KAPITEL DREIZEHN ㅡ ZWIETRACHT

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Auszehrende, brennende Müdigkeit ist überhaupt kein Ausdruck für das, was ich empfinde, als ich mich auf dem Parkettboden des Studios lege und mich zu einer schwach wimmernden Kugel zusammenrolle, während meine schmerzenden Muskeln sich in aller Unregelmäßigkeit kontraktieren.

Sungdeuk verfolgt die feste Absicht, all das, was wir gestern an Zeit verloren haben, durch strenge, mitleidlose Disziplin wieder wettzumachen—und wenn ich als Tänzer mit überdurchschnittlicher Kondition bereits auf dem Boden liege, muss ich keinen Blick nach hinten werfen, um zu wissen, dass Seokjin-Hyung in aller Verzweiflung gerade eine halbe Literflasche Wasser herunterstürzt und Namjoon-Hyung sich nur mit dem Gedanken am Leben hält, heute Abend nach einer langen Dusche an seinen Lyrics weiterschreiben zu können. Yoongi-Hyung hingegen scheint aufgegeben zu haben. Er lehnt schweratmend an der Mauer und lässt sich an ihr langsam hinab rutschen, bis er auf dem Parkettboden sitzt und mit geschlossenen Augen seine zusammengeballten Fäuste gegen seine Stirn presst. Am liebsten würde ich aufstehen, mich neben ihn setzen und versuchen, ihn aufzumuntern; aber keiner von uns ist im Augenblick gut auf ihn zu sprechen und so meiden wir ihn und seine destruktiven Worte, die er uns zweifellos entgegen schleudern würde, wenn wir ihm nur die Möglichkeit gäben.

Schließlich nähert sich Taehyung ihm vorsichtig, und hält ihm eine Flasche Wasser hin. Yoongi öffnet die Augen, als er Taehyung neben sich spürt und nimmt die Flasche nach einem kurzen Zögern entgegen. Seine Lippen bewegen sich und formen einen Dank, aber er geht in dem leisen Murmeln von Jungkook und Hoseok-Hyung unter, die ein paar Meter entfernt von mir auf dem Boden sitzen und sich über die vergangenen Stunden unterhalten.

„...wird das nichts", murmelt Hobie gerade. „Sungdeuk ist kurz davor, aus dem Studio zu stürmen und wir brauchen eine lange Pause."

„Oder einen anderen Trainer", antwortet Jungkook. „Also nur vorübergehend. Jemand, der die Sache von einer neuen Seite beleuchtet, und vielleicht eine andere Didaktik an den Tag legt."

„Das stimmt." Ich höre förmlich, wie die Rädchen in Hoseoks Kopf rattern, als er das unlösbare Problem in seiner typischen Hilfsbereitschaft von allen Seiten beleuchtet und einen Ausweg zu ersinnen versucht. „Aber mir fällt niemand ein, der gerade nichts zu tun hat und als Tanztrainer einspringen könnte."

Jungkook rutscht neben mir auf dem Parkett herum, während er sich wahrscheinlich auch langsam mit dem Rücken auf den Boden sinken lässt. Ich schließe nun ebenfalls die Augen und versuche, alles auszublenden, das am Rande meines Blickfelds als Störung fungieren könnte. Ich brauche absolute, unangetastete Ruhe. Selbst, wenn sie nur wenige Sekunden anhält.

„Was ist mit diesem Jae?", murmle ich undeutlich, während meine Atmung sich langsam wieder beruhigt und auch das Pochen in meinen Muskeln nachlässt. „Du weißt schon, dein alter Freund."

Hoseoks Kopf zuckt in die Höhe, als er meinen Vorschlag vernimmt und ich sehe, wie die Hoffnung in seinen Blick zurückkehrt. „Chim, das ist gar keine so blöde Idee. Ich frag Sungdeuk sofort, was er davon hält."

Er rappelt sich auf und schließt zu unserem Trainer auf, der auf der anderen Seite an den Spiegeln steht und auf seinem Handy herum tippt. Ich hebe mühevoll den Kopf und sehe, wie Hobie, genauso erhitzt und rot im Gesicht wie jeder von uns, wild zu gestikulieren beginnt. Ich verstehe nichts von dem, was er sagt, weil er die Angewohnheit hat, zu schnell und leise zu sprechen, wenn er nervös ist und ich außerdem seit gut einer Stunde ein seltsames Rauschen in meinen Ohren fühle.

Sungdeuk jedoch nickt wiederholt, dann legt er Hoseok die Hand auf die Schulter, der daraufhin breit lächelt. Keine Sekunde später ist Hobie zu seinem Handy gestürzt, das auf dem Tischchen beim Eingang liegt und verschwindet zur Tür hinaus.

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