28. September 1914 (Teil I)

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28. September 1914

Wir waren für 5 Tage im Graben. Unser erster Schützengrabeneinsatz.

Die ersten drei Tage verliefen ruhig, wir beobachteten, wie die Franzosen einen Graben ihrer Seite auszubessern versuchten und hielten sie zum Narren, indem wir sie zuerst ignorierten, um ihnen dann, als sie sich gesammelt hatten, Feuer unterm Hintern zu machen.

Dumm nur, dass wir diejenigen waren, die zum Narren gehalten wurden. Es war nur eine Ablenkung gewesen. Tagelang hatten wir uns an der Nase herumführen lassen, während die Schengel an anderer Stelle vorgedrungen waren. Am vierten Tag brachen sie durch und die Hölle über uns herein.

Wenn Meyer nur gewusst hätte, wie recht er damit gehabt hatte, dass er starke Nerven gebrauchen konnte.

Etwa 40 Meter von unserem Unterstand entfernt, gab es einen großen Knall. Dann ein paar Sekunden Stille. Sie fühlte sich ewig an. Plötzlich zerrissen Schreie die Luft, gefolgt von weiteren Explosionen und Schüssen.

„Bewegung! Haltet sie auf!" Die Anweisung weckte meinen Körper aus seiner Starre, die Nähe der Explosion hatte mich sogar zu atmen aufhören lassen. Gierig sog ich die Luft ein und setzte meine Beine in Bewegung, um die nächste Windung des Schützengrabens. Andere trabten in die gleiche Richtung wie ich, einer zückte schon eine seiner Handgranaten und war im Begriff, das Ding zu zünden.

„Nicht! Was ist, wenn da noch welche von unseren Leuten sind?!"

Er ließ von der Zündvorrichtung ab und lugte vorsichtig um die Ecke. In den ganzen Schüssen, die fielen, konnte man den, der den Soldaten traf nicht ausmachen. Er sackte tot in sich zusammen, die Kugel hatte einen Teil seines Auges zerfetzt.

Da zogen wir alle unsere Granaten und warfen, was das Zeug hielt. Wir stürmten vor und konnten die Angreifer etwas zurückdrängen. Doch wir hatten einen erheblichen Abschnitt an die Franzosen verloren. Gerade, als wir dachten, wir könnten sie in ihre Gräben zurückschlagen, gab ihre Artillerie einen Schuss ab. Es war der zum Zielen gewesen und ein Signal. Für die Franzosen und für uns. Dann prasselten die Geschosse auf uns hinunter. So schnell uns unsere Beine trugen, stürmten wir zum nächsten Unterstand. Als wir lossprangen, waren wir noch zu fünft. Mit Glück erreichten ich und Paulsen einen, dessen Erdloch noch nicht mit Leibern gefüllt war und ich presste mich in den Dreck, versuchte mit der erdigen Wand zu verschmelzen, um den tödlichen Splittern zu entkommen. Die französischen Eisengrüße gingen auf uns nieder. Direkt vor dem Unterstand schlug eines der Geschosse ein und ließ die Erde erzittern. Mich traf etwas in den Rücken, ich dachte erst: „Schröder, das war's." Es kam kein Schmerz, aber als ich nach hinten fasste, fühlten meine Finger warme Feuchtigkeit. Ich biss die Zähne zusammen und besah mir meine Hand. Dunkelrotes Blut färbte meine Hand, befleckte meinen Ärmel. Ich drehte mich, wollte nach einem Sanitäter rufen, doch da sah ich es. Es hatte einen der Männer erwischt, der es nicht schnell genug in einen der Unterstände geschafft hatte. Mich hatte ein zerfetzter Arm getroffen, der jetzt vor meinen Füßen lag. Fasziniert und erschrocken beobachtete ich, wie weiteres Blut aus ihm heraustrat.

Ich wurde gepackt und von der Öffnung weggezogen, bevor ein weiteres Geschoss einschlug.

Der Leutnant brüllte über den Lärm hinweg: „Schröder!" Er schüttelte mich. „Reißen Sie sich zusammen, Sie werden noch gebraucht! – Atmen Sie!"

Da erwachte ich aus meiner Starre, ließ mich vom Leutnant an die Wand ziehen und versuchte meine Atmung zu beruhigen, die ich, ohne es bemerkt zu haben, eingestellt hatte.

Es hätte genauso gut mich erwischen können, wenn ich nur etwas langsamer gewesen wäre... wenn mich der Leutnant nicht vom Eingang weggezogen hätte...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 18, 2019 ⏰

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