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Ich versuche mich damit, aufzupassen, was allerdings ein Ding der Unmöglichkeit ist, wenn man bedenkt, dass Aiden neben mir seine Hand vollkommen ruhig auf meinem Oberschenkel abgelegt hat. Diese Berührung lenkt mich derart ab, dass ich momentan nicht mal in der Lage wäre zu sagen, welches Fach wir haben.

"Aiden, wenn du nicht willst dass ich dieses Jahr durchfalle, solltest du deine Hand da wegnehmen."

Ich flüstere nur, aber ich weiß, dass er mich gehört und verstanden hat. Denn mit einem Mal ist die Hand weg, hinterlässt ein Gefühl der Leere, was fast noch schlimmer ist. Aber immerhin kann ich mich jetzt konzentrieren. Dennoch seufze ich erleichtert auf, als es zum Ende der Stunde läutet und packe in Windeseile meine Sachen zusammen. Aiden ist sogar noch schneller als ich und zieht mich an der Hand aus dem Klassenzimmer. Da wir jetzt zusammen Physik haben, gehen wir Hand in Hand zum Physiksaal. Unterwegs sehe ich hin und wieder, das die Jungs uns neidische, die Mädchen uns eifersüchtige Blicke zuwerfen, dabei sind wir offiziell noch nicht mal ein Paar. Ich will mir garnicht vorstellen was passieren würde, wenn Malía herausfinden würde, dass ich schon lange in Aiden verliebt bin, ihn länger kenne als jeder andere, der nicht zu seiner Familie gehört.

Ich ignoriere die Blicke der Leute, die mich quasi erdolchen, sondern konzentriere mich ganz auf Aidens Hand in meiner. Diese winzige Berührung beruhigt mich unheimlich, und ich bin froh, dass ich zugelassen habe, dass mich küsst, sonst wären wir nicht hier. Im Physiksaal sitzt Derek neben meinem Stammplatz, genau wie am Montag. Ich überdrehe die Augen, und gehe in die Reihe hinter Derek, wo ich mich hinsetze und auf Aiden warte, der noch eine Reihe weiter vorne steht und Derek grimmig ansieht.

"Aiden."

In meiner Stimme schwingt ein warnender Unterton, der Aiden aufsehen lässt und ihn dazu bewegt, zu mir zu gehen. Als er sich neben mich setzt, lege ich ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter, bevor ich ihm etwas ins Ohr flüstere.

"Lass es gut sein, Aiden, dann sitzen wir eben an einem anderen Platz. Er hat es nicht verdient, dass du dich wegen ihm so aufregst. Konzentriere dich lieber darauf, dass du bei mir bist."

Ich bin mir zwar nicht sicher, dass das helfen wird, aber Derek will es sich nicht mit Aiden verscherzen, wenn er hier ein angenehmes Leben haben will. Das war schon immer so.

Da Derek sich gestern nicht davon abhalten ließ, mir seine Nummer zu geben, schreibe ich ihm nun heimlich eine Nachricht.

Derek, lass uns in Ruhe, wenn du hier noch Freunde finden willst. Sonst hast du nämlich ein verdammtes Problem, ob du willst oder nicht. -Lily

Zum Glück hat Aiden nichts gemerkt, er sieht nach wie vor zu Ms. Blake und hört ihr aufmerksam zu. Seine Hand liegt auf dem Tisch, weshalb ich mich auch auf den Unterricht konzentrieren kann.

Nach der Schule gehe ich alleine zu meinem Auto, da Aiden nicht im gleichen Kurs war wie ich. An meinem Auto erwartet mich James, was ich nicht verstehe, er hat seit ich ihn und Malía ignoriere, nicht ein Wort zu mir gesagt, oder sich darum gesorgt, dass ich innerlich ein Wrack war. Dementsprechend begeistert bin ich auch, ihn zu sehen.

"Geh zur Seite, ich will in mein Auto einsteigen."

Mehr sage ich nicht zumeinem ehemals besten Freund, denn er hat nicht eine Träne verdient, die ich wegen ihm geweint habe.

"Halt die Klappe, ich will mit dir reden, und davor gehst du nirgendwohin, klar?"

Ich ziehe nur eine Augenbraue hoch, was wirkt, denn er weiß, dass ich, wenn ich wirklich wollen würde, ohne weiteres zu meinem Auto durckommen würde.

"Also, was ist an der Geschichte dran, dass du mir so gut wie nichts mehr erzählt hast, seit Jamie gestorben ist?"

Ich lache auf, denn so eine Frechheit habe ich schon lange nicht mehr erlebt.

"Du bist so ein verdammtes Arschloch, du denkst wirklich, ich hätte nicht versucht, mit dir zu reden? Respekt, Malía hat gute Arbeit geleistet. Denn falls du dich noch erinnern kannst, warst du der Erste, den ich angerufen habe, als ich im Krankenhaus aufgewacht bin. Nicht Aiden, nicht Malía, das warst du. Aber Malía hat dir mehr oder weniger eine Gehirnwäsche verpasst, weshalb du denkst, dass ich angefangen habe, dich auszuschließen, als Jamie gestorben ist. Wenn du das glauben willst, nur zu. Ich halte dich nicht mehr davon ab, die Wahrheit zu verleugnen. Und jetzt lass mich verdammt nochmal zu meinem Auto, falls du jemals Kinder haben willst."

Er macht keine Anstalten, zur Seite zu gehen, sondern kontert herausfordernd.

"Nicht ganz, du Lügnerin. Als du mit Malía geredet hast ist sie herausgekommen und meinte, du wolltest mit nie..."

"Halt mal die Luft an, James. Ich habe nie zu Malía gesat, sie solle irgendetwas in der Art ausrichten. Ich sagte ihr, sie solle dich holen, du warst in dem Moment der Einzige, mit dem ich reden wollte. Ich habe bis eben nicht verstanden, weshalb du nie gekommen bist. Und jetzt geh zur Seite, du bist mir meine Zeit nicht mehr Wert."

Er rührt sich nicht von der Stelle, sondern sieht mich nur herausfordernd an.

Aber mit einem Mal runzelt er die Stirn, und noch bevor er etwas sagen kann, stürmt Derek an mir vorbei und verpasst ihm einen Kinnhaken, dass er ein paar Schritte nach hinten stolpert.

Er hält sich sein Kinn und sieht sehr, sehr wütend aus. Er will auf Derek losgehen, woraus aber nichts wird, weil er von Marcus und Dean aufgehalten wird. Ich dagegen halte Derek davon ab, erneut auf James loszugehen, der es zwar verdient hätte, aber Derek braucht nicht wegen einer Schlägerei einen Verweis zu kassieren.

Derek scheint sich etwas zu beruhigen, weshalb ich ihn weiter zurückdrängen kann, sodass ich vor ihm stehe und ihm in die Augen sehen kann.

"Derek, lass es, es sei denn du willst einen Verweis kassieren."

Er sieht mich an, als würde ihm erst jetzt klar werden, was er eben getan hat. Langsam löst er den Griff meiner Hände um seine Schultern, dreht sich um und geht, ohne sich noch einmal umzusehen.

HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt