Capitolo 2

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„Und wieso möchtest du nicht?", fragte mich Phil nun doch unsicher.
„Ich...ach keine Ahnung. Ist eine...eher... private Geschichte?", stammelte ich.

Phil nickte bedacht und überlegte einen Moment.
„Hör zu, ich komme gerade vom Sport und wohne zwei Straßen weiter. Ich sollte das echt nicht machen, vor allem da du sicherlich noch nicht 18 bist, aber ich könnte dich rein theoretisch mit zu mir nehmen, dich versorgen und dann rufen wir deine Eltern an.
Und du erzählst du mir wovor du so doll Angst hast. Deal?"

Die Anspannung fiel etwas von mir ab, allerdings sträubte ich mich davor, direkt mit einem Typen mitzugehen, den ich erst seit ein paar Minuten kannte.
„Ich bin 16. Gibt es eine Möglichkeit, dass Sie mir zuerst ihren Ausweis oder Schild oder wo auch immer das draufsteht zeigen können?", forderte ich skeptisch.

Er lachte. „Klar. Liegt zuhause auf meinem Tresen. Mach dir keine Sorgen. Bevor du mit reinkommst bring ich ihn runter, okay? Und bitte sag einfach Phil zu mir, sonst fühle ich mich alt."
„Kay."

Ich hatte keine andere Möglichkeit. Das war meine einzige Chance unbemerkt aus der ganzen Sache rauszukommen, ansonsten würde ich im Krankenhaus oder auf einer Polizeiwache landen und wenn mein Bruder das morgen erfuhr würde ich im wahrsten Sinne des Wortes mein blaues Wunder erleben. Und dieser Doc würde mich dem Anschein nach niemals auf der Straße zurücklassen, wovor sollte ich jetzt also noch Angst haben?

„Gut. Wird dir schon ein bisschen wärmer? Wie auch immer du hier gelandet bist, du hast dir zum Glück nicht die schlimmste Nacht ausgesucht, die nächsten Tage soll es noch kälter werden." Er schaute mich aufmunternd an. „Glaubst du du kannst dich aufsetzten und dann langsam aufstehen?"

„Ja ein bisschen und glaub schon.", erwiderte ich fest. Meine Glieder waren immer noch steif vor Kälte und so kniete sich Phil direkt vor mich und stellte meine Beine vorsichtig hin und drückte mit einer Hand meinen Oberkörper in eine sitzende Position.

„Alles okay soweit? Wir warten noch eine Minute." Ich nickte müde. Ich richtete meine gesamte Konzentration darauf, mich von meinen Schmerzen mit anderen Gedanken abzulenken.
Währenddessen bemerkte ich, wie Phil mich eingehend musterte und schaute beschämt weg. Ich musste ein erbärmliches Bild abgeben.

„So jetzt können wir. Mach bitte das was ich sage: Als erstes stehen wir langsam zusammen auf. Ich hab dich, du kannst also nicht fallen."
Er griff nach meiner Hand und legte behutsam seinen Arm um mich. „Und los."

Ich stemmte mit aller Kraft meine Beine in den Beton während der Doc mich mühelos in eine stehende Postion brachte und sich schützend hinter mich stellte als gefährlich schwankte.
„Beine durchdrücken und gerade nach vorne schauen. Tief durchatmen. Besser?"

Ich gab ein angestrengtes „Jip" von mir und machte einen kleinen Schritt nach vorne. Gottseidank klappte das ohne weitere Probleme. Nun ließ Phil mich los, stellte sich vor mich und knotete die Wärmedecke um meinen Schultern zusammen bevor er sich wieder an meiner Seite begab und mich am Arm stützend festhielt.

„Mach ruhig Noah. Dein Kreislauf ist noch ziemlich im Keller."
In langsamen Tempo führte mich der Lockenkopf nun also bis vor ein helles Mehrfamilienhaus.
„Ich wohne oben in der 3. Etage. Wir haben aber einen Aufzug, der ist hier wohl besser angebracht.", merkte er lächelnd an.

„Ich bin in zwei Minuten wieder da, ich geh bloß schnell die Karte holen. Komm mit ins Treppenhaus."
Als Phil wiederkam brachte er mir eine weiße Karte mit Lichtbild. Dort stand ‚Dr. Phil Funke; Notarzt' und noch etwas kleingedrucktes was ich aber nicht erkennen konnte. Er schien wohl auch als Arzt oder so hier im Uniklinikum Köln zu arbeiten.

Auf jeden Fall glaubte ich ihm und nun saß ich in seiner Wohnung auf dem Sofa, ein kaltes Glas Wasser in der Hand, welches ich erst mit einem ungläubigen Blick betrachtete, welchen Phil natürlich quittierte und mir erstmal erklärte wie man einen Unterkühlten am besten wieder aufwärmte. Nämlich nicht mit Tee und einem heißen Bad. Wenigstens dieses golden-silberne Ding hatte er durch eine richtige Decke ausgetauscht.

Phil war kurz verschwunden und kam mit einem roten Rucksack wieder. „Bist du damit einverstanden, wenn ich dir jetzt einen intravenösen Zugang lege? Da kommt dann eine Infusion dran, mit der ich dich gerne ein bisschen aufpäppeln möchte."

„Aber nur wenn du mir die Nadel nicht in die Armbeuge sondern in den Handrücken stichst. Ich hatte das schonmal im MRT und das war total unhandlich. Ich hatte Angst meinen Pulli anzuziehen und musste dann mit T-Shirt über das Klinikgelände zur anderen Ambulanz.", grinste ich erschöpft.

„Wenn ich eine gute Vene bei dir finde piekse ich dich gerne in die Hand.", lachte er mich an.

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Danke für die mega motivierenden Rückmeldungen unter dem letzten Kapitel :D
Ich hoffe das mit der Unterkühlung ist medizinisch korrekt.😅
FunFact: Das mit dem MRT ist wirklich so passiert und ich durfte mit dem Zugang über das ganze Klinikgelände laufen weil der Arzt der Meinung war er könne ihn drin lassen, da mir sowieso noch Blut abgenommen werden müsse. Und dann wussten die in der Ambulanz halt echt nicht wie sie mir daraus Blut abnehmen xD

UND MORGEN FRÜH BIN ICH TOT.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt