Kapitel 2

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„Ihr trefft euch Morgens um Viertel vor 8 vor dem
North Coast Hospital" hatte Jacob gesagt.

Jetzt war es mittlerweile 5 Minuten vor 8 und von dem Super-Agent war nicht die geringste Spur zu sehen.

Wenn ich spät dran wäre, würde er sicher schon ohne mich reingegangen sein.
Tatsache war aber, dass ich bereits seit einer halben Stunde hier wartete, einfach nur um einen guten ersten Eindruck bei meinem Undercoverpartner zu hinterlassen.

Genervt packte ich meine Tasche vom Boden und schaute mich nochmal um.

Eine jungeFrau kam mir mit einem Kinderwagen entgegen, drei Männer standen 10 Meter neben mir und rauchten und ein alter Senior gaffte mich mit offenem Mund kaugummikauend ebenfalls schon seit 15 Minuten an, aber ansonsten sah ich nichts und niemanden!

Ich hatte doch gleich gesagt, dieser Einsatz konnte nur schiefgehen.

Aber wenn schon nicht bei meinem Partner, dann wollte ich doch wenigstens bei meinem vorübergehenden Chef einen guten Eindruck hinterlassen und nicht direkt am ersten Tag zu spät kommen.

Dieser Agent Merlin konnte mich mal!

* * *

Auf die Minute genau stand ich vor dem Büro der Stationsleitung der Aufnahmestation und klopfte an.
Ein raues „Herein" ertönte und ich öffnete die hellgraue Tür.
Ein Mann mittleren Alters saß an seinem Schreibtisch und schaute mich freundlich an.

„Ach, Mrs Illenia, richtig?" er erhob sich und präsentierte in seinem dunkelblauen Hemd einen gut geformten Körper.

„Ms Illenia" berichtigte ich, nickte aber und schüttelte ihm lächelnd die Hand.
„Aber nennen Sie mich ruhig Navinia."

„Gut Navinia, ich bin Toby. Nehmen sie doch ruhig Platz!" er deutete auf einen freien Stuhl gegenüber seines Tisches.
„Sie haben in ihrer Bewerbung geschrieben, dass sie vor 5 Jahren für 2 Jahre als Krankenschwester tätig waren. Stimmt das?" auch er nahm wieder Platz.

Ich hatte zwar keine Bewerbung geschrieben, sondern Jacob, aber stimmen tat es trotzdem, also nickte ich bestätigend.

„Gut, dann denk ich kennen Sie das meiste ja noch. Dann lasse ich sie heute mal riskanterweise direkt auf die Patienten los" lachte Toby in der Annahme, dass seine Bemerkung lustig war.
Ich ließ ihn in dem Glauben und lächelte ebenfalls.

„5 Jahre sind eine ziemlich lange Zeit, weshalb haben Sie aufgehört zu Arbeiten und was haben Sie in der Zwischenzeit gemacht?" fragte er neugierig weiter und kramte einige Zettel aus einem Ordner.

„Ich hatte damals ne langzeitige Affäre mit meinem Stationsarzt und als ich das ganze beendet wollte, hat er mir das Leben zur Hölle gemacht. Dann bin ich nach LA gezogen und hab 4 Jahre dafür gebraucht ein guter Detective zu werden, um genau gegen solche Idioten anzukämpfen und seit dem arbeite ich fürs LAPD und bin hier nur undercover eingeschleust worden um mit einem unnützen Partner vom DEA ein Medikamentenhandel zu stoppen."

Das zumindest wäre die Wahrheit, doch stattdessen sagte ich nur:
„Ich bin für drei Jahre ehrenamtlich nach Afrika gegangen und die letzten zwei Jahre hab ich mich um meine demenzkranke Mutter gekümmert."

Wenn meine überdurchschnittlich gesunde Mutter mich jetzt hören würde, würde sie mir den Hals umdrehen.

Erstaunen und Bewunderung war in dem Gesicht meines Gegenübers zu erkennen.
„Oh, darüber müssen sie mir unbedingt mehr erzählen. Also nein, ich meine über Afrika nicht über ihre kranke Mutter. Also es sei denn sie wollen reden, dann ehm.. stehe ich Ihnen natürlich gerne helfend zur Seite!"

Schnell und peinlich berührt über das soeben angeschnittene Thema, erhob er sich erneut.
„Dann zeig ich Ihnen mal die Station. Danach haben wir noch genug Zeit für den Papierkram."

Nickend folgte ich ihm.
Auf dem Flur war es ziemlich ruhig. Sicherlich frühstückten die meisten Patienten noch, oder es lief gerade die Arztvisite.

„Wie sie bestimmt mitbekommen haben ist dies die Aufnahmestation. Also werden sie hier Patienten der Gynäkologie, Unfallchirurgie und auch allen anderen Bereichen haben. Also wird es schön abwechslungsreich, so wie sie es sich gewünscht haben."

„Ach, hab ich das?" fragte ich verwundert.

Verständnislos sah mich Toby von der Seite an.
„In ihrer Bewerbung?"

„Ach ja richtig, die Bewerbung" stimmte ich schnell zu und hätte mich am liebsten geohrfeigt. Ich sollte sie mir später wirklich mal anschauen.
Wer weiß, was Jacob noch so alles geschrieben hatte.

„Übrigens hat mich ihre Bewerbung sehr überzeugt. Auch das Bild war sehr schön. Wir haben hier selten so attraktive Krankenschwestern"
Toby's Gesichtsfarbe änderte sich leicht ins rötliche, als er mir das Kompliment machte.

Was hatte mein Boss bitte alles in die Bewerbung geschrieben?!
Vielleicht auch noch „Single auf Suche" ?!

Schweigend ging ich neben Toby den Gang runter bis wir am Ende ankamen.
„Ab hier beginnt die Station. Hier auf der rechten Seite ist der Lagerraum, wo sie Wäsche, Spritzen, Pampers, und alles was so benötigt wird finden können" er ging weiter und ich folgte unauffällig.

„Direkt daneben ist das Arztzimmer und gegenüber das Schwesternzimmer, quasi euer Aufenthalts- und Pausenraum. Aber ich werde auch mal ab und zu vorbei kommen und mich erkundigen, ob alles in Ordnung ist."

Er öffnete die besagte Tür und offenbarte ein helles, lichtdurchflutetes Zimmer.
Ein Sofa an der Fensterrückwand, welche einen einenatemberaubenden Ausblick auf Ontario bot.
An der rechten Seite eine kleine Kücheninsel und links ein Tisch mit mehreren Stühlen, wo gerade zwei Schwestern saßen und auf den Flachbildschirm an der Wand starrten.

Als Toby sich räusperte schauten sie verwundert zu uns rüber.
„Hi" erdeutete auf mich. „Das ist Navinia Illenia. Ich hab euch doch schon von Ihr erzählt. Sie ist auch ausgelernte Krankenschwester und hat heute Ihren ersten Tag hier bei uns im NCH."

Die eine Frau in ungefähr meinem Alter kam lächelnd zu mir rüber und reichte mir die Hand.
„Hi ich bin Rosalie. Aber bitte nur Rose. Ist duzen okay?"

Ihre offene liebevolle Art machte sie mir auf Anhieb sympathisch.
„Ja natürlich!" lächelte ich ebenfalls.

Auch die Ältere der beiden kam lächelnd zu mir, jedoch erreichte ihr Lächeln nicht so wirklich ihre Augen.

Nicht direkt so negative denken, sondern ihr auch eine Chance geben, sagte ich mir selbst.

„Hi, ich bin Eliza. Auf eine gute Zusammenarbeit!" stellte sie sich mir vor und ich behielt mein freundliches Lächeln.

„Gut, vielleicht kann eine von euch Navinia für heute erstmals unter ihre Fittiche nehmen und dann findet sie sich auch gleich viel besser und schneller hier zurecht."

„Natürlich, komm ich zeig dir alles!" grinste Rose und zog mich mit sich mit zur Tür.

„Übrigens hier," sie öffnete im Vorbeigehen eine Schublade, die bis oben mit Süßigkeiten vollgestopft war, „kannst du dich immer frei bedienen!" und schon wurde ich an einem verdutzt blickenden Toby und einer kritisch guckende Eliza vorbei in den Flur gezogen.

Auf in den Kampf, würde ich dann mal sagen...

UndercoverWhere stories live. Discover now