[Zwei] - Wer ist denn Winnie??

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Die Sonnenstrahlen brennen durch meine Lider und zwingen mich dazu, diese langsam zu öffnen. In meinem Kopf hämmert es wild und das Pochen ist schmerzhaft laut. Dies zwingt mich dazu, meine Augen nochmals zusammen zu kneifen. Darauf wartend, dass sich der Lärm wieder legt.
Als ich meinen Arm ausstrecke, um mich zu dehnen, berühre ich etwas neben mir und erstarre sofort. Nur langsam öffne ich meine Augen wieder und drehe meinen Kopf.
Ein Stromschlag durchfährt meinen Körper, als ich realisiere, dass ich nicht alleine in meinem Bett bin. Nun sind meine Augen schlagartig offen.
Nervös hebe ich die Bettdecke und erkenne, dass ich nur in meiner Unterwäsche gekleidet bin. Mein Kehlkopf hebt und senkt sich spürbar und ich hebe die Decke noch ein wenig mehr.
Sofort lasse ich sie wieder fallen und starre die Zimmerdecke an, innerlich schreiend. Neben mir liegt eine Frau, ebenso leicht bekleidet, wie ich.
Im ersten Moment realisiere ich nicht mal, dass ich gar nicht in meiner Wohnung bin und dies auch nicht mein Bett ist. Erst, als ich mich richtig umsehe, erkenne ich Dennis' Wohnung wieder.
Aber wieso liege ich in seinem Bett - mit einer fremden Frau??
»Oh fuck«, murmle ich leise und erhebe mich vorsichtig. Mein Kopf hämmert unaufhörlich und Übelkeit steigt in mir auf.
Mein Handy liegt auf dem kleinen Nachtschränkchen; das Akku fast leer, aber für einen Anruf muss es noch reichen.
»Wieder unter den Lebenden?«, gackert mir Naddy direkt fröhlich entgegen.
»Komm sofort zu Dennis!«, flüstere ich in den Hörer, um meine Kopfschmerzen nicht durch meine eigene Stimme zu verschlimmern.

Darauf bedacht, so leise wie möglich zu sein, suche ich in dem Zimmer nach meinen Klamotten, kann sie aber nirgends finden. Deshalb bediene ich mich einfach am Kleiderschrank und nehme mir das größte Hemd, das ich greifen kann.
Im Wohnzimmer finde ich dann Dennis auf der Couch schlafend vor, während der Küchenbereich aussieht, wie ein Schlachtfeld.
»Oh, bitte nicht.« Verzweifelt greife ich mir an den Kopf und versuche, mich an irgendwas von letzter Nacht zu erinnern. Vergebens.
»Dennis«, spreche ich ihn dann an und rüttle an seiner Schulter.
Mürrisch knurrt er vor sich hin, erhebt sich nur sehr langsam und in Zeitlupe. »Ihr scheiß Weiber«, brummt er, ohne mir wirklich Beachtung zu schenken und setzt eine Kanne Kaffee auf.
Lebensfähig würde ich ihn auch noch nicht bezeichnen, aber Kaffee machen funktioniert bei ihm genauso automatisiert, wie bei mir jeden Morgen.
Immer noch Wortlos füllt er ein Glas Wasser, das er mir mitsamt einer Kopfschmerztablette übergibt.
»Wie geht es dir?«, fragt er dann und lässt sich kraftlos auf den Stuhl fallen.
»Frag mich das, wenn ich weiß, ob noch alles da ist, wo es hingehört«, antworte ich und spüle die Tablette mit einem kräftigen Schluck herunter.

Als Naddy an der Wohnungstür klopft und Dennis sie herein lässt, sieht sie mich erst geschockt, dann musternd an. Ihr Ausdruck verändert sich.
»Oh Kinder, ich hoffe das hat nicht das zu bedeuten, was ich gerade glaube«, gibt sie verbittert von sich und deutet dabei an unseren Körpern auf und ab. Immerhin bin ich immer noch nur in Dennis' Hemd gekleidet und er selbst hat nur eine Boxershorts an.
Erst jetzt scheint Dennis munterer zu werden, denn er beginnt frech zu grinsen, weshalb Naddys Blick wütender wird, während ich mir auf die Unterlippe beiße und ihn panisch ansehe.
Dann aber erinnere ich mich, dass ich gar nicht mit ihm aufgewacht bin, sondern ...
»Da liegt noch jemand in deinem Bett«, gebe ich von mir und sehe Dennis fragend an.

»Wer??«, will Naddy sofort wissen.
»Eine Frau«, antwortet Dennis schmunzelnd und nimmt nun die Kanne aus der Maschine.
»Eine Frau, ja?« Naddy beginnt zu grinsen und geht einfach ins Schlafzimmer, um nachzusehen.
Während ich ihr hinterher gucke, beiße ich mir nervös auf die Unterlippe.
»Hast recht«, sagt sie, als sie zurückkommt. »Da liegt wirklich eine Frau in deinem Bett, Dennis. Halbnackt.«
»Hast du mir das denn nicht geglaubt?«, frage ich entsetzt.
»Doch«, entgegnet sie grinsend, »ich wollte nur gucken, ob es die von gestern Abend ist.«
»Die von gestern Abend??«, wiederhole ich fassungslos.
»Die Rothaarige. Aber die da drin ist nicht rothaarig. Wer ist sie?«
»Woher soll ich das denn wissen??«
»Das ist Winnie«, erklärt Dennis und stellt drei Tassen zur Kanne dazu. »Die hast du gestern noch abgeschleppt.«
»Ich??« Ich muss mich beherrschen, nicht allzu laut zu sein.
»Ja, ich nicht, sonst wäre ich neben ihr aufgewacht«, grunzt er.
»Wo hat sie die denn gestern noch abgeschleppt?«, will Naddy verwundert wissen. »Ich dachte ihr seid direkt hierhin?!«
»Hatte ich vor, aber Madame wollte noch weiter machen«, brummt er und verdreht die Augen. »Sind dann noch in eine andere Bar. Da hat sie Winnie kennengelernt.«
»Oh Gott«, wimmere ich und verstecke mein Gesicht in meinen Händen. »Bitte sag mir nicht, dass ich mit ihr ...«
»Als du zu lange verschwunden warst, habe ich dich gesucht und dich mit ihr knutschender Weise auf der Damentoilette gefunden, aber hier habt ihr ganz sicher nichts mehr gemacht.« Er befüllt die drei Tassen mit der schwarzen, wohlduftenden Flüssigkeit. Alleine der Geruch erweckt langsam meine Lebensgeister. »Aber interessant, dass es vorher wohl auch schon eine Frau gab. Hat dich der Scheißkerl umgepolt?«, frotzelt er.
»Niemand hat mich irgendwie gepolt«, grummle ich und greife mir verzweifelt die Haare ob der Offenbarung, die Dennis gerade dargelegt hat.
»Na ja.« Er schnalzt mit der Zunge. »Bevor du Winnie gefunden hast, hast du dich erstmal sämtlichen Kerlen an den Hals geworfen.«
»Oh nein«, wimmere ich erneut und lasse meinen Kopf nun auf den Tisch fallen.
»Und wieso liegt die Frau auch in deinem Bett?«, will Naddy dann wissen.
»Weil die beiden mich gezwungen haben. Sie wollten sich einander nicht verabschieden.« Ich kann förmlich hören, wie er mit den Augen rollt.
»Du hast gestern ordentlich Gas gegeben«, beginnt Naddy dann zu erzählen. »So haben wir dich noch nie erlebt.«
»Ich war wütend. Und verletzt.«
»Zurecht«, stimmt sie nickend zu und nimmt einen Schluck aus ihrer Tasse. »Du hast wirklich nichts anbrennen lassen«, fährt sie dann fort. »Ich war ebenfalls die meiste Zeit damit beschäftigt, dir sämtliche Kerle vom Leib zu halten, nachdem die Rothaarige gegangen ist. Irgendwann habe ich Dennis zur Hilfe gerufen und er hat sich dann als dein Freund ausgegeben, damit dich keiner mehr anpackt. Du fandest das lustig und hast ihn auch nicht mehr losgelassen.«
»Oh, nein«, stöhne ich.
»Oh, doch«, kommt es kichernd. »Und dann wollte er dich mit zu sich nehmen, weil ich dich in dem Zustand nicht in Samanthas Bett packen wollte. Aber offensichtlich warst du sowieso noch nicht fertig.«
»Soweit ich dich verstehen konnte, hat diese Winnie auch gerade eine Trennung hinter sich, und weil sie von ihrem Freund rausgeworfen wurde, hast du ihr einen Schlafplatz angeboten«, berichtet Dennis weiter
»Ouh«, entkommt es mir und ich lasse mein Gesicht da, wo es vorher war. In meiner Hand.
»Die sonst so brave und artige Cait hat mal eben eine Frau abgeschleppt«, gibt Naddy neckisch von sich, und ich muss sie nicht ansehen, um zu wissen, wie breit ihr Grinsen ist.
»Das ist nicht witzig«, zische ich und sehe wieder auf. Mit einem tiefen Seufzen reibe ich mir erneut die Augen und stütze mich auf die Ellenbogen; vergrabe mein Gesicht erneut in meinen Händen.
»Cait«, spricht Dennis nun ernst und legt mir eine Hand auf den Rücken. »Ich denke nicht, dass zwischen euch noch was gelaufen ist«, gibt er zuversichtlich von sich. »Ihr wart zu nix mehr in der Lage. Ich musste euch beim Ausziehen helfen.«
Ruckartig hebe ich meinen Kopf und sehe ihn geschockt an.

»Entschuldigung«, hören wir in dem Moment eine leise, schüchterne Stimme und drehen uns alle der Tür zu. Vorsichtig schiebt sich nur ihr Gesicht in den Raum hinein; ihren restlichen Körper versteckt sie hinter der Wand.
»Eure Klamotten habe ich in die Waschmaschine geworfen. Die haben wirklich bestialisch gestunken und waren sowieso ... nicht mehr im guten Zustand«, umschreibt Dennis es höflich.
»Komm mit«, fordert Naddy die Fremde auf, als sie vom Stuhl aufgesprungen ist und verlässt die Küche. Kurz danach kommt sie mit dieser zurück, die nun auch ein Hemd von Dennis an ihrem Körper trägt und setzt sich zu uns an den Tisch, während Dennis auch ihr eine Tasse hinstellt.
Schüchtern senkt sie ihren Kopf und meidet zunächst jeglichen Blickkontakt. Nur langsam traut sie sich, uns anzusehen. Ihr Blick bleibt besonders an mir hängen. Vermutlich weil auch ich nur ein Hemd von Dennis trage. Dann sieht sie ihn an und ihre Augen weiten sich.
»Bitte sagt mir nicht, dass wir ...« Sie unterbricht sich selbst und zeigt auf uns drei.
»Ein Träumchen wär's gewesen, wärt ihr nicht so Stramm gewesen«, lacht Dennis.
Dadurch aber schießt ihr Blick panisch zu mir. »Und wir?«
»Wenn du auch keine Erinnerung daran hast, werdet ihr das wohl nie erfahren«, gackert Naddy wieder dazwischen.
»Ohje«, seufzt Winnie und schlürft an ihrem Kaffee.
»Zerbrecht euch nicht den Kopf«, versucht uns Naddy aufzumuntern und steht auf. »Wenn's so war, dann war's so. Wenn nicht, dann nicht. Erheb' dich, hopp«, fordert sie von mir. »Wir haben noch einen Termin mit dem Vermieter für die Wohnung unter mir.«
»Termin? Vermieter? Heute?«, frage ich entsetzt.
»Japp. In einer Stunde um genau zu sein. Bis dahin solltest du etwas menschlicher aussehen.«
»Ich kann jetzt noch nicht gehen!«, weigere ich mich und deute demonstrativ an mir herab.
Genervt verdreht Naddy die Augen und sieht dann Dennis an.
Der scheint sie zu verstehen, erhebt sich und geht in sein Schlafzimmer.
»Bring ihr eine deiner kurzen Hosen mit, die sind für sie lang genug«, scherzt sie hinterher. »Und deine Halskette mit dem Lederband. Kann sie als Gürtel benutzen«, setzt sie nach.
Auch wenn nur sie über ihren Scherz lacht, hat sie nicht ganz Unrecht. Immerhin ist Dennis mit seinem eins-dreiundneunzig bemuskelten Körper um einiges größer und breiter als ich. Es wäre also egal, mit was er zurückkäme, ich würde in jedem seiner Kleidungsstücke ersaufen.

JoleneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt