Sonne

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Grau. Schwarz. Weiß.
Die Farben aus denen mein Leben besteht.
Jeden Tag dasselbe.
Aufstehen, zur Arbeit gehen, den Tag hinter sich bringen, der sich unendlich in die Länge zu ziehen scheint. Nebenbei den ein oder anderen Bissen essen.
U-Bahn, Straßenbahn, Bus- alle überfüllt wenn es endlich Zeit ist nach Hause zu fahren. Quetsche mich hinein, wie alle anderen auch, die das Ende eines weiteren Tages herbeisehnen. Es ist warm, fast schon heiß, weil alle dicht an dicht, eingepfercht wie die Sardellen in der Bahn stehen.
Schlüssel suchen, aufsperren, sich auf das Sofa fallen lassen. Danach nach etwas essbarem suchen. Finde ich etwas, ist es gut, wenn nicht, dann ist es mir auch recht.
Duschen, Kleidung für den nächsten Tag, der genauso ist wie der davor, bereitlegen, ab ins Bett.
Diese Abläufe mit eventuellen Abweichungen wiederholen.
Wieder und wieder.

Doch eines Tages fiel mir ein helles Licht in der Eintönigkeit meines Lebens ins Auge. Stand am Gleis, wartete auf die nächste Bahn, du am Gleis gegenüber.
Ich wusste gleich, dass du anders, besonders bist. Du strahlst so hell, dass ich drohe zu erblinden. Rund um dich herum scheint die Welt in all ihren schönen Farben, Farben, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Die Welt ist nicht mehr die dunkle undurchdringliche Masse, der ich mich sonst immer entgegenstellen muss.

Du ziehst mich an, wie das Licht eine Motte.
Und in dem Fall ist die Metapher einer Motte mehr als passend.
Denn allen ist bewusst, was mit einer Motte geschieht, wenn sie dem unwiderstehlichen Licht zu nahe kommt.
Wir alle wissen, was mit Ikarus geschah, als dieser, wider der Warnungen und Rufe seines Vaters, seiner heißgeliebten Sonne immer näher kam.

Sie sterben.
Alle beide.
Und auch ich werde mich an dir verbrennen und zugrunde gehen.

Ich trete näher, bewege mich zielstrebig in die Richtung der Sonne, die das Leben um mich herum in alle erdenklichen Farben taucht.

Die Bahn kommt.

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