Das Festzelt steht auf einer grossen, frisch gemähten Wiese. Es ist umzingelt von einem Wald und einem Maisfeld. Im Vergleich zu normalen Festzelten ist dieses hier riesig. Nebst dem Volleyball-und Fussballfeld sind auch Strohballen und Hüpfburgen aufgebaut. Also perfekt für Kleinkinder und Vincent. Spass, gehe selbst sehr gerne Trampolin hüpfen.
Meine Oma geht mit schnellen Schritten und einer Torte zum Eingang des Zeltes. Vince und ich eilen ihr ebenfalls mit einem Kuchen, den wir gestern gebacken haben, hinterher. Beim Eingang werden wir von Onkel Daniel und meinen Cousins empfangen.
"Hey Julie, wie geht es meiner Lieblingszicke?" Mein Onkel zieht mich in eine Umarmung, während ich ihn leicht boxe für seine Bemerkung. Er nimmt es mir nicht übel und lacht. Daniel und ich verstehen uns sehr gut. Das mag daran liegen, dass wir uns charakterlich sehr ähnlich sind. Wir besitzen denselben Humor, lieben Karneval, Fussball ist unsere Leidenschaft und das Essen von Marianne schmeckt uns am besten. Obwohl es meistens Feldkartoffeln mit Spargeln gibt.
"Die Torten könnt ihr hinter die Bar in den Kühlschrank stellen. Anschliessend würde ich euch gerne mit anderen bekannt machen." Mein Onkel führt uns ins Zelt und zeigt uns den besagten Abstellplatz. Danach geht er mit uns auf eine Familie mit zwei Mädchen zu.
Er begrüsst den grossen Mann mit einem Handschlag. Die blonde Frau mit einem Kuss auf die Wange und die Töchter umarmt er."Julie und Vincent, dass ist Jürgen ein guter Freund von mir aus meiner Jugend." Der grosse Mann, Jürgen, geht auf uns zu und reicht uns seine Hand. "Freut mich euch kennenzulernen. Eure Mutter, Daniel und ich haben früher einiges zusammen unternommen." Ich nicke und gebe ihm meine Hand. Vince tut es mir gleich.
"Das hier ist Elise, seine Frau. Sie ist eine gute Freundin eurer Mutter gewesen." Elise zieht uns in eine Umarmung und sagt: "Du sieht deiner Mutter zum Verwechseln ähnlich." Ich lächle sie höflich an, da ich nicht weiss, was ich darauf antworten soll. Mit meinem Bruder wechselt sie auch wenige Sätze.
"Und das sind Zea und Clara. Sie sind in eurem Alter." Ich mustere die zwei. Clara hat dasselbe helle Haar wie ihre Mutter und blaue Augen. Dabei trägt sie ein rosanes Sommerkleid. Äusserlich ist sie eins zu eins der Typ von Vincent. Woraufhin ich meine Augenbrauen hoch ziehe. Vince gibt mir sofort einen Seitenhieb. Ich lache kurz und begrüsse dann Clara mit einer Umarmung. Schliesslich komme ich von der Stadt.
Zea ist das komplette Gegenteil ihrer Schwester. Sie hat dunkle Augen und dunkelbraunes, schulterlanges Haar. Ihr Hautton ist hell, fast schon weiss. Dabei hat sie eine gerade Nase und volle Lippen. Sie trägt ein gelbes T-Shirt und eine kurze Jeans-Latzhose mit gelben Vans.
Auch sie umarme ich und stelle fest, dass sie für eine vom Kaff erstaunlicherweise gut riecht. Verdammt gut.
"Du bist also die berühmte Juliette." Zea hat eine helle Stimme und schmunzelt bei ihrer Aussage.
"Wie man es nimmt, aber nenn mich doch bitte Julie.", sage ich schnell. Sie nickt und läuft zu den Strohballen. "Kommst du?" Sie schaut zurück und ich gehe hastig mit ihr.
Vince hingegen spielt mit Clara, Rafael und Valentin Fussball. Dabei merkt man eindeutig wie vernarrt Clara in ihn ist. Ich lache leise und lasse mich neben Zea ins Stroh fallen.
"Darf man mitlachen?" Zeas Mundwinkel zucken leicht.
"Es ist nicht wirklich witzig, aber deine Schwester scheint gefallen an meinem Bruder zu finden."
Zea stimmt mir zu und fügt an: "Kann ich ihr nicht verübeln, er sieht echt nicht schlecht aus." Zea beobachtet meinen Bruder, der gerade ein Tor erzielt. "Eure Eltern haben gute Arbeit geleistet.", sagt sie und betrachtet mich. Ich bedanke mich über ihr merkwürdiges Kompliment und wechsle schnell das Thema. Wir unterhalten uns über gewöhnliche Dinge, wie zum Beispiel Schule, Freunde und Hobbys.
Dabei erfahre ich, dass Zea auf ein Kunstgymnasium im Nachbarsdorf geht und ihre Lieblingsbeschäftigung das Zeichnen und Geigenspielen ist. Auch verbringt sie viel Zeit mit ihren Freunden an den Baggerlöcher oder bei einer Farrahdtour. Über meine Abneigung dieser Ortschaft erfährt sie schnell und reagiert locker darauf. Sie selbst hingegen verabscheut die Stadt, die vielen Menschen und den Altagsstress. Denn Zea liebt die Ruhe. Allgemein ist Zea der gemütliche Typ und geniesst das 'Jetzt', die Gegenwart.
"Ich glaube es gibt Essen." Zea setzt sich auf und geht schläunigst auf das Festzelt zu. Ich schüttle grinsend den Kopf und folge ihr. Unterwegs sammle ich meine Cousins und meinen Bruder auf. Zusammen gehen wir zum Buffet und lassen uns eine ordentliche Portion Risotto schöpfen. Ein Wunder, das es in diesem Kaff, keine Feldkartoffeln gibt.
Ich lasse mich auf einer freien Festbank nieder und stelle mein Risotto auf den Tisch ab. "Suchst du mich?" Zeas Stimme lässt mich aufschrecken, woraufhin sie schallend lacht. "Danke, war echt nötig.", grummle ich. "Seh ich auch so Julie und jetzt lass uns essen."
***
Nachdem Essen beschliesst Zea mir die Gegend zu zeigen. Zumindest das Baggerloch, welches nur fünf Minuten zu Fuss vom Festzelt liegt. Sie erklärt mir, dass sie zu dieser Zeit oft hier ist und meistens nach der Schule direkt hier hin geht. Sie liebt die Ruhe an diesem kleinen See. Die anderen Einwohner bevorzugen nämlich den Weiher im Nachbarsdorf. Dieser 'See' ist kaum besucht und Büsche, sowie Bäume umzingeln ihn und schotten ihn von der Menschheit ab.
Zea setzt sich auf den alten, schäbigen Steg. Ich lasse mich neben ihr nieder und ziehe wie sie die Schuhe aus, um die Füsse im Wasser baumeln zu lassen. Das Wasser ist angenehm warm und die Abendsonne scheint darauf.
"Ich habe Lust baden zu gehen.", sagt Zea und seufzt leise. Sie schien diesen Ort zu mögen, denn ihre Augen sind geschlossen und sie wirkt zufrieden. Zufrieden sitzend in der Abendsonne. "Und ich habe weder Badesachen, noch Wechselklamotten mit.", antworte ich und unterbrechen somit die Ruhe. Denn mit meiner Antwort habe ich mir Zeit gelassen.
"Sag mal, Julie..." Zea mustert mich von der Seite und seufzt leise. Sie will gerade zum Weitersprechen ansetzen, als mein Handy sie unterbricht. Ich entschuldige mich und stehe auf.
"Zea mein Kind, wo steckst du?!", die aufgebrachte Stimme meiner Oma erklingt. Marianne hasst es, wenn mein Bruder oder in diesem Fall ich, ohne Bescheid zu sagen, verschwinden. Denn sie macht sich übelst schnell Sorgen und es ist schon vorgekommen, dass sie mir einen Suchtrupp an den Hals gehetzt hat. Nur weil ich mich auf einem Kornfeld aufgehalten habe und die Zeit so schnell umgegangen ist. Aber ich kann sie verstehen, schliesslich hat sie die Verantwortung für uns."Ich bin mit Zea unterwegs.", sage ich und spüre ihren Blick auf mir. Zeas dunkle Augen durchbohren mich regelrecht. Nervös streiche ich mir eine Strähne hinters Ohr und versuche sie zu ignorieren. Fragt mich nicht wieso ich nervös bin, dass liegt nämlich daran, dass ich es hasse, wenn Leute mich für eine länger Zeit angucken.
"Ihr sollt euch beeilen!" Marianne legt auf. Normalerweise verabschiedet sie sich, aber ich denke, dass sie sich das Dessertbuffet nicht entgehen lassen möchte. Und ich auch nicht. Also rufe ich Zea und gemeinsam gehen wir stillschweigend zum Festzelt.
![](https://img.wattpad.com/cover/147312710-288-k611985.jpg)
DU LIEST GERADE
to be loved and to be in love
RomanceJulie, eigentlich Juliette, ist sich mit ihren Gefühlen gegenüber ihrem Freund immer sicher gewesen, bis sie auf Zea trifft. ---- "Auf dieser Welt gibt es nur zwei Arten von Glück, zu lieben und geliebt zu werden." - Zea