Als Theo mich an der Badestelle entdeckte, begann er zu strahlen und kam mit offenen Armen auf mich zu. Er schloss mich in eine Umarmung und mein Gehirn ignorierte für einen Moment die Information, dass er schwul war.
Es war eine dieser Umarmung, die besonders herzlich war und mein Herz einen kleinen Hüpfer machen ließ.
Nein, nein, nein! Er darf nicht schwul sein!
Und bitte mich nicht loslassen! Halt mich noch ein bisschen!
Es löste sich von mir.
„Schön, dass du gekommen bist!", sagte er strahlend. „Ich hatte ganz vergessen dich einzuladen."
Er war zu perfekt, sagte ich mir innerlich. Dieses Lächeln, diese Augen und diese verdammte Freundlichkeit. Als wäre er aus einem Nicholas Sparks Film entsprungen.
„Wir haben Obstspieße gemacht", war das erste, was mir einfiel zu sagen.
Dieser Satz war wohl kaum sinnvoller als ‚Ich habe eine Wassermelone getragen'. Ich gab Baby ein imaginäres High Five. Flirten war wohl von uns beiden nicht so die Stärke. Aber immerhin hatte sie einen Heteromann.
Ich konnte Theos Charme einfach nicht widerstehen. Es war so als hätte Amor mein Herz mit dem Pfeil durchbohrt und als wäre ihm im Anschluss erst aufgefallen, dass ich mit Theo aus gegebenen Gründen nicht kompatibel war.
Hey Amor! Zieh gefälligst diesen Pfeil aus meiner Brust.
„Sehen gut aus", sagte Theo höflich und sah auf den Teller, auf dem sich Erdbeeren, Melone und Ananas aneinanderreihten. „Stell sie einfach dort hinten zu unserem Buffet."
Ich nickte und machte mich mit meinem Obst auf den Weg.
Ich stellte den Teller neben Chips und Gemüseplatte mit Hummusdip.
Es war eine schöne Atmosphäre. Die Sonne stand tief und tauchte alles in einen Hauch von Magie. Es gab ein kleines Lagerfeuer, an dem ein Mädchen auf der Gitarre klimperte. Auf dem Grill brutzelten gegrillte Maiskolben und Auberginen. Zugebenermaßen hatte ich mir eine Sommerfeier von einem Fußballverein mit mehr Bier, mehr Bässen und mehr Steak vorgestellt, doch so gefiel es mir umso besser. Aus meiner Heimat war ich anderes gewohnt.
„Helvi!", hörte ich Theo aus der Ferne rufen. Ich drehte mich um und sah wie er mir zuwinkte. „Kommst du mit ins Wasser?"
Er hatte sein Shirt ausgezogen und mir fiel nicht zuerst sein angedeutetes Sixpack auf, was er definitiv hatte, sondern vielmehr die Narben, die seinen Oberkörper zeichneten. Es sah seltsam aus, denn es wirkte nicht, als wären sie durch einen einzigen Unfall entstanden. Manche sahen aus wie Brandwunden, anderen wie Schnittwunden und anderen Stellen wirkte es, als wäre die Haut dort aufgeplatzt.
Wie kam man zu solchen Narben. Er hatte sie sowohl am Rücken, als auch auf seinem Bauch und seiner Brust.
„Kommst du nun mit?", fragte er erneut, als er von mir keine Antwort bekam.
Ich ließ den Blick wieder zu seinem Gesicht wandern. Er blickte mich erwartungsvoll an.
Grundsätzlich zeigte ich mich nicht gerne im Bikini, da meine Brüste grundsätzlich eine sehr aufdringliche Wirkung hatten und selbst Frauen nicht aufhörten darauf zu starren.
Paula hatte mir zuvor geraten mir einen Bikini drunter zu ziehen. Zwar war ich ihrem Ratschlag gefolgt, doch ich hatte eigentlich nicht ernsthaft vorgehabt mich ins Wasser zu begeben.
Doch da stand er nun in seiner Badehose und meine Hormone übernahmen die Kontrolle.
„Klar!", rief ich, als würde ich nichts lieber tun, als mit ihm Hand in Hand in den See zu rennen.Ich zog mein Kleid aus und warf es auf den Boden. Ich spürte die Blicke. Zwar versuchten es alle so unauffällig wie möglich zu machen, doch es gab keinen, der nicht wenigstens einmal versuchte einen Blick zu riskieren. Keinen, außer Theo.
Vielleicht war er auch blind und einfach nur verdammt gut darin das zu verstecken? Anders konnte ich mir das wirklich nicht erklären.
Es hatte sich eine kleine Gruppe am Ufer des Sees gebildet, die alle baden gehen wollten.
„Auf 3 rennen wir rein!", brüllte einer.Keine gute Idee.
Mit meinen Brüsten war das sogar eine sehr schlechte Idee. Ein kurzer Sprint würde die komplette Verselbstständigung meiner Oberweite führen.
„3"
„2"
„1"
Theo nahm meine Hand und zog mich förmlich mit.
Auch das war keine gute Idee. Ich konnte meine Brüste nun nur noch mit einer Hand stabilisieren.
Ich verlor jegliche Kontrolle, während wir immer tiefer in den See rannten. Als wir endlich so tief im Wasser waren, sodass wir uns nur noch ins kühle Nass schmissen, ließ Theo meine Hand los. Wir tauchten kurz unter.
Die Kälte des Wasser schnürte meine Atemwege zu.
Als wir wiederauftauchten, sah wir uns in die Augen und wieder konnte ich nicht glauben, dass er schwul war.
Es sah so verdammt attraktiv aus, wie die Haare an seinem Gesicht klebten und die Wassertropfen auf seiner sonnengebräunten Brust abperlten.
„Ähm", sagte er plötzlich und war komplett rot im Gesicht.
„Was?", fragte ich.
Er sah zu den Wolken, zeigte jedoch nach unten.Ich sah an mir herab.
Oh nein!
Oh nein, oh nein, oh nein!
Meine Naturgewalten hatten die Unabhängigkeit ausgerufen und schnupperten frische Luft.
„Fuck!", rief ich und stopfte alles mit meinen Händen zurück. „Oh Gott, wie peinlich."
Theos Blick war weiterhin nach oben gerichtet. „Tut mir leid!"„Mir tut es leid", sprach er zu den Wolken. „Ich habe auch nichts gesehen!", schwor er. „Wirklich nicht!"
Diese Satz brachte mich selbst in dieser unangenehmen Situation zum Lachen. Er wirkte wie ein Zwölfjähriger, der zum ersten Mal eine nackte Brust sah, die nicht seiner Mutter gehörte. Mal ganz abgesehen davon, dass er es gesehen haben musste, da er mich schließlich darauf aufmerksam gemacht hatte.
„Würden Männer sonst nicht alles tun um eine nackte Brust zu sehen?", fragte ich und tat so als würde ich nicht wissen, dass er schwul war.
„So bin ich nicht", sagte er sofort entschieden.
„Wie bist du denn dann?"
Sofort bemerkte ich, dass ihm diese Frage unangenehm war und es tat mir leid, dass ich sie gestellt hatte. Vielleicht haderte er noch mit seiner Homosexualität. Das hier war eine Kleinstadt und mir war bewusst, dass die Gesellschaft noch nicht überall soweit war und Homosexuelle akzeptierte. Da war ich als gebürtige Berlinerin sehr verwöhnt. Asexuell, Bisexuell, Transsexuell, Intersexuell: Damit konnte man niemanden in Berlin mehr schocken.
„Tut mir leid", entschuldigte ich mich. „Vergiss die Frage einfach! Du kannst übrigens wieder schauen. Es ist alles sicher verpackt."Langsam senkte er seinen Kopf und schien meiner Aussage nicht ganz zu trauen.
Ich blickte mich um und stellte erleichtert fest, dass alle so sehr mit sich selbst beschäftigt waren, sodass niemand außer uns Zweien etwas von dem Busenblitzer mitbekommen hatten.
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Theo
RomanceNiemand ist perfekt. Doch als sie Theo das erst mal sieht, ist er genau das. Er wirkt so, als wäre er gerade aus einer Nicholas Sparks Verfilmung entsprungen: Er ist charmant, gutaussehend, humorvoll, sportlich, kinderlieb und ein Gentleman, wie ma...