22.

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EVA

Ich schlage das Klatschmagazin zu und lege es zurück auf den Couchtisch, wo es vorher gelegen hat. Mein Mann sitzt neben mir und schaut sich die Nachrichten an. Das Klingeln der Glocke, die besagt, dass wir Besuch haben, ertönt. Ich stehe überrascht auf und gehe in das Vorzimmer. Als ich die Tür öffne, stehen zwei Polizeibeamte vor mir. Sofort bekomme ich ein ungutes Gefühl in der Magengegend.

"Guten Abend. Sind Sie Frau Weingärtner?", fragt der Größere von den beiden. Ich nicke langsam. Was wollen die wohl von mir?

"Wir haben Nachrichten für Sie", meldet dich nun der Zweite.

"Und die wären?", will ich wissen. Ich bin mir sicher, dass es nichts Gutes sein wird.

"Vor fünf Jahren ist Ihre Tochter Hannah Weingärtner verschwunden. Richtig?" Wieder nicke ich nur langsam. Warum kommen sie auf einmal wieder mit diesem Thema? Ich bin ja schon froh, wenn ich einmal nicht daran denken muss!

"Es gibt Neuigkeiten. Ihre Tochter wurde heute Vormittag gefunden." In diesem Moment verschlägt es mir die Stimme und ich muss aufpassen, dass ich nicht in Ohnmacht falle.

"Sie war die ganzen Jahre lang eingesperrt, doch jetzt ist sie wieder aufgetaucht. Sie können jetzt gleich mit uns mitkommen, damit Sie Ihre Tochter abholen können", sagt der größere Polizist. Erst einmal mache ich meinen Mund auf und zu, dann nicke ich wieder. Schließlich flüstere ich: "Ich hole meinen Mann." Steif gehe ich ins Wohnzimmer. Als mich mein Mann sieht, steht er auf. "Eva, was ist passiert? Wieso bist du so kreidebleich? Wer ist denn an der Tür?"

"Die Polizei. Bitte sag mir nicht, dass das ein Traum ist!"

"Was? Warum solltest du denn träumen?"

Endlich finde ich wieder meine gesamte Stimme. "Hannah wurde gefunden. Zwei Polizisten warten auf uns, damit sie uns auf die Wache mitnehmen können", erkläre ich. Mein Mann reißt die Augen auf.

"Schnell!", rufe ich. Wir laufen zur Haustür und steigen in das Polizeiauto ein. In wenigen Minuten werde ich meine so lange verschollene Tochter wiedersehen!

RENÉ

Hannah ist mit dem Krankenwagen weggebracht worden. Ich dagegen mit der Polizei. Im Gericht wird die ganze Story aufgeklärt. Tom, James und Anton hätten mich am liebsten umgebracht, doch wenn andere Leute dabei sind, funktioniert das nicht so toll. Wir vier werden für fünf Jahre hinter Gitter gebracht. Ich finde, dass ich nichts anderes verdient habe. Schließlich hab ich sie eingesperrt und vergewaltigt. Ich hab nur einen einzigen Wunsch. Dass Hannah in ihr altes Leben zurückfindet und James, Tom, Anton und mich so schnell wie möglich vergessen kann.

HANNAH

Es ist alles schwarz gewesen und ich hatte das Gefühl, als wäre ich schon gestorben. Doch ich habe knapp überlebt. Und ich weiß noch immer nicht, wer mich befreit hat...

Ich liege in einem Bett. Das Zimmer ist nicht besonders schön, doch es gibt wichtigere Dinge. Plötzlich höre ich einen Schluchzer. Ich sehe mich um und entdecke eine Frau und einen Mann. "Mum, Dad?", krächze ich. Die Frau bricht nun endgültig in heftiges Schluchzen aus.

Sie kommt auf mich zu und betrachtet mich, dann umarmt sie mich. Eine Minute vergeht. "Es tut mir so leid", flüstert sie schlussendlich. Ich presse meine Lippen aufeinander, doch dann kann ich es auch nicht mehr zurückhalten. Meine Mama hält mich im Arm! Nach fünf Jahren bin ich endlich wieder frei! Mein Dad umarmt uns auch noch. So liege ich halb aufgerichtet in diesem hässlichen Bett, umschlungen von meiner Mutter und mein Dad hält uns beide im Arm, als würde er seine zwei Frauen niemals wieder loslassen ...

In den Händen meines EntführersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt