Vier

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VIER

Melek:
Wieder sitze ich hier. Bei der Frau. Sie schaut mich an. Lange, intensiv, fragend. Und ich?

«Du starrst vor dich hin», kontert sie. Wie meine innere Stimme mich aufregt! Ich könnte sie... «Lass den Scheiß! Wenn du es tust, dann bist du auch Geschichte!»

Ich schweige weiterhin. Meine Gedanken bleiben bei meinen Freunden. Wir haben es geschafft einen Menschen in den Knast zu bringen. War zwar nicht so einfach, aber es ist uns irgendwie gelungen. Doch das hat jetzt hier nichts zu suchen.

„Erzählen Sie mir jetzt etwas über ihre Geburt?", fragt sie und reißt mich aus meinen Gedanken. „Oder bedrückt Sie etwas? Wollen Sie nicht darüber sprechen?"

„Nein, schon gut. Ich werde beginnen", sage ich und meine Sicht fängt an langsam zu verschwimmen. Die Stimme der Frau höre ich nur noch dumpf in meinem Kopf. Dann versinke ich in meinen Erinnerungen, die ich noch besitze.

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Erzähler:
Autos hupten, als er sie mit voller Geschwindigkeit zu überholen begann. Auf der Rückbank lag seine Frau. Ihre Lieder waren fest zusammengekniffen. Ihr Atem ging hektisch. Im Rückspiegel konnte er erkennen, dass sie ein wenig panisch war. Warum musste ausgerechnet in diesem Moment ihre Fruchtblase platzen? In ihm selbst regte sich bis zu einem gewissen Zeitpunkt keine Art von Gefühl.

„Schatz? Wann sind wir da?", kam es gepresst über ihre Lippen. Dann folgte ein kleiner Schrei. „Ich glaub es kommt! Fahr schneller! Ich will es nicht im..."

„Ist ja gut!", schrie er und drückte aufs Gas, als die Ampel auf Grün umschaltete. Erneutes Hupen erklang von den Autofahrern. Einige zeigten ihm sogar den Stinkefinger. „Halt noch ein bisschen durch. Wir sind gleich da."

Mit diesem Punkt sollte er rechtbehalten. Tatsächlich waren sie da. Schnell wie der Wind stieg Burak aus dem Auto und öffnete die Hintertür. Gallant hob er seine Frau auf die Arme und rannte, so schnell es ging, mit ihr ins Innere des Krankenhauses. Sofort eilten 2 Schwestern zu ihm und legten sie auf die Liege. Schnell fuhren sie in den Kreissaal, wo alles seinen Lauf nahm. Er stand neben seiner Frau und schaute liebevoll zu ihr herüber. Elisabeth hielt seine Hand festumklammert und stieß einen lauten Schrei aus. Eine Hebamme war ebenfalls dazu gestoßen. Alle warteten darauf, bis das Baby endlich aus ihrem Körper kam. Doch bis dahin sollte es noch eine lange Zeit sein.

„Ich kann schon den Kopf sehen", sagte die Ärztin nach einigen Stunden der Qual. Burak hatte sich einen Kaffee kommen lassen. Er wollte seine Frau während der Geburt nicht allein lassen. Nicht, wenn sie so litt. Außerdem hatte er ihr versprochen, dass er – wenn es soweit sein sollte – bei ihr bleiben würde. Deshalb nahm er ihre Hand und redete beruhigend auf sie ein. Doch Elisabeth schrie ihn aus Leibeskräften an.

„Es ist ein Mädchen", sagte die Schwester, die nach wenigen Minuten mit dem Bündel auf dem Arm wiederkehrte. Burak nahm sie der Schwester aus dem Arm und legte sie Elisabeth auf den Bauch. Er lächelte sanft zu den beiden herüber.

„Sie sieht aus wie ein kleiner Engel", sagte er.

„Wissen Sie schon, wie das Kind heißen soll?"

„Melek", sagte Elisabeth und nahm ihr Kind in die Arme. Augenblicklich hörte es auf zu weinen. Burak nickte zustimmend. Die Krankenschwester verabschiedete sich bei ihnen und sagte, dass sie am nächsten Tag wiederkommen werde. Nun waren beide allein.

„Soll ich bei dir bleiben?", fragte er leise, um das Kleine nicht zu wecken.

„Du kannst uns abholen kommen, wenn wir entlassen werden", sagte sie. „Du brauchst nicht hier zu bleiben. Das ist ja kein Familienzimmer, was wir bekommen haben."

Meine Kindheit (Secret Cases, Band 0)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt