Nachts in Paris [Zwischensequenz]

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Paris, Frankreich. 02:16 Uhr

Er hatte gerade den Schlüssel im Schlüsselloch herumdrehen wollen, als plötzlich sein Handy zu klingeln begann. Er hatte sich schon im mollig warmen Haus in den schläfrigen Armen seiner Frau gesehen, doch jetzt plärrte das Lied "Papaoutai" die nächtliche Straße hinunter und ließ ihn kurz zusammenzucken. Genervt ließ er den Schlüssel wo er war, während er sich daran machte das Handy in den endlos vielen Taschen seines gefütterten grauen Mantels zu suchen. Die Nacht war bisher ruhig verlaufen, sodass das Klingeln nun ohrenbetäubend schien. Er sollte wirklich mal seinen Klingelton ändern, oder zumindestens leiser stellen. Da wachte ja die halbe Nachbarschaft auf! Sein Sohn hatte sich damals mit diesem Hit einen Scherz an seinem Handy erlaubt, weil er so viel auf der Arbeit war. Seitdem hatte er nicht die Zeit und Muße aufgebracht es wieder zurück zu ändern.
Endlich hatte er das Handy in der Innenseite seines dicken Mantels gefunden und nahm das Gespräch an, insgeheim froh das Lied nicht mehr hören zu müssen.

"Oui?"
Als er die Stimme auf der anderen Seite der Leitung hörte erstarrte er. Sie rief ihn nie zu solch' einer späten Stunde an, es sei denn es gab einen triftigen Grund. Wiedermal enttäuschte sie ihn nicht, auch wenn er es diesmal darauf gehofft hatte. Mit jedem Wort der knappen Zusammenfassung der Ergebnisse wurde er bleicher. Er hatte seine Kollegin gebeten Vermisstenanzeigen auf Muster zu untersuchen, da ihm sein Bauchgefühl sagte etwas trug sich in seinem Heimatland zu, auch wenn er nicht genau sagen konnte was. Und sein Baichgefühl behielt immer Recht. Leider, denn nun schienen seine dunklen Vorahnungen bestätigt. Es war nicht nur eine Vermisstenanzeige die in das Muster passte, es waren nun schon neun. Auch wenn "das Muster" kein wirkliches Muster war. Sie saßen noch auf dem Gipfel des Eisberges und versuchten verbittert zu erahnen wie weit er noch in die Tiefe ragte. Und das nur in Frankreich. Seine Kollegin hatte gut recherchiert und würde ihn nicht mit belanglosen Annahmen belasten wenn es sich hier nicht wirklich um Vermisstenanzeigen handelte, welche auch sein Kumpel in den Niederlanden erwähnt hatte. Jener hatte ihn letzte Woche besorgt kontaktiert um zu erfahren ob sich derartige Vorkommnisse auch in Frankreich zutrugen. Länder wie Deutschland, Österreich, Italien, Spanien, etc. schienen seiner Meinung nach auch betroffen zu sein. Zu dem Zeitpunkt hatte er noch verneint und es als Zufall abgetan.

Leise zog er den Schlüssel aus dem Schlüsselloch der Haustür und machte sich kopfschüttelnd daran zurück zu gehen wo er herkgekommen war. Er wird seiner Frau wohl eine SMS schreiben müssen, sehr zu seinem Bedauern. Der Motor seines Wagens war noch nicht einmal kalt.
Kurz ließ er sich weitere, eventuell wichtige Details geben und fragte dann angespannt:
"Êtes-vous complètement en sécurité?" Wenn dies wirklich stimmte hatten sie ein noch viel größeres Problem als zuvor angenommen.
"Cent pour cent", kam es prompt zurück, leise und ernst. Er begann unterdrückt zu fluchen. Na klasse! Nun konnte er sich den Feierabend entgültig abschminken. Er beschleunigte seine Schritte. Ein fahriges "Merci, à bientôt" war alles was er herausbekam bevor er auflegte und in seinen klapprigen Ford Focus stieg um wieder zurück auf die Wache zu fahren.

Darauf bedacht seine schlafende Familie nicht zu wecken, versuchte er so leise wie möglich die Tür des alten Autos zu schließen, was ihm jedoch nur halbwegs gelang. Dieser Wagen war einfach zu alt. Trotzdem hatte er ihm immer gute Dienste erwiesen, weshalb er es nicht übers Herz brachte sich einen Neuen zu holen. Bevor er den Motor startete atmete er noch einmal tief ein und versuchte seine Gedanken zu sammeln. Wenn es wirklich stimmte, dass Menschen in gesamt Europa nicht nur scheinbar wahllos getötet wurden, sondern nun auch noch begannen zu verschwinden... Dann hatten sie ein enormes Problem! Er musste umgehend mit seinem Freund in den Niederlanden sprechen und fragen ob sie dort schon Näheres hatten herqusfinden können.
Es schien kein passendes Motiv für die Gewalttaten zu geben. Die Menschen, die gestorben waren, hatten nichts gemeinsam. Alle hatten sie unterschiedliche Berufe, Herkommen, Alter, Sprachen, Eigentum, Gesundheitsstatus, selbst die Art des Mordes war unterschiedlich. Mal waren die Opfer deformiert oder bis auf's Unkenntliche zerkleinert worden, dann schienen sie panisch oder auch nur friedlich eingeschlafen zu sein. Es passte nichts zusammen! Einzig allein die Fakten, dass das Alter der Opfer zwischen 12 und 31 zu liegen schien, sowie die Taten immer bei Nacht geschahen, waren die einzigen Anhaltspunkte die sie hatten.
Es hatte ewig gedauert überhaupt erst einmal eine Verbindung zwischen den Morden zu finden. Wenn man dies überhaupt eine Verbindung nennen konnte. Sie hatten nichts in der Hand. Wer wusste schon, ob die Zahlen nicht viel höher waren als sie zur Zeit dachten?! Selbst jetzt konnte er keine klare Verbindung zwischen all den Fällen sehen, kein eindeutiges Muster, jedoch sagte ihm sein Bauchgefühl, dass sie richtig lagen. Und wie es aussah war ganz Europa war betroffen. Es war beängstigend wie es scheinbar wahllos und willkürlich jeden traf, der sich im richtigen Alter am falschen Ort und des Nachts aufhielt.

Er raufte sich die zerzausten braunen Haare und startete den Motor. Sie mussten schleunigst herausfinden wer hinter all den Gewalttaten steckte und dem Ganzen ein Ende bereiten.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 12, 2019 ⏰

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