T E N

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Helloo,
Was haltet ihr davon, dass Liv und Mel verwandt sind?

Ich hätte gestern Abend nicht so lange wach bleiben dürfen. Jetzt war ich todmüde und hatte Augenringe, die verbrannten Würstchen ähnelten. Auf meiner dunklen Haut fiel es zum Glück nicht so gut auf, aber es störte mich trotzdem.
Ich band meine Locken zu einem Dutt zusammen und zog mich schnell an.
Die Auswahl fiel auf eine schwarze Strumpfhose mit einem beigen Faltenrock. Dazu eine dunkelrote Bluse und eine hellbraune, weiche Jacke.
Zum Schluss zog ich schnell meine braunen Stiefel an und machte mich mit meinen Sachen auf den Weg. Ich war spät dran, weil ich mal wieder zu lange im Bett lag, aber ich wollte unter keinen Umständen zu spät kommen, also rannte ich ein Stück.
Ich war schon fast im Klassenraum, da lief ich plötzlich in jemandem hinein, der mich wohl auch nicht kommen sehen hatte, denn sein Kaffee fiel ihm aus der Hand.
„Hey, pass doch auf, wo-", hatte ich gerade angefangen, als ich sah, in wen ich da reingerannt war.
Nate.
„Hey Melody. Tut mir echt leid, ich hab dich gar nicht kommen sehen.", sagte er und sah aus, als würde es ihm wirklich leidtun.
„Nein, es war meine Schuld, ich hab einfach nicht aufgepasst, ich war in Eile. Wo wolltest du eigentlich hin?"
Es ging mich ja eigentlich nichts an, aber es interessierte mich trotzdem.
"Zum Sekretariat. Ich muss noch meinen Schülerausweis abholen."
Seine Augen waren wirklich faszinierend. Wenn ich nicht aufgepasst hätte, hätte ich mich darin verloren.
"Dann bis gleich.", sagte ich lächelnd.

Glücklicherweise kam ich sogar noch fünf Minuten zu früh in die Klasse. Ich ließ mich auf meinem Platz nieder und breitete meine Hefte aus. Physik. Wer liebt es nicht? Achtung, Ironie.
Ich saß also da und wartete auf Liv und alle zehn Sekunden schrien ein paar Jungs in der Ecke rum, was mich langsam echt aufregte.
Ich wollte sie gerade anschnauzen, aber da kam zum Glück schon Liv rein und lenkte mich ab.

"Hey Mel."
"Hi Liv. Du hast irgendein Buch und ein Top bei mir vergessen.", sagte ich und gab ihr die Tüte.
Ich war ziemlich froh, dass ich noch das pinke Spaghettiträger-Top bei mir gefunden hatte, weil das irgendwie vom Tagebuch ablenkte.
Sie bedankte sich, ging dann aber auf ihren Platz, weil unser Lehrer reinkam. Er war echt streng, aber wenn man außerhalb vom Unterricht mit ihm sprach, war er eigentlich ganz nett. Und er verhinderte, dass die ganzen Jungs in meiner Klasse einen Zirkus im Klassenzimmer veranstalteten.

In der Pause traf ich mich mit Ethan. Ich musste ihm unbedingt von der gelungenen Aktion im Musikclub und von den Reaktionen der Kinder, insbesondere Liam erzählen.

"Hallo Ethan! Wie geht's?", rief ich gut gelaunt.
"Es könnte nicht besser sein." Er grinste.
"Habe ich was verpasst?", fragte ich.
"Allerdings. Ich werde im Footballteam aufgenommen.", verkündete er strahlend.
"Das ist toll! Ich freue mich für dich.", sagte ich und umarmte ihn. "Wann ist dein erstes Training?"
"Heute Nachmittag. Willst du mitkommen?"
Seine gute Laune steckte mich an.
"Das ist lieb von dir, aber ich habe noch viel zu tun.", sagte ich und deutete mit einem Kopfnicken auf Nate, der gerade mit einem Brötchen aus der Cafeteria herauskommt.

Ethan grinste vielsagend und ich verteidigte mich lachend.
"Er sieht nun mal echt gut aus und ist ein Geheimnis, dem ich auf den Grund gehen werde."
„Du hast ja recht", erwiderte er grinsend. „Er ist heiß. Und geheimnisvoll. Das ist eine gute, aber auch gefährliche Mischung. Also pass auf dich auf, wenn du ihm näher kommst."
Es war echt süß von Ethan, wie er sich um mich sorgte.
„Übrigens kam dein Song super an. Ich habe alles erreicht, was ich wollte und es sieht so aus, als hättest du jetzt einen richtigen Fan. Sein Name ist Liam. Zufällig steht er auch auf Jungs.", sagte ich zwinkernd, weil Liam ja noch viel zu jung für Ethan war.
„Super!", freute sich Ethan.
Und ich freute mich mit ihm.

In den darauffolgenden Stunden stand Musik auf dem Plan.
Mit unserer Lehrerin, die übrigens sieben Instrumente spielen kann, lernten wir ein paar Griffe an der Gitarre und ein paar Akkorde am Klavier. Dabei stellte sich heraus, dass Nate Gitarre spielte. Und zwar ziemlich gut.
Gott, er ist so attraktiv.
Und die Gitarre steht ihm super.
„...und bis nächste Stunde lernt ihr bitte die ersten zwei Seiten des Liedes auf der Gitarre."
Warte, was?
Mist.
Da ich zu beschäftigt war Nate anzuschmachten, habe ich überhaupt nicht aufgepasst.
Mir fiel die Kinnlade herunter als Liv am anderen Ende des Raumes gerade die ganze erste Seite spielte. Und zwar auswendig.
Dieses Lied ist so schön.
Bohemian Rhapsody.
Von Queen.
„Brauchst du vielleicht Hilfe?", fragte Nate belustigt als ich versuchte die Gitarre zu stimmen, aber nur klägliches Katzengejammer herauskam.
Ich nickte verlegen.
Er drehte ein bisschen an der Gitarre herum und probierte sie aus.
Wow.
„Wo hast du das gelernt?", fragte ich ihn.
„Mein Vater hat's mit beigebracht als ich kleiner war."
„Das ist voll schön. Macht dein Vater das professionell?"
„Schön wär's.", sagte er bitter.
Bevor ich weiter nachfragen konnte, kam Liv zu uns herüber und setzte sich neben mich.
„Ich muss dir was sagen. Es ist wichtig.", sagte sie ernst.
Was konnte so wichtig sein, dass sie mich gerade beim Gespräch mit dem heißesten Jungen der Schule unterbrach?
Wahrscheinlich ihre kleine Session mit Luke in der Bibliothek.
„Ich komme gleich.", sagte ich etwas widerspenstig.
„Du musst aber jetzt kommen. Es kann nicht warten.", rief sie aufgelöst.
„Okay, okay."
„Was hast du jetzt?", fragte Nate als ich aufstand.
„Englisch bei Mrs. Avery."
„Dann sehen wir uns ja gleich wieder", sagte er lächelnd.
„Bis dann."
Oh mein Gott, er hat richtig mit mir gesprochen.
Ich begleitete Liv, die langsam hysterisch wirkte, aus dem Klassenraum.
„Was ist denn los?", fragte ich mit einem leicht vorwurfsvollen Ton.
Sie sah mich verzweifelt an.
„Ich bin schwanger.", flüsterte sie.
„Scheiße."
Ich dachte sofort an Theo. Und dann an Luke.
„Von Luke?", fragte ich und es war mir egal, dass sie jetzt wusste, dass ich ihr nachspioniert hatte.
Bitte sag nein. Bitte sag nein. Bitte sag nein.
„Ja."
„Oh fuck, Liv. Was machst du für Sachen?"
„Ich weiß es nicht, ich - ich hab' nicht nachgedacht."
„Ich merk's. Seit wann läuft das? Und warum erzählst du mir nichts davon?"
Wird sie ehrlich sein? Ich wusste es sowieso schon.
„Noch nicht lange. Wir haben uns in der Bücherei getroffen."
„Ihr hattet Sex in der Bücherei?", fragte ich etwas zu laut und schloss schnell die Tür des Klassenzimmers.
„Nein, wir waren bei ihm Zuhause. Es hat in der Bücherei angefangen, aber die Alte hat uns erwischt und jetzt haben wir Hausverbot."
„Was ist mit Theo? Er wird am Boden zerstört sein!"
Liv schluckte.
„Ich weiß es nicht. Was soll ich denn jetzt machen?"
Sie sah so verzweifelt aus.
„Komm her."
Ich nahm sie in die Arme und strich ihr über die Haare.

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