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Dereks Aussage verwirrt mich.

"Wieso solltest du mich mögen? Ich stoße jeden von mir, der auch nur versucht, mir in irgendeiner Art nahe zu kommen, ich meine, sieh dir nur mal mein Verhalten gegenüber Malía an. Ich habe es immerhin geschafft, dass sie mich aufgibt, was ich sogar erreichen wollte. Verstehst du nicht, ich will nicht das mich jemand besonders mag, mal abgesehen von Mom. Warum magst du mich trotzdem?"

Derek sieht mich ruhig an, obwohl ich immer lauter geworden bin.

"Lily, ich mag dich, ich verstehe dich. Mein älterer Bruder ist auch gestorben, und ich weiß, dass du gerade nur zu gut jemanden brauchen kannst, mit dem du jederzeit reden kannst, egal worüber. Und ich finde dich wahnsinnig schön. Außerdem faszinierst du mich, und egal wie sehr du versuchst es zu verbergen, ich weiß dass du mich auch magst."

Während er geredet hat, ist er mir wieder näher gekommen, doch dieses Mal ist es anders. Ich weiß nicht warum, aber ich fühle mich gerade unheimlich wohl in seiner Nähe. Je näher er mir kommt, desto mehr blende ich alles um mich herum aus. Er senkt seinen Kopf zu mir herab und flüstert mir etwas ins Ohr.

"Und du weißt, dass ich Recht habe."

Dann entfernt er seinen Kopf wieder etwas, jedoch ist er meinem Gesicht immer noch sehr nahe. Ich widerstehe dem Drang, ihn zu küssen, stupse ihn leicht von mir weg und gehe an ihm vorbei zu Seite meines Betts, wo ich mich auf die Bettkante setzte und Derek beobachte. Einen Moment lang sieht er verwirrt aus, bevor er seinen Kopf schüttelt und mich ansieht. Er holt sich den Stuhl vom Schreibtisch, stellt ihn vor mir ab und setzt sich so hin, dass er seine Arme auf der Lehne ablegen kann. Ein paar Minuten schweigen wir uns an, verarbeiten das eben geschehene. Derek ist der, der als erstes was sagt.

"Okay, vielleicht wird das schwerer als ich dachte, aber wir schaffen das, okay? Egal was es ist, wir schaffen es, das zu bewältigen, ja?"

Ich sehe ihn an und überlege, ob ich zulassen soll, dass er mir hilft. Nach ein paar Sekunden entschließe ich mich, ihm was das angeht, zu vertrauen.

Also nicke ich, was ihm ein Lächeln entlockt.

"Okay. Wie versuchst du, damit klarzukommen, außer dass du jeden von dir wegstößt?"

Ich zucke mit den Schultern.

"Anfangs habe ich versucht, ganz normal weiterzumachen, aber das hat nicht funktioniert. Ich habe Tagebuch geschrieben, all meine Gefühle in dieses winzige Büchlein geschrieben, doch auch das hat nichts gebracht. Und dann hat Malía mir meinen damaligen besten Freund, James, weggenommen. Sie hatte ihm erzählt, dass ich ihn wegen allem angelogen habe, was nicht stimmt. Ich habe ihm immer die Wahrheit erzählt. Deshalb habe ich begonnen, James und Malía zu ignorieren. Den beiden ist es erst nicht aufgefallen, bis ich auch Mason und Aiden, die Zwillinge, aus meinem Leben ausgeschlossen habe. Die sind dann zu Malía und James gegangen, haben gefragt, was mit mir los war. Keiner der beiden konnte etwas sagen, also haben die Zwillinge mir alles erzählt. Seitdem stoße ich jeden von mir weg. Okay, fast jeden."

Ich korrigiere mich am Ende. Derek sieht mich sprachlos an, will etwas sagen, doch er findet keine Worte.

"Es ist okay, wenn du nichts dazu sagst."

Derek schüttelt nur den Kopf.

"Nein, das ist es ganz und gar nicht, Lily. Ich habe versprochen, dir zu helfen, und das will ich wirklich. Kann ich mich neben dich setzen?"

Zögernd nicke, woraufhin er aufsteht und sich vorsichtig neben mich setzt. Ich drehe meinen Kpf zu ihm hin, sehe seinen Blick immer wieder von meinen Augen zu meinen Lippen und wieder zurück huschen. Ich kann nicht sagen, ob ich will, dass er mich küsst, aber er will es vermutlich, denn er beugt sich zu mir. Langsam schließt er seine Augen, kommt meinen Lippen immer näher. Gerade, als ich denke, dass ich ihn küssen will, platzt Mom rein und fragt uns enthusiastisch, ob wir Muffins wollen.

Als sie sieht, dass sie uns gerade gestört hat, wird sie rot, entschuldigt sich und schließt die Tür leise hinter sich. Doch es ist bereits zu spät, wir sitzen wieder ganz normal nebeneinander, beide peinlich berührt über das, was gerade beinahe geschehen wäre.

Ich merke nicht, dass ich weine, bis Derek eine meiner Tränen mit seinem Daumen auffängt und sie wegwischt. Ich kann den Impuls, zurückzuzucken, nicht unterdrücken, weshalb ich etwas Abstand zwischen uns bringe, indem ich auf meinem Bett nach hinten rutsche.

Er sieht mich an, weiß anscheinend immer noch nicht was er sagen soll, denn er öffnet den Mund, um etwas zu sagen, doch es kommt kein Wort heraus. Ich fühle mich unwohl, seine Nähe macht mich nervös. Ohne etwas zu sagen, stehe ich auf und tiegere durch mein Zimmer. Wie als rettender Einfall kommt mir die Frist, die Mom mir wegen Jamies Sachen gesetzt hat, in den Sinn. Etwas zu hastig drehe ich mich zu Derek um.

"Du solltest besser gehen, Derek. Ich will noch ein wenig Jamies Sachen durchsehen, bevor Mom sie in zwei Tagen alle wegwirft."

Ich öffne die Zimmertüre, begleite Derek nach draußen, und knalle ihm die Türe mehr oder weniger vor der Nase zu, bevor er sich auch nur verabschieden kann. Mom sieht mich verwirrt an, als würde sie mich nicht verstehen, doch ich fahre sie an.

"Danke, dass du mich davr gerettet hast, von ihm geküsst zu werden. Du weißt genau, dass ich immer noch in Aiden verliebt bin und es auch noch sehr lange sein werde. Also warum zum Henker hast du ihn gestern hereingelassen, tue ich dir etwa auch leid, so wie ihm? Ich denke, ich kann auf euer Mitleid verzichten."

Damit verschwinde ich nach unten, gehe in Jamies Zimmer und sehe mir ein wenig ihre Sachen an. Ich merke nicht, wie schnell die Zeit vergeht, doch als Mom irgendwann ins Zimmer kommt, sinkt meine Stimmung sofort derart, dass ich meine Maske automatisch aufsetze. Sie will sich bei mir entschuldigen, doch ich ignoriere sie und verschwinde in meinem Zimmer, bevor ich absperre, um meine Ruhe zu haben.

HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt