rufus alles an, wenn sie nur wüsste, dass er jedes Mal tief und fest schläft, wenn er auf mich aufpassen sollte. Ich musste grinsen. Dieser Dummkopf würde es nicht einmal merken, wenn neben ihm eine Bombe explodieren würde. Wo waren nur diese Schlüssel? Da! Ich hatte sie entdeckt, sie liegen auf dem Tischchen neben Rufus' Sessel. Leider hatte er seine riesige Hand auf sie gelegt. Vorsichtig ging ich um den Sessel herum. Ganz sachte nahm ich seine Finger und schob sie weg. Endlich! Ich nahm die Schlüssel und wollte gerade gehen, als plötzlich das Weinglas von Rufus (ich musste es unabsichtlich mit meiner Jacke gestreift haben) vom Tisch fiel und mit einem lauten Klirren (mir kam es so vor, als würde alles in meinem Ohr explodieren) zerbrach. Mir blieb fast das Herz stehen. Wenn Rufus jetzt aufwachte und sehen würde, dass ich die Schlüssel stehlen wollte, dann würde ich.........(ich wusste gar nicht welche Strafe ich von meiner Tante bekommen würde, aber gut würde es für mich nicht ausfallen)

Aber ich hatte Glück, Rufus schlief wie immer, wie ein Stein. Ich fasste mich wieder und schloss leise die Wohnzimmertür hinter mir. Endlich konnte ich wieder normal atmen. So, jetzt musste ich mich nur entscheiden, wo ich zuerst nachsehen wollte. Ich spazierte durch das Haus, schaute in jedes Zimmer und sperrte alle Türen, immer wenn ich ein Zimmer fertig erkundet hatte, brav wieder zu. Ich schaute auf die große Kuckucksuhr, die im großen Speisesaal hing. Es war schon kurz nach halb elf. Ich erwartete meine Tante zwar nicht so früh, aber achtete trotzdem auf jedes Geräusch. Dann schaute ich auf den Schlüsselbund. Fast alle Schlüssel hatte ich schon benutzt, aber einen ganz besonderen hatte ich mir für den Schluss aufgehoben. Er hatte eine ganz besondere Form. Oben sah er aus wie ein Tierkopf und die Zacken waren die Zähne. Irgendwie sah er gruselig aus, aber egal, diesen Schlüssel wollte ich benutzen, ich musste nur das passende Schlüsselloch finden. Plötzlich hörte ich ein Quietschen und schrak auf. Oh nein, ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich wieder in der Nähe vom Wohnzimmer war. Vorsichtig sah ich um die Ecke. So ein Mist! Rufus stand in der Türschwelle, fast hätte er mich entdeckt, wenn ich mich nicht ganz schnell zurückgezogen hätte. Ich bekam Panik. Wo sollte ich nur hin. Ich rannte durch die Flure. Zwischendurch hörte ich immer Schritte und rannte weiter. Ich wusste, dass es nur Rufus war, und mich meine Tante schon nicht umbringen würde, aber irgendwas in meinem Inneren sagte mir, dass er mich heute lieber nicht erwischen sollte.

~Hoffe das Kapitel gefällt euch <3~

-Kelly

Der weiße Wolf (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt