KAPITEL ACHT ㅡ ÜBERSEE

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Als wir nach einem einstündigen Flug von Seoul aus auf japanischen Boden landen, ist niemand sonderlich aufgeweckt. Es ist eisig kalt, die Sonne ist gerade untergegangen und Taehyung hat sich wieder einmal erkältet—eine Tatsache, die er alle vier Minuten vermeldet und mindestens genauso oft sucht er nach einem Taschentuch.

Eigentlich hätten wir allen Grund, aufgeregt und euphorisch zu sein; denn ein Showcase in einem anderen Land ist eine große Sache, vor allem für uns, die wir gerade einen Rookie Award in der Tasche haben und nicht wirklich wissen, wie wir damit umgehen sollen. Keiner spricht es laut aus; aber langsam bemerken wir, dass es besser läuft, als sich jeder von uns in seinen kühnsten Träumen ausgemalt hat. Nur ein halbes Jahr nach unserem Debüt haben wir mehr erreicht, als irgendjemand von uns erwartet hat. Unsere zwei Minialben waren ein kommerzieller Großerfolg, die Auftritte im Fernsehen (vor allem bei den Melon Awards) haben uns einer breiteten Masse bekannt gemacht, als wir augenblicklich eigentlich Zeit für haben. Und ach ja, man mag uns in Japan.

Das ist der Grund, wieso Producer Bang uns am Anfang des Monats in seinem Büro versammelt hat (das ich dank meiner Member in den letzten Wochen öfter von innen gesehen habe, als die Jahre davor)—wo er uns darin unterwiesen hat, dass wir nur eine Woche später schon nach Japan aufbrechen sollen. Dort wird uns ein eigenes Showcase zuteil, auf dem wir performen sollen und zeitgleich versuchen, eine ausgereiftere Fannähe zu schaffen. Genauso, wie man es von den Fansigns der größeren Bands in unserem Business kennt—hunderte kreischende Fans, die sich in Reihen vor uns auftun und von dem Sicherheitspersonal in Personenleitsysteme gepfercht werden, damit jeder eine Kostprobe der einzelnen Member bekommt.

Wir haben so etwas davor noch nie gemacht, nicht einmal in unserer Heimat Korea, und dementsprechend irritiert stehen wir vor der ungewohnten Situation. Namjoon-Hyung meint zwar, dass es weniger herausfordernd ist, als es jetzt für unsere unerfahrene Ohren klingt, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ich in zehn Sekunden ein Gespräch mit jemanden zustande kriege, den ich danach nie wieder sehen werde. Dafür muss man schon ein wirklich Kommunikationstalent sein. So wie Hobie zum Beispiel.

Als wir von allen Seiten umgeben von japanischen Geschäftsmännern aus dem Flugzeug steigen, jeder von uns mehr als erschöpft (wir haben davor den gesamten Tag im Studio geprobt, denn Schonung ist ein Fremdwort für unsere Sklaventreiber), ist Hobie schon tief in einem Gespräch mit einer koreanischen Businessfrau verstrickt, der er an der Tür den Vortritt gelassen hat. Als er ihr erzählt, dass es sich bei uns sieben miesgelaunten Gestalten um eine K-Popgruppe handelt, lacht sie so laut, als habe er den besten Witz aller Zeiten gemacht.

Sejin zieht ihn mit einer höflichen Verbeugung von der Frau weg, bevor Hobie spontan in eine Kostprobe unserer Choreografie ausbrechen kann. „Nicht hier, Hoseok-ah. Bitte."

Wir werden durch die Einreiseschalter gelotst; Namjoon verwechselt seinen Pass mit einem Stück Verpackungsmüll, das er eigentlich entsorgen wollte und so warten wir eine Viertelstunde, bis Sejin jemanden vom Flughafenpersonal geholt hat, der einem knallroten und sich wiederholt entschuldigenden Namjoon seinen Reisepass zurückgibt, nachdem er die Mülleimer aufgeschlossen hat und das wertvolle Dokument aus dem Durcheinander gezogen hat. Yoongi-Hyung, der den Großteil der Zeit mit Schlafen zu verbringen scheint, lehnt während der gesamten Verzögerung seinen Kopf gegen Seokjin-Hyungs Schulter und hält die Augen geschlossen. Ich betrachte ihn grinsend und als er die Augen öffnet, und meinem Blick begegnet, verzieht er nur das Gesicht, und vergräbt sich prompt tiefer im Pullover seines einzigen Hyungs.

Er ist manchmal, wenn er nicht andauernd versucht, seinem unnahbaren Ruf gerecht zu werden, wirklich niedlich. Es hilft nicht, dass er neben mir der kleinste der Band ist—auch wenn Jungkook momentan den Maknae-Status vollkommen ausfüllt, glaube ich nicht, dass das noch lange anhält, denn der Junge ist im Vergleich zu Yoongi-Hyung und mir noch tief im Wachstum.

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