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Erst wenn dich die Welle des Todes überschüttet, weißt du die Luft zum Atmen wirklich zu schätzen
✧„Wie stehst du eigentlich zum Thema Alkohol?", wirft Xavier plötzlich ein, weshalb ich irritiert von meinem Buch aufsehe. Das Licht einer Straßenlaterne spendet mir das nötige Licht, um lesen zu können und beleuchtet nur sanft sein Gesicht.
„Ich trinke nicht gerne oder oft, aber warum sollte ich etwas dagegen haben?", stelle ich die Gegenfrage, wodurch er nachdenklich den Kopf schief legt. „Ich glaube die Menschen ertrinken eher in ihren Bechern, als im Meer", flüstert er in die Stille hinein.
Bestätigend nicke ich und lasse meinen Blick zu dem Buch in seinen Händen schweifen. „Wie kommst du nun darauf? Trinkt gerade der Protagonist in der Geschichte?" Zögernd schüttelt er den Kopf, doch erzählt mir auch nichts Genaueres.
Manchmal wird er von der einen auf die andere Sekunde ernst oder sogar besorgt und in diesem Zustand betrachte ich ihn jedes Mal mit anderen Augen. Aus dem niedlichen Orangehaarigen wird ein Erwachsener, der über das Leben philosophiert.
Der erste Tropfen trifft auf meinen Scheitel und überrascht sehe ich zu den gräulichen Wolken über mir. „Es fängt wohl an zu regnen", bemerkt Xavier nun auch und packt sein Buch in seinen Rucksack. Ich folge seinem Beispiel, bevor ich meine Hand auf dem Boden abstütze.
Sofort ziehe ich sie wieder weg, während ich überrascht die Pfütze neben mir bemerke. Von meinen Schuhen tropfen bereits ein paar Wasserperlen, da meine Fußsohlen bereits in einem kleinen See stehen. Der Stoff meiner Hose saugt sich mit Wasser voll und mein Pullover klebt mir unangenehm am Oberkörper.
Nasse Haare kleben mir in der Stirn und versperren teilweise meine Sicht. Gerade als ich mich darüber aufregen möchte, wie stark es doch regnet, strömt die Flüssigkeit nur in meinen Mund und fließt bereits meine Kehle hinab.
Die Fähigkeit zu reden wird mir genommen, da sich immer mehr Wasser in meinem Mundraum sammelt. Verzweifelt umgreife ich meinen Hals und versuche aufzustehen. Vergebens. Es endet eher in einem hilflosen Strampeln.
Meine Sicht ist verschwommen. Ich erkenne nur den orangenen Fleck, den ich als meinen besten Freund identifiziere, welcher sich wie in Zeitlupe auf mich zu bewegt. Seine Stimme ist gedämpft, seine Wörter unverständlich. Druck baut sich auf meinen Ohren auf.
Mit einem Mal werde ich aus meiner Panik gerissen, als Xavier mir einen trockenen Keks in den Mund stopft. Sämtliche Flüssigkeit ist auf einen Schlag verschwunden. Das einzige in meinem Mund ist dieses staubtrockene Stück Gebäck.
„Bekommst du Luft? Ist alles in Ordnung?", fragt er besorgt und fährt mit zitternder Hand durch meine halbwegs trockenen Haare. „Woher wusstest du, dass das funktioniert?", wundere ich mich und schlucke die zerkauten Kekskrümmel hinunter.
„Meistens bist du in Gedanken vertieft, sodass man dich nur daraus ziehen muss. Aber du hast weder auf meine Worte noch Berührungen reagiert", erklärt er, während seine Hand langsam aufhört zu zittern.
Dankbar schlinge ich meine Arme um seine Taille und drücke ihn sanft an mich. „Bedank dich nicht wieder, du würdest dasselbe für mich tun", nuschelt er in meine Halsbeuge, als könnte er meine Gedanken lesen. Leicht nicke ich. „Doch du würdest dich auch jedes Mal bei mir bedanken"
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Oneirataxia [BoyXboy]
Short StoryONEIRATAXIA (n.) the inability to distinguish between fantasy and reality ______________________ Zachary hat es nicht leicht. Im Alltag wird er des öfteren von Kobolden verfolgt, von Einhörner gejagt oder von Hexen verflucht. Trotz seiner depremier...