Kapitel 8

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Deine Sicht:
Schon aus der Entfernung kann ich erkennen, dass das Auto meines Bruders nicht da ist. Na toll. Ich gehe die letzten paar Meter zum Mehrfamilienhaus und schließe die Tür auf. Sobald ich in der glücklicher Weisen leeren Wohnung ankomme, gehe ich in Alex' Zimmer und setze mich auf das Bett. Ich sehe mich in seinem Zimmer um, mir fällt ein Bilderrahmen auf, den ich in die Hand nehme. Es ist ein Bild von ihm und mir auf einer Halloween Party. Es war meine erste Party, ich war damals 14 und Alex ist gerade 16 geworden... Ich weiß noch, wie Mama mich geschminkt hat und Papa hat uns später wieder abgeholt. Alex war mit seinen drei Bier total dicht, aber trotzdem konnte er mich beschützen... Er hat nie zugelassen, dass man mir was antut. Die Tränen kommen erneut auf. Ich stelle das Bild weg und lehne mich an die Wand. Dann gehe ich in die Galerie meiner Kamera und suche das erste Bild raus. Es ist ein Jahr her und es war meine letzte Party, denn es war die erste ohne Alex... Die Erinnerungen schießen in Form von Tränen in meine Augen. Jede Faser meines Körpers verkrampft sich, ich spüre genau die Schmerzen, die ich damals gespürt habe. Ich höre ein Türknallen. Ein Türknallen, das reicht, um ein Bild hervor zu rufen. Ein Bild, das lautes Schluchzen in mir auslöst. Und ein Schluchzen, das Heiko anlockt...
,,Alles in Ordnung?", er steckt den Kopf ins Zimmer.
Ich reagiere nicht, ich schließe bloß die Augen. Ich hoffe, dass die Bilder mich irgendwann los lassen. Ich hoffe seit dem ersten Moment... Plötzlich senkt sich die Matratze und ich werde in zwei starke Arme gezogen. Mir steigt ein bekannter Geruch in die Nase. Der gleiche, wie gestern Nacht. Ich inhaliere seinen Geruch nahezu und beruhige mich langsam. Wie schafft er das?!
,,Ich weiß, wie du dich fühlst...", flüstert Heiko mir zu.
Ich komme langsam wieder zu mir und hebe meinen Kopf leicht. Verwirrt schaue ich Heiko in die Augen.
,,Wie meinst du das?", frage ich.
,,Seine Eltern zu verlieren... Der Schmerz ist groß, ich weiß."
Seine Eltern sind tot?
,,Heiko, du verstehst das falsch. Meine Eltern sind nicht tot...", murmel ich.
Doch Heiko hört mich nicht. Seine Augen sind glasig. Er tut mir so leid. Nun bin ich es, die ihn in eine Umarmung zieht. So sitzen wir einfach da und lösen nicht die Arme vom anderen. Aber es fühlt sich einfach so gut an, so befreiend.
,,Heiko Lochmann, ich habe dich gewarnt.", die Stimme von Alex erschreckt uns beide und wir rücken automatisch voneinander weg.
Ich hab gar nicht bemerkt, dass die Haustür aufgegangen ist...
,,Ich sagte, Finger weg.", Alex ist wütend.
,,Stop Alex! Er hat nichts getan, er hat mich nur getröstet.", gehe ich dazwischen, bevor noch ne Faust in Heikos Gesicht landet.
,,Heiko? Willst du mich verarschen D/N?!", nun verkneift mein Bruder sich lediglich das Lachen.
Heiko verdreht die Augen und haut ab. Ich gucke ihm grübelnd hinterher. Es steckt so viel Unbekanntes in ihm...

Nur die Außenseiterin (Heiko Lochmann)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt