Vorstellungsgespräch 1

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Mein Wecker weckt mich mit Helene Fischers „Atemlos durch die Nacht". Ich kann dieses Lied wirklich nicht ausstehen, aber zumindest weiß ich so, dass ich ganz sicher aufwache. Hat alles Vor- und Nachteile. Ich merke, dass ich extrem nervös bin. Verdammt, ich darf das heute nicht vermasseln! Das ist schließlich DIE Chance, dass ich von zu Hause weg und einen Neuanfang starten kann.

Um neun Uhr sitze ich schon im Frühstücksraum des Hotels. Essen kann ich aber nichts, dafür bin ich einfach zu aufgeregt. Ich habe ein richtiges Kribbeln im Bauch und mir ist schlecht. Nervös nippe ich an meiner Kaffeetasse und versichere der netten Bedienung zum dritten Mal, dass alles in Ordnung ist, zumindest rede ich mir das selbst ein. Tausend Gedanken fliegen mir durch den Kopf, die eigentlich alle auf das Gleiche abzielen: Ich will diesen Job haben und was ist wenn es nicht klappt?

Nach einer ruhelosen Stunde im Frühstücksraum begebe ich mich wieder auf mein Zimmer. Mein Blick fällt auf das Sandwich, das ich gestern Abend gekauft habe. Habe wohl vergessen es zu essen. Ups...
Nervös wie ich bin putze ich meine Zähne, ziehe mich noch dreimal um und sitze schlussendlich auf dem Bett und drehe Däumchen.

Als es dann endlich Viertel vor 11 Uhr ist, springe ich auf und merke, dass mir leicht schwindelig ist, sodass ich mich kurz am Bett festhalte bis meine Sicht wieder klar ist. Ein bisschen weniger schnell ziehe ich meine Jacke an, nehme meine Tasche mit und mache mich auf den Weg zur Rettungswache. Nach einem Blick auf mein Handy sehe ich, dass es 10:53 Uhr ist. In zwei Minuten wollte ich da sein und mich melden. Fünf Minuten zu früh kommen, zeigt schließlich, dass ich engagiert bin, dachte sich mein viel zu nervöses „Ich" gestern Nacht, als ich eine Stunde wach lag. Zwei Minuten stehe ich also vor der Rettungswache, gucke mir das Schild „Rettungswache Köln-Süd" an und hoffe, dass mich keiner so sieht. Wäre ja schon ein bisschen peinlich und was sollte ich als Erklärung geben, wenn mich jemand fragt, wieso ich wie versteinert vor einer Rettungswache mit Blick nach oben auf das Schild stehe?

Mit noch immer viel zu viel Chaos im Kopf, total aufgedreht und mit beginnenden Kopfschmerzen, hätte den Kaffee heute morgen wohl doch weglassen sollen, betrete ich schließlich die Rettungswache, die menschenleer ist. Gibt hier anscheinend keinen Empfang. Aber nach ein wenig Suchen finde ich eine Tür, neben der ein Schild mit der Aufschrift „Dienstgruppenleiter Klaus Strobel" zu finden ist. Da bin ich wohl richtig. Total nervös klopfe ich an und trete nach einem freundlich klingenden „Herein!" ein. Der Mann hinter dem Schreibtisch steht auf und reicht mir die Hand: „Klaus Strobel mein Name. Sie sind dann sicher Charlotte Leonard, richtig?" „Genau", möchte ich antworten, doch es kommt kein Ton aus meinem Mund, sodass ich mich räuspere und dann nochmal anfange zu sprechen. „Genau, ich freue mich Sie kennen zu lernen Herr Strobel", sage ich schließlich. Herr Strobel schaut mich leicht belustigt an. Er merkt wohl genau, wie nervös ich bin. „Nennen Sie mich doch Klaus, wir duzen uns hier alle und sprechen uns auch beim Vornamen an. Setz dich doch!" Erfreut, aber auch ein wenig peinlich berührt, dass er mir die Nervosität so ansieht, antworte ich: „Danke sehr, aber nenne mich dann bitte auch Lotte".

„Alles klar Lotte, dann erzähl mir doch mal ein wenig von dir", sagt Klaus. Also fange ich an, erzähle über meine milde ausgedrückt nicht so erfolgreiche Schul- und Uni-Zeit und darüber wie froh ich bin mit dem Beruf des Notfallsanitäters etwas gefunden zu haben, was mir wirklich Spaß macht. „Und warum möchtest du nach Köln?", fragt mich Klaus. „Ähm...", antworte ich leise, „ich habe nicht das allerbeste Verhältnis zu meiner Familie und wäre froh über die Möglichkeit eines Neuanfangs. Und in Köln fühle ich mich irgendwie wohl." Zum Glück fragt Klaus nicht weiter nach, sondern sieht mich verständnisvoll an.

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