KAPITEL ZWEI ㅡ EIN ZIMMER FÜR SIEBEN

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„Hört euch das an", kreischt Hobie so laut und durchdringend, dass Yoongi, der neben ihm sitzt, das Gesicht verzieht und so weit es der Bussitz zulässt, von ihm abrutscht. „‚Bangtan Sonyeondan kann vor allem tanztechnisch überzeugen—ist der Leader der Dance Line niemand Geringeres als renommiertes Ex-Mitglied der Streetdance-Group Neuron, der hinter sich zwei jüngere Dongsaengs einigt und eine abgerundete Performance erzielt.'"

Er wedelt mit dem Tablet herum, das Sejin ihm unvorsichtigerweise überlassen hat, bevor er es sich gegen die Brust presst und mit einem seligen Lächeln umarmt, als handele es sich dabei um seine Bibel.

„Was steht über mich?", will Jungkook quengelnd wissen und Yoongi entreißt seinem Sitznachbarn das Tablet.

Unser Hyung überfliegt die aufgelisteten Kommentare, die Sejin zusammengeheftet hat, wobei er sich konzentriert auf die Lippen beißt. „Jimin, Jimin, Jimin. Hier einer über Namjoon. Wieder Jimin. Taehyung. Jin. Nein, keine Sorge, nichts über deine Hose."

Seokjin, der gerade an einem Apfel geknabbert hat, lässt sein Augenmerk beruhigt wieder sinken und macht sich daran, das Kerngehäuse geschickt zu umschiffen.

„Ah, hier. Jeon Jungkook ist so süß. Aish", liest Yoongi-Hyung so fern der ursprünglich intendierten Schwärmerei vor, mit der dieser Kommentar einst verfasst wurde, dass er fast wie eine Parodie klingt. „Uuh, der ist fies."

Jungkooks Unterlippe beginnt prompt zu zittern und er klammert sich im Bussitz fest, damit er bei der scharfen Kurve nicht das Gleichgewicht verliert und aus der Reihe kippt. „W-was sagen sie?"

„Dass du aussiehst wie zwölf", wiehert Hobie, der über Yoongis Schulter mitgelesen hat. „Nun, da liegen sie nicht falsch."

„Wenigstens trage ich für We Are Bulletproof keine Taucherbrille, Grandpa", giftet Jungkook zurück und ich bin überrascht, dass er Yoongi einmal Widerworte entgegenbringt und entfernt versucht, ihn zu dissen. Das hätte ich dem Riesenbaby überhaupt nicht zugetraut.

„Das ist ein Nachtsichtgerät", schnaubt Yoongi, mehr amüsiert als beleidigt. „Und obendrein nicht meine Idee."

Namjoon, der ganz vorne bei Sejin sitzt und für die kindischen Streitereien seiner Member nicht viel übrig zu haben scheint, wirft Yoongi und Hoseok einen strengen Blick zu, den nur die beiden sehen sollen, ganz nach dem Motto: Lasst doch den Kleinen.

Tatsächlich beschränkt sich Hobie jetzt darauf, vollkommen selbstironisch einen Kommentar über seine „eigenartige Gehweise" vorzulesen, sehr zur Belustigung von Taehyung und Seokjin, die jedes Mal als Erstes auf Hoseoks Beschwichtungspolitik eingehen und den schuldigen Streithähnen den Wind aus den Segeln nehmen. Yoongi-Hyung zieht seinen Mundschutz über seine Lippen und blickt aus dem Fenster, während vor den Fenstern die Straßen unseres Viertels vorbeizuziehen beginnen.

Ich wünschte, ich besäße den Mut, ihn anzusprechen—ihn in ein Gespräch über den heutigen Tag zu verwickeln, aber ich weiß ohnehin, dass er mich nicht ernst genug nimmt, um mit mir über seine geheiligte Musik zu sprechen. Nein, dieses Privileg wird nur Namjoon und eventuell Hoseok vorbehalten.

„Willst du das Tablet haben?", reißt mich seine Stimme aus den Gedanken und ich zuckte zusammen.

„W-wie bitte?"

Yoongi-Hyung hat sich zu mir umgedreht und sieht mich leicht ungeduldig an, weil ich auf seine Frage nicht schon beim ersten Mal geantwortet habe. Er hält mir das Tablet hin, das Hobie in eine gefährliche Position auf die Armlehne zwischen den beiden gebracht hat. „Kommentare lesen?"

„Oh", beeile ich mich zu erwidern. „Gerne. Vielen Dank."

Yoongi nickt nur und überreicht mir das Tablet über Hobies Kopf nach hinten, ohne mich anzusehen. Eine Sekunde später, kaum, dass ich das Tablet in Empfang genommen habe, ist seine Aufmerksamkeit wieder weit, weit fort von uns. Diesem kindischen Haufen, den er seine Band nennt. Wie sehr wir ihm in solchen Momenten wohl auf die Nerven gehen?

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