Als Ariel am Morgen erwachte blieb sie zunächst still und mit geschlossenen Augen liegen. Dann nach einer Weile konzentrierte sie sich auf ihr Umfeld und horchte. Nur ein weiterer Atem, noch dazu klang er so ruhig, dass die Person anscheinend schlief. Vorsichtig öffnete sie die Augen und sah sich um. Sie lag in einem Raum, der wie ein Schlafzimmer aussah, zu ihrer linken war ein großer Schrank, der sich über die ganze breite der Wand erstreckte. Vor ihr war die ganze Wand aus Glas; zumindest würde es also einen Notfallfluchtplan gaben, wenn es keinen anderen Ausweg gab. Rechts von ihr war ein Schreibtisch neben der Tür und daneben stand ein Sofa, auf dem jemand lag. Er musste derjenige sein, dessen Atemzüge sie gehört hatte. Er regte sich und sie erstarrte, als er sich ihr zu wandte. Atmete jedoch erleichtert aus, als er ruhig weiterschlief. Jetzt konnte sie sein Gesicht sehen. Es war der Junge, in dessen Armen sie das erste mal erwacht war. Vorsichtig stand sie auf, sie würde hier sicher nicht brav sitzen bleiben und darauf warten, dass er aufwachte! Also schlich sie leise zu der kleineren der zwei Terrassentüren.
Einen Augenblick zögerte sie und sah zurück, der Junge schlief nach wie vor tief und fest, also legte sie die Hand an den Türgriff und betete zugleich, dass sie unverschlossen war und nicht quietschte falls sie sich öffnen lies. Tatsächlich schien sie einmal in ihrem Leben Glück zu haben und die Tür lies sich ohne Probleme weit genug öffnen, damit sie hindurch schlüpfen und in den Garten entkommen konnte. Sie ging schnell und zielstrebig, auch wenn sie keine Ahnung hatte wohin sie gehen könnte, oder wo sie überhaupt war. Plötzlich nahm sie eine Bewegung neben sich wahr und wirbelte herum, bereit loszulaufen, falls jemand sie entdeckt haben sollte.
Lyrian gähnte, streckte sich und öffnete die Augen. Nur langsam sickerte der gestrige Abend zurück in sein Gedächtnis, doch als ihm das Mädchen in den Sinn kam, war er mit einem Schlag hellwach. Er hörte nichts also musste sie wohl noch schlafen. Vorsichtig, um sie nicht versehentlich zu wecken ging er um das Bett herum. Es war leer. Verdutzt blieb er einen Augenblick stehen, dann sah er sich um. Sein Blick fiel auf die Terrassentür, sie war offen. Er zuckte zusammen, Mist! In letzter Zeit ging aber auch alles schief was schief gehen konnte! Aber was hatte er denn erwartet? Das sie sich freudig hinsetzen und seiner Erklärung lauschen würde? Wohl kaum. Er konnte nur hoffen, dass die Tiger heute weggesperrt waren. Sie waren zwar eigentlich zahm, aber man konnte ja nie wissen, wie sie auf Fremde reagieren würden. Einen Moment dachte er nach, sollte er hinausgehen und sie suchen? Nein, lieber nicht, sie konnte schließlich überall hingegangen sein und der Garten war riesig. Außerdem war sie bestimmt nicht besonders gut auf ihn zu sprechen, immerhin war seins das erste Gesicht, dass sie gesehen hatte, nachdem man sie unter Drogen gesetzt und entführt hatte. Woher sollte sie wissen, dass nicht er es gewesen war, der sie entführt hatte. Also würde er nicht rausgehen sie suchen. Aber was konnte er dann tun? Plötzlich fiel ihm Ilias ein, den momentanen Hauptmann seiner Wache. Er war nett, zuverlässig und konnte gut mit Menschen umgehen, es war mit Sicherheit die bessere Wahl ihn zu schicken. Also ging er zur Tür und befahl einer der beiden Wachen, die vor seinem Zimmer Wache hielten, ihn unverzüglich zu holen.
Unvermittelt stand Ariel einer riesigen Bestie gegenüber, diese fixierte sie aus unergründlichen, tiefen Augen. Sie konnte sich nicht von ihrem Anblick losreißen, weshalb es eine Weile dauerte, bis sie bemerkte, dass der große Tiger sowohl am Boden lag, als auch keinerlei Anstalten machte sie anzugreifen. Erst nach einer schier endlos langen Zeit entspannte sie ihre Muskeln ein wenig und stellte sich wieder aufrecht hin. Der Blick der Katze folgte noch immer jeder ihrer Bewegungen und als sie jetzt ihre die Pfote sah, bemerkte sie erschrocken, dass das Tier aus einer Wunde blutete. Langsam, um den Tiger nicht zu erschrecken, ging sie auf ihn zu. Da das Tier keinerlei Anstalten machte sie zu beißen, ließ sie sich vor ihm in die Hocke sinken, für alle Eventualitäten fluchtbereit. Sie riss ein kleines Stück von ihrem ohnehin ruinierten T-Shirt und tupfte vorsichtig die Wunde der Katze ab. Als sie alles Blut beseitigt hatte, sah die Wunde gar nicht mehr so schlimm aus, nur ein kleiner Riss in der Samtpfote des Tigers. Doch da die Wunde noch immer blutete, riss sie noch einen langen Streifen des T-Shirts ab und wickelte den Stoff um die Pfote. „Besser so?“ fragte sie. Ihre Stimme klang heiser und erinnerte sie daran, dass sie schon seit längerer Zeit weder getrunken noch gegessen hatte. Mühsam Schluckte sie. Der Tiger stupste ihre Hand an und erhob sich. Er ging ein paar Schritte ins Dickicht, blieb dann jedoch stehen, blickte über die Schulter zu ihr zurück und gab ein tiefes, forderndes maunzen von sich. Einen Moment zögerte sie erstaunt, dann folgte sie der Katze ins Dickicht.
Ungeduldig ging Lyrian in seinem Zimmer auf und ab. Da, endlich, es klopfte. Eine der Wachen steckte ihren Kopf herein: „Prinz? Ilias ist hier, wie befohlen.“ Er blieb stehen. „Gut, sehr gut. Schickt ihn rein.“ Der Hauptmann trat ein und schloss die Tür hinter sich. „Ihr habt nach mir geschickt, mein Prinz. Dürfte ich fragen warum?“ Nervös begann er wieder auf und ab zu gehen. „Ich habe dich rufen lassen, weil ich mit dir sprechen muss.“ Ilias sah ihn ruhig an, denn obwohl er noch sehr jung war gab es kaum etwas, dass ihn aus der Ruhe bringen konnte. Das rechnete er seinem Freund hoch an. „Es ist wichtig,“ fügte er unnötigerweise noch hinzu. „Worum geht es?“ fragte dieser. Er blieb einen Augenblick stehen und sah Ilias an, nur um von neuem anzufangen hin und her zu laufen. Verdammt, er musste sich beeilen! „Du weißt das ich gestern Geburtstag hatte?“ „Selbstverständlich.“ Antwortete er noch immer vollkommen ruhig. „Du weißt was jeder Prinz traditionell an seinem 15 Geburtstag geschenkt bekommt?“ „Natürlich.“ „Du weißt ja auch, dass ich davon nicht besonders begeistert bin. Aber, nun ja, sie ist weggelaufen, während ich geschlafen habe! Einfach so!“ Da brach sein Freund in schallendes Gelächter aus. „Was hattest du denn erwartet? Das sie handzahm wie ein Kätzchen im Bett liegen bleibt, bis du aufwachst? Ich bitte dich, wohl kaum.“ Er warf ihm einen schneidenden Blick zu, „Nein, natürlich nicht, aber ich dachte mir, ich schicke dich sie suchen. Du kannst besser mit Menschen umgehen als ich, sie ist mit Sicherheit vollkommen verängstigt. Außerdem, glaube ich nicht, dass sie allzu gut auf mich zu sprechen ist, ich meine, sie wurde unter Drogen gesetzt, entführt und in eine Kiste gesperrt. Und beide male als sie aufwachte, sah sie nur mich. Ist es da nicht mehr als nur logisch, dass sie mich für ihren Entführer hält?“ Einen Moment schien er zu überlegen, dann antwortete Ilias: “ Da hast du recht. Also, was genau ist meine Aufgabe?“ Jetzt blieb er stehen und drehte sich um, „Ich möchte das du sie suchst und dich um sie kümmerst. Gewinne ihr Vertrauen und erkläre ihr die Situation, und wenn möglich sorge bitte dafür, dass sie keine Angst mehr vor mir hat. Ach und, Ilias, dass muss bitte unser Geheimnis bleiben, ich möchte nicht dass der König davon erfährt, sonst könnte er es womöglich selbst in die Hand nehmen und versuchen sie einzugewöhnen,. Und wir wissen beide, was er sich darunter vorstellt.“ Er wollte sich grade wieder abwenden, als ihm noch etwas einfiel, „Und ich denke sie dürfte seit längerer Zeit nichts mehr gegessen haben, also nimmst du vielleicht einfach ein paar Brötchen aus der Küche mit oder so.“ Ein lächeln glitt über das Gesicht seines Freundes. „Sorgst du dich etwa so sehr um sie?“ Er sah ihn verwirrt an: „Natürlich, ich trage doch die Verantwortung für sie.“ Das Lächeln wurde zu einem Grinsen, „Und, ist sie schön?“ Er dachte an ihre schlafende Gestalt in seinen Armen und an ihre Augen. „Natürlich, mein Vater hat sie immerhin persönlich ausgesucht.“ Er legte den Kopf schief. „Sie hat sehr schöne Augen, sie sind aquamarin Farben, trotzdem ihre Haare rot sind.“ „Aha.“ Erwiderte sein Freund gedehnt. Jetzt stieg ärger in ihm empor, was sollte das? „Na los, worauf wartest du noch?“ Ilias zuckte mit den Schultern, ging jetzt jedoch eilig hinaus. „Keine Sorge, ich werde sie schon finden, so viele rothaarige Frauen gibt es im Palast nicht.“ Murmelte er, dann schlug die Tür zu. Jetzt konnte er nichts mehr tun, als zu warten.
DU LIEST GERADE
Des Prinzen Aquamarin {On Hold}
RomanceLyrian ist der erste Prinz seines Königreiches und sein 15ter Geburtstag bringt allerlei Probleme mit sich. Denn in seinem Reich ist es Brauch, dass ein jeder Prinz an seinem 15 das erste MItglied seines Harems geschenkt bekommt. Doch Lyrian ist gän...