Kapitel 7

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Bens Sicht
"Können wir reden?" Das waren wohl die letzten Worte, die ich von ihr erwartet hätte. Zuerst schmeißt sie mich hochkant aus ihrer Wohnung und jetzt will sie reden? Noch immer etwas verunsichert nicke ich und setze Lena, die ich immernoch auf dem Arm halte zurück in ihren Kinderwagen. "Ich geh dann mal. Wir sehen uns spöter", meint Zoe und geht mit ihrer Schwester in Richtung Stadtmitte. Noch nie zuvor war ich so aufgeregt vor einem Gespräch gewesen, ich wusste nicht, was mich jetzt erwarten würde. Wortlos gingen wir eine Weile, bis ich die Stille irgendwann nicht mehr ertragen konnte. "Du wolltest mit mir sprechen?", fing ich an und warte gespannt auf das, was sie mir zu sagen hat. Ich habe keine Ahnung, ob sie vorhat mir zu erzählen, warum sie eigentlich so sauer auf mich war oder ob sie mir nochmals eine Abfuhr erteilt. "Es tut mir Leid wegen vorhin, ich hätte dich nicht einfach rausschmeißen dürfen. Aber alles, was ich die letzten Jahre durchmachen musste, ist durch dein Auftauchen wie eine Lawine auf mich eingestürzt und ich konnte es nicht verhindern" "Es tut mir Leid Leyla, ich wusste nicht, dass es dir so schlecht ging, sonst wäre ich gar nicht erst gekommen" "Stimmt, das wusstest du nicht", wiederholt sie meinen Satz erneut und sieht dabei bedrückt zu Boden. "Ben, warum bist du zurückgekommen?", fragt sie und bleibt einige Schritte vor mir stehen. "Das Leben, das ich geführt habe in Hamburg ist kompliziert geworden. Eigentlich war alles gut, ich hatte eine Freundin, eine Tochter und auf einmal bricht alles, was ich dachte mir aufgebaut zu haben auseinander. Meine Freundin, die ich glaubte zu kennen hat mich jahrelang belogen. Sie hat mich manipuliert, mir vorgespielt ich hätte eine Tochter dabei wusste sie, dass Malina nicht von mir war.." "Sieht so aus als wäre unser beider Leben nicht so verlaufen, wie wir uns das vorgestellt hatten" Ich setze ein schmales Lächeln auf und blicke Leyla an. Trotz all der Jahre in denen wir uns nicht gesehen haben und der anfänglichen Schwierigkeiten fühlt es sich vertraut an mit ihr zu reden, als hätten wir all die Jahre nichts anderes gemacht. Doch eine Sache geht mir immer noch nicht aus dem Kopf. Warum hatte sie so reagiert als sie mich das erste Mal wieder gesehen hat. Was ist vor 3 Jahren passiert? "Und bei dir? Was ist damals passiert, dass du mich so gehasst hast?" "Komm mit, ich will dir etwas zeigen" Sie führt mich einige Straßen weiter zu einer Kirche. In diesem Teil der Stadt war ich fast noch nie, doch ich weiß, was an diese Kirche grenzt. Leyla hält mir die Türe auf und zusammen betreten wir den Friedhof. Ich muss mehrmals schlucken, denn ich ahne bereits, warum wir hier sind. Nach einigen Abzweigungen hält Leyla vor einem kleinen Grab, auf dem unzählige, bunte Blumen gepflanzt wurden. Ich kann kaum Atmen, als ich auf den Grabstein schaue, denn mit einem solchen Grund hätte ich niemals gerechnet. Leise Tränen verlassen meine Augen und würde ich Leylas Hand nicht an meiner spüren wäre ich zusammengebrochen. Sie sagt nicht, starrt nur auf das Grab. Warum..hatte sie mir nie etwas erzählt? Warum..? Ich bin nicht fähig auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Eine halbe Ewigkeit stehen wir beide weinend vor dem Grab und ohne zu zögern ziehe ich Leyla in meine Arme. Ich merke, wie wir uns beide in diesem Moment den nötigen Halt geben, den wir brauchen. Irgendwann nimmt Leyla meine Hand und führt mich wieder aus dem Friedhof. An der Gera setzten wir uns auf eine etwas abseitsliegende Bank, auf der ich die vergangenen Minuten erstmal verarbeiten muss. "Wieso...hast du mir nie etwas gesagt? Warum wusste ich nicht, dass du schwanger warst?" "Ich hatte vor, es dir zu sagen. An dem Tag, an dem du mir eröffnet hast, dass du mit einer anderen Frau geschlafen hattest und mit ihr weggehen willst weil sie schwanger war hatte ich vor dich damit zu überraschen. Ein paar Tage vorher habe ich den Ultraschall machen lassen, um den Schwangerschaftstest, den ich gemacht hatte bestätigen zu lassen und da sah ich unser Kind. Ich war so glücklich in diesem Moment, dir endlich sagen zu können, dass du Vater wirst nach all den vergeblichen Versuchen schwanger zu werden. Ich hatte mir alles schon vorgestellt, wie unser Kind laufen und sprechen lernt, wie du ihm Fahrrad fahren beibringst wie wir zusammen in den Urlaub fahren. Doch dann kamst du mit deinen Plänen und auf einmal sind alle Vorstellungen in sich zusammengebrochen. Ich habe es einfach nicht ertragen dich zu verlieren und...hatte ein paar Tage nachdem du gegangen bist eine Fehlgeburt. Verstehst du, ich konnte es dir nicht sagen, wie auch. Du dachtest selbst dass du Vater wirst und ich hatte einfach keine Kraft dir zu sagen, dass ich unser Kind, von dem du nicht einmal etwas wusstest, verloren hstte" Ich sehe in Leylas Blick wie sehr es ihr zu schaffen macht, diese letzten Worte auszusprechen. Weinend sitzt sie vor mir und versucht alles, was sie durchgemacht hat in Worte zu fassen, wobei ich irgendwann durch ihr Schluchzen kein Wort mehr verstehe. Sanft ziehe ich sie in meine Arme und halte sie ganz fest. Es ist meine Schuld, nur meine. Wäre ich nicht gegangen, würde unser Kind noch leben und Leyla hätte diese schreckliche Zeit nicht durchleben müssen. Gegangen zu sein war der größte Fehler, den ich je gemacht habe und ich muss jetzt für immer mit den Konsequenzen meines viel zu vorschnellen Handelns leben.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 23, 2019 ⏰

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