Undercover

Kapitel 5

Ich schaute mich auf dem Flur um.
Kein Mensch zu sehen. Keiner der uns hätte beobachten können.

„So, was gibt es denn..."
Sobald Avery die Untersuchungszimmertür hinter sich geschlossen hatte, packte ich ihn am Kittelkragen, wirbelte herum und knallte mit ihm zusammen gegen die gegenüberliegende Wand.

Ein schmerzvolles Stöhnen entwich meinem Gegenüber und ein leicht wütender Gesichtsausdruck schmückte sein Gesicht.
„Was in aller Welt wird das?!"

Ich lächelte falsch.
„Was das wird? Sagen Sie's mir Doctor Merlin!" in seinem Gesicht blitzte Enttäuschung auf.

„Shit, ich hab gehofft, es würde noch etwas länger dauern, bis sie's rausbekommen!" meckerte Avery und zog ne Schnute.

Fassungslos starrte ich ihn an. Das war alles was er dazu zu sagen hatte?
Doch plötzlich hellte sich seine Miene auf und beinahe glücklich rief er:
„Das bedeutet ja, dass ich ziemlich gut schauspielern kann und hier drin echt seriös bin!"

Die Temperatur in mir machte sich immer weiter auf dem Weg zum Siedepunkt, doch bevor ich explodieren konnte, schreckte mich eine Stimme von der Seite hoch.

„Schauspielern? Was meinen Sie, Avery?"
Toby stand mit einem immer noch vollem Karton Abführmittel im Arm mitten aufem Flur!

Rückartig wich ich einen Schritt nach hinten und ließ Avery los, welcher erstmal einen theatralischen Seufzer präsentierte.

„Toby, du... ich meine, das ist jetzt alles sehr kompliziert und, also..." stotterte ich und schaute verzweifelt zu meinem Gegenüber, doch als ob er nicht gecheckt hätte, was hier gerade ablief, strich er erstmal seinen Kittel glatt und sortierte seine Kugelschreiber in der Brusttasche nach Farben.

„Also was ich sagen will." begann ich erneut, ohne auch nur ansatzweise auf die Hilfe Averys zu hoffen. „Das hat sich grad anders angehört, als es ist."

Das Fragezeichen über Tobys Kopf verstärkte sich nur.
„Lass gut sein, Navinia. Wir sind doch eh schon aufgeflogen!"

Was?! Meine Augen feuerten 1000 Pfeile in seine Richtung. Selbstverständlich alle auf seinen Kopf gerichtet.
Das konnte nicht sein Ernst sein!! Was war er für ein Agent?!

„Worin aufgeflogen?" bohrte Toby weiter und sah verständnislos zwischen uns beiden hin und her.

Ich wollte gerade wieder einsetzen, doch Avery kam mir zuvor.
„Ich hab Navinia betrogen!" murmelte dieser und sah mit traurigem Blick auf den Boden!

„Was?"
„WAS??!"
kam es synchron von Toby und mir. Und ihr könnt euch sicher denken, wer wen übertönte.

Mit einem Schritt war Avery bei mir und packte mich an den Schultern. In seinen Augen standen Tränen und er biss sich auf seine Unterlippe, als müsse er sein Schluchzen unterdrücken.
„Schatz, ich hab dir schon gesagt, dass es mir leid tut, bitte gib mir noch eine letzte Chance!"

Ein immer noch schockierter, aber jetzt immer mehr ein trauriger Zug breitete sich auf Tobys Gesicht aus.

Völlig perplex stand ich nur da und wusste nicht an welcher Stelle ich jetzt einsteigen oder wo ich doch lieber aussteigen sollte.
„Liebling!" raunte Avery mit zittriger Stimme und zog mich an seine Brust. Eine Gänsehaut machte sich auf meinem ganzen Körper breit.

„Ich versteh nicht ganz" Toby balancierte den Karton mit einer Hand, während die Andere eine Haarsträhne aus seiner Stirn wischte.
„Also Sie und Navinia, ihr, also ihr seid ein Paar?"

„Nein!" keuchte ich und befreite mich energisch aus Averys Armen.

Avery warf mir einen wütenden Blick zu, den nur ich sehen konnte und deutete mir an, dass ich doch mitspielen sollte!

Ich zögerte ein Moment. Also gut!
Ich würde mitspielen, aber ich würde nach meinen Regeln spielen. Und mit meinen Regeln sah die Geschichte bei weitem anders aus, als bei Avery!

Ich wischte mir eine imaginäre Träne aus dem Augenwinkel und presste mir die andere Hand vor die Lippen.
„Es war ja nicht das erste Mal, Ave!" meine Stimme brach ab und ein bühnenreifer Seufzer entfuhr mir. Doch ich hatte noch keine Zeit mich auf meinen Lorbeeren auszuruhen.
„Es ist aus!" presste ich hervor und wand mich zum Gehen, um diesen wortwörtlichen Theater ein Ende zu bereiten.

Doch Avery versuchte seine Geschichte weiterhin zu verteidigen, indem er meinen Arm packte und mich wieder zu sich zog.
„Fass mich nicht an!" zischte ich wütend.

„Wir schaffen das Navy!" Schockiert verzog ich das Gesicht bei seinem Spitznamen für mich!
„Wir wollen doch nicht, dass wegen eines persönlichen Konflikt unsere Arbeit darunter leidet!"

Ach jetzt kam er auf diese Tour!

„Nein, aber du meintest doch, dass du so überaus gut schauspielern kannst!"
rief ich ironisch.
Ich schnappte mir den Karton mit den Abführmittel aus Tobys Händen und knallte ihn Avery vor die Brust.
„Und der Medizinische Schauspielerpreis geht an, Avery Noah Merlin!"

Mit diesen Worten drehte ich mich um und flüchtete ins Schwesternzimmer!
Ave konnte mir gerade sowas von gestohlen bleiben!

* * *

Ohoh, da fliegen die Fetzen!
Was Avery jetzt wohl mit dem ganzen Karton Abführmittel vor hat?
Aber ich dachte mir nachträglich zum Weltfrauentag kommt mal ne Ladung Frauenpower!
Was wohl noch so bei den beiden passiert, seid gespannt😊
Ly CoH