Pyongyang Nights

4 Uhr

"Leutnant, ein Deutscher!", ruft der Schlaksige, "Er trägt das Parteiabzeichen!" "Lassen Sie mich kurz allein mit ihm, in Ordnung? Schnappen Sie sich den alten Berger und machen Sie weiter!", befielt der Blauäugige dem Braunäugigen.
Wieder höre ich Schüsse fallen und Menschen schreien, als der Leutnant in meine Wohnung tritt. Erst jetzt bemerke ich, dass seine Lederstiefel in Blut getränkt sind.
Vorsichtig schließt er die Tür hinter sich, wortlos führt er mich weg von der Tür und in die Küche, wo er sein Maschinengewehr von der Schulter nimmt, es an den Holztisch lehnt und sich setzt.
"Sie... Leutnant? Sind Sie es?", kommt nur stockend aus meinem Mund. "Was?", fragt er nun, als würde er so tun, als würde er nie von mir gehört haben,"Kennen Sie mich etwa?" Mit etwas Mut sage ich ihm:"Noch vor ein paar Stunden unterhielten wir uns auf dem Mansu Hügel beim Großmonoment Mansudae, Leutnant."
Nun wird er hellhörig, in seinem Blick erkenne ich Verwirrtheit und zugleich Schockiertheit. Er wird schlagartig kreidebleich im Gesicht. "Völlig unmöglich, da habe ich noch geschlafen.", lacht er ungläubig in sich hinein,"Aber... Ich habe davon geträumt, also von dieser Begegnung." "Sie gaben mir dieses Parteiabzeichen und ein Buch, wissen Sie noch?", frage ich vorsichtig und setze mich ihm gegenüber. Er schüttelt den Kopf:"Das ist völlig unmöglich..." Der Mann greift sich in eine der Brusttaschen und muss feststellen, dass sein Anstecker fehlt. Der Leutnant wirkt schockiert:"Wie ist das möglich?"
Ich räuspere mich, stehe auf und setze heißes Wasser für einen Kaffee und Tee an:"Ich weiß es nicht, Leutnant, aber Sie haben mir damit das Leben gerettet. Ich bin mir sicher, ohne das Abzeichen hätte mich ihr Kollege sofort erschossen." "Da könnte was dran sein...", grummelt der Hübsche, als ich zwei Tassen aus dem Schrank nehme und in die Erste Instantkaffee einrühre und sie zu ihm auf den Tisch stelle. In meine Tasse kommt ein Beutel schwarzer Tee.