Briefe

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Auf dem Rückweg von meinem Nachtdienst mache ich mir wieder einmal über meine Zukunft Gedanken. Ich hatte mir ja schon gedacht, dass es schwierig werden würde direkt eine Stelle als Notfallsanitäterin zu finden, aber dass ich zum Teil noch nicht einmal Absagen, sondern einfach gar keine Rückmeldung erhalte, finde ich schon heftig. Ich meine es schadet doch keinem zumindest ein kurze E-Mail mit: „Sehr geehrte Frau Leonard, wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass sie für unsere Rettungsdienststelle nicht in Betracht kommen. Mit freundlichen Grüßen XXX" zu schreiben.
Sehr frustrierend das Ganze. Endlich angekommen nach meiner langen Schicht und tierisch müde kann ich feststellen, dass zumindest keiner zu Hause ist. Das ist das Gute wenn ich 12-Stunden Nachtschichten habe und erst um 9 Uhr morgens zu Hause bin. Keine Konversationen mit meiner Familie, sondern einfach nur Ruhe!
In der Eingangshalle, ja Halle wohnen tue ich ja noch zu Hause und mit meinen erfolgreichen Eltern ist das Haus eben eine Villa, sehe ich die Post durch, die ich eben mit hereingenommen habe.

Ich sortiere den Stapel in Briefe für meine Mutter, meinen Vater und mich. Tatsächlich sieht es so aus, dass nicht nur Rechnungen und Kontoauszüge dabei sind, sondern auch ein Brief aus Köln, für mich! Vor etwa zwei Monaten habe ich mich so ziemlich überall beworben und endlich bekomme ich eine Antwort!
Mit zitternden Händen reiße ich den Brief auf. Bitte, bitte keine Absage!
Ich überfliege die Zeilen:

„Sehr geehrte Frau Leonard,

es freut uns Ihnen mitteilen zu können, dass Ihre Bewerbung bei uns auf großes Interesse gestoßen ist. Bitte melden Sie sich telefonisch, um ein Vorstellungsgespräch zu vereinbaren.

Wir freuen uns von Ihnen zu hören!

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Strobel
Dienstgruppenleiter (DGL)
Rettungswache Köln-Süd"

„Yes!!!", rufe ich laut aus. Zum Glück bin ich alleine zu Hause. Mit einem Schlag werde ich hellwach. Von der Müdigkeit von eben ist nichts mehr zu spüren.

Tausend Fragen stellen sich mir. Will ich wirklich nach Köln? Kann ich mir so kurzfristig Urlaub nehmen? Und überhaupt: Wie komme ich nach Köln. Ich fühle mich total überfordert. Ich habe gar nicht mehr damit gerechnet überhaupt eine Antwort zu bekommen. Ich merke wie sich mein Herzschlag beschleunigt und ich immer aufgeregter werde. Ich will da jetzt anrufen! Sofort! Hektisch suche ich nach der Nummer, die ich nach gefühlt ewigem Suchen zum Schluss auf dem Briefkopf erkenne. Wer lesen kann ist klar im Vorteil. Mit meinen Gedanken irgendwo wähle ich die Nummer und drücke auf den grünen Hörer. „Piep, Piep, Piep. Kein Anschluss unter dieser Nummer. Piep, Piep, Piep. Kein An..." Ups... Da habe ich mich wohl verwählt. „Ok Lotte", sage ich zu mir selbst, „wir beruhigen uns jetzt erstmal, suchen alle Unterlagen, die wir abgeschickt haben zusammen, bereiten uns mental auf das Gespräch vor und probieren es dann nochmal".

Hat ja keinen Sinn, so durchgedreht, wie ich gerade bin... Ich atme ein paar Mal tief durch und merke, wie ich wieder ruhiger werde. Ich gehe nach oben in mein Zimmer, suche meine Bewerbungsunterlagen, die ich damals abgeschickt habe, zusammen und setzte mich mit dem Brief, den Unterlagen und meinem Handy aufs Bett.

Wenn ich tatsächlich nach Köln zum Vorstellungsgespräch muss, werde ich mir Urlaub nehmen müssen. In einem Monat ist meine Dreijährige Ausbildung zu Ende und eigentlich habe ich sowieso noch Urlaub zur Verfügung. Ich bin froh, wenn ich viel arbeiten kann und nicht Urlaub habe und somit die Chance besteht meinen Eltern ständig über den Weg zu laufen. Also der Plan lautet wie folgt.
1. meinen jetzigen DGL Micha anrufen und fragen, ob es möglich wäre kurzfristig Urlaub zu nehmen und
2. in Köln anrufen.

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