Die grünen Augen gehörten zu einem großen Jungen mit dunklen Haaren, der mit verschränkten Armen auf mich hinunterstarrte.
Ein paar Sekunden lang starrte ich nur zurück, bis mich meine schmerzenden Glieder daran erinnerten, was eben vorgefallen war. Ich sog zischend die Luft ein, als ich vorsichtig meine geröteten Ellenbogen betastete.
Unmut wallte in mir auf, als ich mich etwas zu schwungvoll aufrichtete und kurz schwankte, bevor ich mein Gleichgewicht wiederfand.Statt mich anzustarren hätte der Typ mir ruhig aufhelfen können. Überhaupt - wenn jemand sich verletzte, musste man dann doch keine dummen Sprüche raushauen!
Mein Ärger überdeckte meinen Schmerz und ließ mich meine Schüchternheit kurzfristig vergessen."Wenn du es unbedingt wissen willst - ich bin Felicia," erwiderte ich patzig. Meine Stimme klang in meinen Ohren wie die eines eingeschnappten kleinen Kindes.
Als der Typ vor mir nur die Augenbraue hob, fügte ich noch leicht säuerlich hinzu: "Mir geht es gut, danke der Nachfrage."Bevor er den Mund aufmachen und mir antworten konnte, tauchte hinter ihm Sophia auf und reckte ihren Kopf, um an dem Typen vorbeizusehen, der sich mir immer noch nicht vorgestellt hatte.
Als sie mich einigermaßen unverletzt sah, brach es sofort aus ihr heraus: "Oh Gott, Felicia, bist du unverletzt? Es tut mir so leid, dass ich dich eben allein gelassen habe! Ich wollte doch nur kurz einen Lehrer holen."Das alles hatte sie praktisch in einem Atemzug gesagt. Ich nutzte die Atempause, die Sophia gezwungenermaßen machen musste, um sie zu beruhigen, denn ich konnte sehen, dass es ihr ehrlich Leid tat.
"Mir geht's gut. Alles noch dran," erklärte ich also kurz.Man musste kein Drama daraus machen und ich war ja mit dem Schrecken und einigen blauen Flecken davongekommen.
Anstatt mich noch weiter mit diesem ignoranten Jungen hier vor mir zu beschäftigen, wendete ich mich Sophia zu und ließ den namenlosen Typen links liegen.
Manche Menschen verhielten sich so blöd, dass man sich nicht weiter mit ihnen abgeben musste."Und? Was hat der Lehrer gesagt? Wer ist mein Trainingspartner?", fragte ich mit dem Rücken zu dem Typen.
Sophias Miene wandelte sich und sie wirkte betreten und ein klein wenig peinlich berührt. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen und sah sie erwartungsvoll an. Als sie ein paar Mal den Mund öffnete und wieder schloss, offenbar nicht sicher, was sie mir sagen sollte, nahm meine Verwirrung noch weiter zu und ein unwohlen Gefühl beschlich mich.
Was war der Grund für ihr Zögern?"Eigentlich," erwiederte sie schließlich kläglich und scheinbar unsicher, wie ich reagieren würde,"habe ich ihn dir schon mitgebracht."
Oh.
Einen Moment lang konnte ich sie nur aus der Fassung gebracht anstarren, während die Erkenntnis langsam in mein Gehirn durchsickerte.
Dann jedoch traf mich die Wahrheit wie ein Schlag.Och nee, oder? Ernsthaft?!
Das wurde ja immer besser! Die ganze Welt hatte sich heute offenbar gegen mich verschworen. In Gedanken stieß ich einen abgrundtiefen Seufzer aus und fällte schicksalsergeben eine Entscheidung. Ich würde mich jetzt wohl umdrehen müssen.Es kostete mich einiges an Überwindung, aber weglaufen war keine Option, auch, wenn ich das hundert Mal lieber getan hätte. Mein Mut, den mir mein Ärger kurz zuvor noch beschert hatte, war verflogen, die alte Unsicherheit und Schüchternheit gegenüber Fremden zurück.
Gleichzeitig ärgerte ich mich darüber, doch ich konnte mich nicht einfach so ändern. Auch, wenn ich es mir wünschte.In meiner Fantasie war ich immer die Heldin einer Geschichte, die alles schaffte und von allen bewundert wurde. Sie verhielt sich heldenhaft und mutig. Wie oft hatte ich Abends schon im Bett gelegen und mich in eine andere Welt versetzt!
Die Realität entsprach nur leider dem Gegenteil meiner Vorstellungen von mir selbst.Anscheinend blieb mir dieses Mal doch keine andere Möglichkeit; hinter mich bringen musste ich es sowieso.
Mit einem Ruck drehte ich mich um und schaute den namenlosen Typen nervös an.Er für seinen Teil schaute mich mit neutraler Miene an.
In seinem Gesicht konnte ich keine Hinweise darauf finden, was er nach diesem Auftreten über mich dachte. Aus manchen Menschen konnte man lesen wie aus Büchern, doch dieses Exemplar vor mir war so verschlossen wie ein Tresor. Ich hätte jedoch eine Menge Geld darauf verwettet, dass er von meinem Gesicht auf alles, was mich gerade bewegte, schließen konnte.Ich musterte ihn unbewusst. Mit seinem athletischen Körperbau und den auffallenden, stechenden grünen Augen hätten viele Mädchen ihn als gut aussehend bezeichnet, doch in seiner Nähe fühlte ich mich unwohl und beklommen. Um ihn herum war eine Kälte, die er förmlich ausstrahlte und die mich abschreckte.
Sein Starren brachte mich vollkommen aus dem Konzept. Ich senkte meinen Blick auf den Boden und verknotet meine Finger. Keiner schien gewillt, als erster den Mund aufzumachen.Wieder war es Sophia, die mich rettete.
"Also," fing sie zögerlich an. "Das hier ist Felicia Scherklint. Felicia, das ist Rasmus Denwosenk, dein zukünftiger Trainer.""Achso."
Die Worte fielen aus meinen Mund, ehe ich sie zurückhalten konnte. Einen Moment später, als ich meinen Worten nachhorchte, schämte ich mich dafür, wie selten dämlich sie klangen.
"Eh, ja, hallo Rasmus. Ich bin Felicia," setzte ich gleich hinterher, um den peinlichen Moment zu überspielen.
Das hat Sophia gerade schon gesagt!
Ich führte mich gerade wirklich auf wie der letzte Idiot. Wahrscheinlich dachte der Typ, also, dachte Rasmus, korrigierte ich mich selbst, dass er eine Verrückte zum Trainieren bekommen hatte. Wahrscheinlich war es am besten, wenn ich einfach den Mund hielt."Hallo Felicia," antwortete Rasmus schließlich nach einer Stille, die vielleicht ein paar Sekunden gedauert hatte, mir aber wie eine Ewigkeit vorgekommen war.
Seine Stimme klang so neutral wie sein Gesichtsausdruck es war.
Das verunsicherte mich noch mehr als meine Schüchternheit. Hätte ich eine Ahnung, wie er momentan drauf ist, könnte ich mich darauf einstellen.
So jedoch hatte ich keine Chance.Mit einem letzten Blick auf mich drehte er sich um und lief in die Halle hinein.
Fragend sah ich Sophia an, die trotz meines drängenden Blicks mir nicht sagen konnte, was ich machen sollte und ratlos mit den Schultern zuckte.
Als Rasmus offenbar bemerkt hatte, das ich ihm nicht folgte, drehte er sich um. Sein auffordernder Blick traf mich völlig unvorbereitet.
"Kommst du endlich? Oder willst du da hinten Wurzeln schlagen?"
Auch jetzt hörte sich seine Stimme ungefähr so emotional an wie ein Stück Holz.Sophia befreite mich aus der Starre, die sich meiner Glieder bemächtigt hatte. Ich stand wirklich wie festgewachsen da, bis sie mich anstieß.
"Natürlich nicht," murmelte ich leise, während ich ihm hinterher stolperte.Hallöchen,
endlich kommt ein Kapitel mal wieder pünktlich raus, in den Osterferien werde ich sicherlich mehr Zeit für Iztal Schattenspiel haben. Schreibt mir, wenn ihr mir was sagen wollt. Wenn nicht dann auch nicht. ;)
Bis dann.
Eure Eule1805
DU LIEST GERADE
Iztal - Schattenspiel
Fantasy"Warum glaubst du haben Menschen Angst vor der Dunkelheit? Bei viel Licht ist dein Schatten klein, bei wenig groß. Was ist, wenn der Schatten trotz des Lichts immer weiter wächst? Was ist, wenn DEIN Schatten trotz des Lichts immer weiter wächst? " F...