9.

705 43 2
                                    

Ich war die Letzte, welche das Schulgelände verließ.

So waren meisten alle anderen Schüler bereits verschwunden und ich konnte mich unbeschwert nach Hause begeben.

Schnell lief ich über das Schulgelände. Ständig schaute ich mich um, dass auch ja keiner auf mich wartete. Schließlich seuftzte ich erleichtert aus als ich das Gelände verlassen hatte.

"Lisa!" Ich zuckte vor Schreck zusammen. Als ich jedoch erkannte, dass es die Stimme meiner Schwester war, atmete ich erleichtert aus und drehte mich um.

Lächelnd stand sie neben ihrem Auto und winkte mir mit ihrem Autoschlüssel in der Hand zu. Ich erwiederte das Lächeln und lief auf sie zu. "Ich fahr dich heute nach Hause." Sagte sie mit einem Grinsen und stieg mit mir ins Auto ein. "Danke, Jennie." Sagte ich während sie den Motor startete.

Zwar lebten wir nicht im Mitten von Nirgendwo, aber ich hätte trozdem gute zwanzig Minuten laufen müssen. Die Fahrt dauerte nicht lange und ich war erleichtert als wir zu Hause ankamen. Jetzt würde ich ausruhen können.

Jennie schloss die Tür auf und erschöpft trat ich nach ihr ein, drückte die Tür hinter mir zu.

Plötzlich waren laute Schritte zu hören, welche auf uns zu kamen. Ein entsetztes nach Luft schnappen. "Jennie, was hatte ich dir gesagt?!" Schrie unsere Mutter und Jennie zuckte zusammen.

"Eomma ich-" "Stop!" Unterbrach sie Jennie und fuhr sich frustriert durch die Haare. "Lisa hat ihr leben bereits zerstört, aber du? In dir liegt so viel Potenzial!" Ich schluckte bei ihren Worten und blickte nach unten. Jennie dahingegen ballte ihre Hände zu fäusten.

"Eomma, ich werde mich doch nicht von meiner eigenen Schwester vernhalten!" Protestierte sie. Plötzlich war ein Schlag und ein Kreischen zu hören was mich noch mehr zusammenzucken ließ.

Zitternd blickte ich auf. Das Gesicht unserer Mutter war noch nie so wutverzert. Tränen glitzerten in Jennie's Augen.

"Geh' nach oben." Sagte sie mit kalter Stimme und zeigte in Richtung der Treppe zu ihrer Richtung. Zögernd bewegte sich Jennie und rannte schließlich die Treppen nach oben. Von unten konnte man hören wie sie die Tür hinter sich zuschlug.

"Du wirst dich von ihr fernhalten, hast du verstanden?" Schrie meine Mutter als nächstes und zog mich an meinen Haaren näher zu sich ran. "Du bist eine enttäuschung. Lass dich ja nicht vor mir blicken!" Sagte sie mit angsterregender Stimme.

Als sie ihren Griff um meine Haare lockerte rannte ich zitternd die Treppen nach oben in mein Zimmer.

Hektisch atmend ließ ich mich an die Tür gelehnt zu boden fallen. "R-rosé?" Brachte ich ihren Namen über die Lippen.

Keine Antwort.

"Es tut so weh." Hauchte ich mit schwacher Stimme. Die Worte meiner Mutter hallten in meinem Kopf wieder, wollten nicht gehen.

Enttäuschung.

Ich war eine Enttäuschung.

Zitternd zog ich meine Beine näher an mich und wippte vor und zurück während mein Kopf auf meinen Knien ruhte. "Rosé?" Rief ich nochmals mit brüchiger Stimme nach ihr.

"Wo bist du?"

Fragte ich in die Leere hinnein. Die Stille drückte wie ein Hammer auf mich, versenkte mich in den Tiefen des Nichts. "Antworte doch!" Rief ich verzweifelt.

Wo war sie nur, wo war sie nur? Keine Antwort. Nur die endlose Stille in der Kälte. Eine Träne rollte mir über die Wange. War ich nun tatsächlich komplet allein? Einsam? Verlassen? Erbärmlich? Nutzlos? Wertlos. Ja, das war ich.

Deswegen kam sie nicht.

Deswegen ließ sie mich alleine.

Das musste es sein.

Nicht einmal sie hielt es mehr mit mir aus.

Ich verurteilte sie nicht. Ich hielt doch selbst kaum mit meiner eigenen Existens über Wasser.

Ich vergrub meinen Kopf in meinen Knien und schluchtste. Eine eiserne Kälte legte sich um mich. Eine von der ich wusste, dass sie bleiben würde.

Stay // ChaelisaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt