Es ist mal wieder einer dieser Tage. Aber einer der Guten.
Endlich habe ich es geschafft den ersten Automaten hier in Pyongyang, an einem wichtigen Knotenpunkt, aufzustellen. Dort kann sich nun jeder einen Snack, Kaffee oder Tee holen, der es nicht geschafft hat zu Hause zu frühstücken oder einen kleinen Hunger zwischen durch verspürt.
Gerade schließe ich die Tür zu meinem Büro ab und stelle fest, dass ich gut in der Zeit liege. 15 Uhr ist es - das Meeting des heutigen Tages ist so schnell verflogen.
Lächelnd trete ich aus dem Gebäude, überlege schon ob ich mit einer Freundin zum nächsten Moranbong Konzert gehe, als mich etwas überrascht. "Wo ist mein Taxi?", denke ich mir. Ich warte noch einige Minuten geduldig, doch muss feststellen, dass es wohl nicht kommen wird, auch bei dem Taxiunternehmen nimmt niemand ab. "Was soll das?",frage ich mich, wobei ich erst jetzt feststelle, dass weit und breit keine Menschen zu sehen sind.
Mein nächster Weg führt zur U-Bahn Station, die gleichzeitig als Luftschutzbunker agiert. Eventuell ist ja eine Übung, von der ich vor lauter Arbeit nichts mitbekommen habe?
Doch auch dort ist keine Menschenseele - hier bewegt sich kein Zug, auch auf den Straßen fährt sich kein einziges Fahrzeug -ich befinde mich in einer Geisterstadt.
"Dann lauf ich eben nach Hause...", denke ich mir und lasse mich von der Rolltreppe wieder hinauf befördern. Nervös versuche ich meine Freunde und Kollegen anzurufen, welche ebenfalls nicht zu erreichen sind.
Ich laufe den Bürgersteig neben der Hauptstraße entlang und komme am neuen Automaten vorbei, aus dem ich mir eine Dose Arizona-Tee genehmige und mir für zu Hause ein Päckchen Ramen mit Gemüsegeschmack herausziehe.
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Pyongyang Nights
Short StoryJaewoo ist vor seinen Verfolgern entkommen, indem er vor rund 5 Jahren nach Nordkorea geflüchtet ist. Dort hat er sich eine Existenz aufgebaut und lebt ein glückliches Leben als Geschäftsmann im Zentrum der Hauptstadt Pyongyang. Jedoch meint es das...