Kapitel 4

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„Schmeckt es dir, Master?" Mit vollem Mund nickte Harry. Nachdem sie zuhause angekommen waren, hatte Draco ein schnelles Abendessen zusammengewürfelt. „Du, Draco?" „Ja, Master?" „Du bist mein Diener, oder?" „Ja, Master." Harry schluckte. „Weil ... Ron hat gesagt, du wärst ein Spion. Er sagt, du verhältst dich auch nicht so..." „Master. Ich würde niemals dein Vertrauen ausnutzen oder deine Bitten und Befehle missachten. Deine Sicherheit und Zufriedenheit ist meine Priorität. Ich werde dich nicht hintergehen, komme, was mag. Aber es scheint allgemeine Ansicht zu sein, dass ich ein Spion für die dunkle Seite wäre. Ich versicher dir, dass das nicht wahr ist!" Draco holte tief Luft. „Und wenn du es wünscht, werde ich mein Verhalten in deiner Gegenwart deinen Ansichten anpassen." Harry schaute ihn überrascht an. „Ich will nicht, dass du dich veränderst. Du bist toll, so wie du bist." Draco atmete erleichtert auf, als er von Harry in eine Umarmung gezogen wurde. „Danke."


Draco fühlte sich einsam, nachdem Harry zum Fuchsbau abgereist war. Zwischenzeitlich war Harry sehr deprimiert gewesen, dass er Briefe geschrieben, aber keine erhalten hatte. Nachdem eins dieser kleinen Wesen für ihn da war, hatte sich seine Traurigkeit in Wut verwandelt. So war er über die gesamten Ferien ein recht unangenehmer Zeitgenosse, trotzdem vermisste Draco ihn. Er hatte die erste Zeit genutzt, um das Haus einer Grundreinigung zu unterziehen, doch dass war schnell gemacht. Dann war er in die Winkelgasse gegangen, um die neuen Schulsachen zu besorgen – für Umhänge hatte das Geld nicht gereicht. Zwar hatte Harry vorgeschlagen, dass er mit zu Ron kommen könnte, aber die Weasleys wollten keinen Malfoy in ihrem Haus haben. Also war er geblieben. Um sich die Zeit zu vertreiben, hatte er Harrys Tante geholfen und aus ihren bissigen Anmerkungen Tipps gezogen, um sein Verhalten zu verbessern. Endlich konnte er wieder nach Hogwarts fahren. Die Weasleys würden Harry mit nach King's Cross nehmen, also setzte er sich alleine in den Zug nach London. Draco war anderthalb Stunden zu früh, aber der Zug stand schon abfahrbereit da. Er kletterte in den noch menschenleeren Zug und suchte sich ein Abteil. Nach und nach kamen auch die anderen Schüler und sein Abteil füllte sich in Windeseile mit seinen Bewunderern. Sie schienen keinesfalls die Hoffnung aufgegeben zu haben, nachdem er mit ihnen geredet hatte. Denn „das ist deine einzige Chance, nicht als böse angesehen zu werden!". Draco starrte aus dem Fenster, als der Zug losfuhr. Harry hatte sich sicher zu seinen richtigen Freunden gesetzt, ohne nach ihm zu suchen. So sollte es ja auch sein. In Hogwarts angekommen, fand er Harry auch nicht vor. Erst nach einiger Zeit, als das Fest schon in vollem Gange war, kam er mit Ron gemeinsam rein. „Master!" Draco blickte ihn entsetzt an. „Was ist mit dir passiert?" Er war schlammverschmiert. „Das solltest du doch wissen!", schnauzte Harry Draco an. „Du warst das, oder?" „Master? Ich verstehe nicht..." „Den Durchgang", mischte Ron sich ein. „Du hast ihn versperrt, oder nicht?! Wir kamen nämlich nicht durch!" „Master, geht es dir gut?", warf Draco besorgt ein. „Komm mir nicht so! Dumbledore hat sowieso gesagt, dass ich mich von dir fernhalten soll!", schrie Harry gerade so laut, dass es nicht auffiel. „Ich will, dass du einfach nur deine Aufgaben erledigst und mir dabei weder auffällst, noch ansprichst. Ich will gar nicht wissen, dass du da bist! Wenn du nichts zu tun hast, will ich dich auch nicht in meiner Nähe haben! Beginn endlich, dich mit gebürtigem Respekt mir gegenüber zu verhalten! Ist das verstanden?" Erschrocken hörte Draco Harrys Ausbruch mit gesenktem Kopf zu. Was hatte er getan, damit Harry dachte, er hätte wirklich versucht, ihn von Hogwarts fernzuhalten? „Bitte, ich habe nichts..." „Ist. Das. Verstanden?" „Ja, Master...", antwortete Draco leise.


Das zweite Jahr war grauenhaft. Draco hielt sich genau an Harrys Anweisungen: wann immer er etwas für ihn trug, hielt er einen Abstand hinter ihm ein, im Klassenraum setzte er sich soweit wie möglich aus Harrys Blickwinkel und versuchte nicht aufzufallen, erschlief auf dem Sofa in dem Gemeinschaftsraum, damit Harry ihn beim Aufwachen nicht sah, er nahm alle seine Mahlzeiten in der Küche ein und unter keinen Umständen sprach er Harry an. Um sich in seiner Freizeit von ihm fernzuhalten, verbrachte er die meiste Zeit in der Bibliothek, was seine Noten in die Höhe schnellen lies und er auf einmal Jahrgangsbester war. Kurz vor den Sommerferien hatte er jedes vorhandene Buch gelesen. Schließlich blieb er oft so spät wie möglich dort, damit Harry schon im Bett war, wenn er kam. Am letzten Tag kamen Harry und Ron schlamm- und blutverschmiert auf ihn zu. „Draco..." Schnell wandte dieser den Kopf ab und reichte Harry ein Handtuch, das er aus seiner Tasche gezogen hatte. „Master." „Es tut mir leid. Ron und ich dachten wirklich, dass du es warst, der den Durchgang versperrt hat, weil du ja auch so gut im zaubern bist. Kannst du uns verzeihen?" Ein leises Lächeln stahl sich auf Dracos Lippen, als er das Handtuch anfeuchtete und damit begann, Harry sauberzumachen. „Aber natürlich, Master." Überraschend zog Harry ihn in eine Umarmung. „Tut mir leid, dass ich dich verdächtigt habe und Harry auf dich angesetzt habe", murmelte Ron. „Aber ich dachte echt..." „Ich verstehe", beschwichtigte Draco ihn. „Du wolltest sicher nur das Beste. Aber warum habt ihr eure Meinung geänd... - oh. Ist es mir gestattet..." „Ja! Vergiss, was ich dir zu Beginn des Jahres gesagt habe! Wir haben den wahren Täter gefunden." Erleichtert nickte Draco. „Jetzt stillstehen." Er richtete seinen Zauberstab auf die Beiden vor ihm und reinigte sie mit einigen Worten von Schlamm und Blut. „Gehen wir zum Fest. Hermione wird bald aufwachen!" Fröhlich zog Harry Draco und Ron mit sich.


„Master?" „Ja?" Ängstlich stand Draco am Küchenfenster. Gerade war er froh gewesen, von der Gefahr von Hogwarts wegzukommen und entspannte Ferien mit Kochen und Putzen zu verbringen, da ging es selbst hier schon weiter. „Da ist ein riesiger schwarzer Hund und starrt hier rein." Seine Stimme zitterte. Harry zog ihn ins Wohnzimmer und umarmte ihn. „Da ist kein Hund. Hast du dir bestimmt nur eingebildet." Harrys wohlige Wärme beruhigte Draco. „Wahrscheinlich hast du recht, Master", gab er nach. Es würde zumindest seine Nerven beruhigen, wenn er sich dazu überreden konnte, Harry zu glauben. „Also" Harry stieß ihn von sich weg. „Wann gibt es Abendessen?" Draco lächelte. „Ich kann jetzt anfangen, es vorzubereiten, Master. Was möchtest du essen?" Als er lediglich ein Schulterzucken als Antwort erhielt, lächelte er wissend und ging zurück in die Küche. Kurze Zeit später erfüllte ein exotischer Geruch das Haus und lockte Harry zu ihm. „Was ist das?" „Curry, Master. Ich habe es von den Hauselfen in Hogwarts gelernt. Ich hoffe es schmeckt dir." Draco füllte einen Teller. Gerade, nachdem Harry wieder das Zimmer verlassen hatte, sah er aus den Augenwinkeln wieder den großen, schwarzen Hund auf der Straße. Er schüttelte den Kopf. Er hatte er sich ganz sicher nicht eingebildet.


Neidisch blickte Draco zu Harry und Ron, die während ihrer ersten Stunde Wahrsagen sich gegenseitig ihre Teesätze auslasen. Er selbst war als Einziger übergeblieben und musste mit Professor Trelawney arbeiten. Ihr schriller Schrei, nachdem er ihr seine Tasse gereicht hatte, unterbrach das leise Gemurmel. „Meine Güte, lieber Junge!" Alle Köpfe fuhren zu ihnen Beiden herum, während sie die Tasse bleich abstellte. „Du hast den Grimm!" Kollektives Schweigen war die Antwort. „Ähm, ... was ist der Grimm?", wagte Ron schließlich zu fragen. „Der Grimm, Kinder, der Grimm! Ein großer, schwarzer Hund!" „Das Todesomen", erklärte Draco leise. „Wer ihn sieht, der stirbt." „Draco", warf Harry ein. „Hast du so einen Hund nicht zu Beginn der Ferien gesehen?" Mehrere Schüler wurden panisch. „Und? Er ist doch immer noch da", mischte Hermione sich ein. „Es ist schon ziemlich lange her, seit der Hund aufgetaucht ist", stimmte Draco zu. Er wandte sich zu einem besorgten Harry. „Keine Sorge, Master. Ich werde nicht vor meiner Zeit sterben." „Das sagst du so einfach", schoss Harry zurück. „Du kannst nicht kontrollieren, wann du stirbst." Draco lächelte. „Manchmal kann man es bestimmen." Die Klasse war still. Alle, einschließlich Professor Trelawney, starrten ihn mit großen Augen an. „Du ... planst nicht, dich ... umzubringen, oder?", fragte Ron vorsichtig. Draco blickte ihn unverständig an. „Was? Nein, tue ich nicht. Ich bin sehr froh, zu leben. Wie gesagt: ich werde nicht sterben, bis es Zeit dafür ist. Und die ist noch nicht gekommen." Die Professorin blickte ihn mit Tränen in den Augen an. „Ein Erwachsener wurde in deinem Körper gefangen, mein Junge. Werd ihn los, bevor der Grimm dich fängt." Verwirrt wich Draco ein wenig zurück. „Natürlich?" Etwas überrumpelt ließ er sich neben Harry auf dem Boden nieder. Es war noch nicht die Zeit für ihn, zu sterben. Jede Sekunde, die er bei Harry verbringen konnte, war es wert zu leben. Und er würde alles tun, um dessen Sicherheit zu gewährleisten. Das war seine Aufgabe als Diener, oder? Nicht, dass es ihn störte. Harry füllte ihn mit einer Freude und Bestimmung, die seinem Leben einen Sinn gaben. Er war jede Aufopferung wert, die Draco zustande bringen konnte. Das Feuer in Harrys Augen durfte nie verlöschen.



A Servant's Duty (Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt