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Es konnte nicht viel Zeit vergangen sein, als ich in dieser vollkommenen Stille, die mich hier umgab, Schritte hörte. Augenblicklich versteifte sich mein Körper. Die Schritte kamen näher und stoppten schließlich vor der Tür. Mit wild schlagendem Herzen hörte ich, wie nur einen Augenblick später ein Schlüssel ins Schloss gesteckt und die Tür aufgeschlossen wurde. Jede Faser meines Körpers spannte sich an, als die Türe geöffnet wurde. Es machte mich verrückt, dass ich nichts sehen konnte. Das machte die ganze Situation um ein Vielfaches schlimmer. Wer war gekommen? Was wollte er von mir? Verunsichert hielt ich die Luft an. Jemand kam näher. Ich hörte Schritte, bis ich seine Anwesenheit schließlich direkt neben mir spürte.

„Na? Hat da jemand Angst?", flüsterte es direkt an meinem Ohr.

Erschrocken zuckte ich zusammen. Der Mann lachte, ehe plötzlich der Sack von meinem Kopf gezogen wurde. Einen Moment kniff ich die Augen zusammen, als das Licht mich blendete, dann sah ich zum ersten Mal den trostlosen Kellerraum, der mich umgab. Betonwände, Betonboden. Direkt mir gegenüber eine Tür. Ein Fenster sah ich nicht. Vielleicht war es hinter mir – genauso wie der Mann, der mir den Sack vom Kopf gezogen hatte. Ich begann zu zittern. Was wollte der Kerl von mir? Als hätte er meine Gedanken gehört, tauchte er im nächsten Augenblick vor mir auf und ich zog beunruhigt meinen Kopf zurück. Der Mann trug eine schwarze Skimaske, genau wie der Typ aus dem Lieferwagen. Zuerst erschrak ich mich, doch dann ließ die Tatsache mich sogar Hoffnung schöpfen. Sie wollten nicht, dass ich sie sehen konnte. Bedeutete das nicht, dass sie mich am Ende gehen lassen würden? Würde ich ihre Gesichter sehen, müssten sie mich töten. So konnten sie mich wieder freilassen. Die Gedanken entfachten einen kleinen Funken Hoffnung in meinem von Ängsten beherrschten Inneren. Doch das Grinsen, das auf den Lippen des Mannes lag, war derart teuflisch, dass ich mir nicht sicher war, ob meine Hoffnung vielleicht fehl am Platz war. Mit funkelnden grauen Augen sah er mich an.

„Wir müssen dich noch ein bisschen verschönern, bevor du morgen deinen großen Auftritt hast", erklärte er grinsend, offensichtlich voller Vorfreude.

Entsetzt sah ich ihn an. Was meinte er damit? Wie wollte er mich verschönern? Und was für einen Auftritt meinte er? Leider musste ich nicht lange auf eine Antwort warten, denn im nächsten Augenblick wurde mein Kopf durch einen heftigen Schlag zur Seite gerissen. Ich stöhnte auf, Blitze zuckten durch mein Gesichtsfeld, mir wurde einen Moment schwarz vor Augen. Der Mann hatte mich mit seiner Faust an meiner linken Schläfe getroffen. Kaum hatte ich mein Augenlicht wieder, begannen die pochenden Schmerzen in meinem Kopf. Tränen schossen mir in die Augen. Ich atmete schwer und versuchte, die Tränen irgendwie zu unterdrücken. Ich wollte vor diesem Mann keine Schwäche zeigen. Da ergriff er jedoch mein Kinn und zwang mich, ihn wieder anzusehen. Mit feuchten Augen sah ich zu ihm auf, während er eindringlich mein Gesicht musterte.

„Das wird bis morgen wunderschön aussehen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es reicht. Da ist kein Blut."

Mein Atem stockte und Panik schoss durch meine Adern. Blut? Wollte er mich ernsthaft blutig schlagen? Verzweifelt wand ich mich in meinen Fesseln und versuchte, meinen Kopf aus seinem Griff zu befreien. Panisch flehte ich ihn durch das Klebeband an, es nicht zu tun. Doch er grinste nur.

„Ich versteh kein Wort, Schätzchen. Wenn du etwas sagen willst, musst du schon etwas deutlicher sprechen."

Ich konnte die Tränen nicht mehr verhindern, die sich nun den Weg über meine Wangen bahnten. Dann sah ich voller Entsetzen, wie der Mann erneut zum Schlag ausholte. Panisch schloss ich die Augen und versuchte noch einmal, seinem Griff zu entkommen. Doch da traf mich seine Faust bereits mitten im Gesicht. Explosionsartig breiteten sich die Schmerzen von meiner Nase über das gesamte Gesicht aus. Ich keuchte und Schmerzenstränen schossen in meine Augen.

„Na das sieht doch schon viel besser aus", stellte der Mann zufrieden fest, als er meinen Kopf wieder zu sich drehte. Ich nahm ihn nur noch verschwommen wahr. Verzweifelt atmete ich gegen die Schmerzen und die Tränen an, während ich bereits das warme Blut spürte, das aus meiner Nase rann und mir das Atmen erschwerte. Es lief über das Klebeband auf meinem Mund und tropfte schließlich in meinen Schoß.

„Also gut, dann lass ich dich jetzt mal schlafen, Schätzchen. Morgen ist dein großer Auftritt. Aber es stört überhaupt nicht, wenn du dafür nicht ausgeschlafen bist. Das trägt zu einem perfekten Gesamtbild bei. Also gib dir keine Mühe, falls es zu unbequem ist oder du vor lauter Angst nicht schlafen kannst. Bis morgen, Schätzchen."

Mit diesen Worten verließ er den Raum und ließ mich alleine und mit meinen Schmerzen ringend in der erdrückenden Dunkelheit zurück.

Entführt - Im Dunkeln (Leseprobe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt