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Veilchen

Ein blasses Mädchen mit hellen, blauen Haaren lag wie versteinert auf einem der Pritschen. Die Augen geschlossen, sah sie aus wie eine Porzellanfigur. Schön, aber so zerbrechlich. Ein Veilchen zeichnete sich auf ihrem geschlossenen Lid ab. Es trug die gleiche violette Farbe wie die gleichnamige Blume. So friedlich lag sie da.
Und plötzlich schreckte das Mädchen auf.

Meine Atmung ging schnell. Mein Kopf dröhnte. Als ich ihn leicht zur Seite drehte, um mich umzusehen, wurde mir kurz schwarz vor Augen. Wo war ich? Das Letzte, an das ich mich erinnern konnte, war grenzenlose Schwärze. Als das Dröhnen in meinem Schädel langsam verklang, erkannte ich endlich, wo ich gelandet war. Im Krankenflügel. Ich wusste zwar nicht, warum, aber meine Erinnerungen waren komplett ausgelöscht. Natürlich, ich wusste noch meinen Namen, allgemein wusste ich noch, was ich schon erlebt hatte. Doch die Erinnerung an das Ausschlag gebende Ereignis war weg. Plötzlich wurde der grüne Vorhang beiseite gezogen und Madame Pomfrey eilte hinein. Ohne groß auf mich zu achten, hantierte sie mit kleinen Fläschchen herum und goss abwechselnd Flüssigkeiten in einen Becher. Während ihrer Arbeit, murmelte sie und sprach: "Schön, dass Sie wieder wach sind, Ms. Sie müssen sich wieder hinlegen. Es tut ihrem Kopf nicht gut, wenn Sie so aufrecht sitzen." Damit unterbrach die Krankenschwester kurz ihre Arbeit und drückte mich bestimmend auf die Pritsche. Ich konnte mich nicht zurückhalten und fragte: "Was ist passiert?" Madame Pomfrey seufzte, und während sie antwortete, mischte sie weitere Flüssigkeiten in das Gebräu. "Ihr Freund, Mr. Potter, hat Sie mit einem Klatscher getroffen. Bevor Sie unnötig fragen, Sie dürfen jetzt noch nicht gehen." Tatsächlich hatte ich als Nächstes fragen wollen, ob ich gehen dürfte. Wahrscheinlich gehörte es zur Ausbildung einer Krankenschwester Gedanken lesen zu können. Ich beobachtete weiter die geschäftige Arbeit von Madame Pomfrey, bis sie schließlich das Gemisch ein letztes Mal schüttelte und mir übergab. Argwöhnisch inspizierte ich die blau-grünliche Flüssigkeit. Doch nach einem auffordernden Blick der strengen Krankenschwester kippte ich den Trank hinunter. Angewidert verzog ich das Gesicht, doch das stetige Dröhnen in meinem Kopf verschwand jetzt völlig. Madame Pomfrey verließ mitsamt ihrer Utensilien das Krankenbett. Ich bewegte meine Finger abwechselnd und besah die kleinen roten Kratzer, als sich die Tür des Krankenflügels hörbar öffnete und zwei meiner besten Freunde hinein stürmten. James Sirius diskutierte lautstark mit Madame Pomfrey, die ihn und Fred II davon abhalten wollte, meine Langeweile zu vertreiben. Schließlich schafften es die beiden doch noch, die Krankenschwester umzustimmen. Jetzt standen die beiden Rumtreiber-Nachfolger an meiner Pritsche und fuhren sich zeitgleich durch die Haare. Sofort musste ich lachen, wobei meine Stimme rau und kratzig klang. Die Beiden konnten mich immer zum Lachen bringen - beziehungsweise zum Krächzen. Fred berichtete über den Tag, den ich verpasst hatte. Doch was mich wirklich interessierte, war das Quidditchspiel, in dem wir, also die Griffindors, gegen Ravenclaw gespielt hatten. Unglücklicherweise hatte mich ja Jay, mein eigentlicher Partner, getroffen. Er sah sogar ein bisschen zerknirscht aus, als er mir von den Geschehnissen während des Spiels berichtete. Und sowas kam bei diesem Potter fast nie vor. Trotz meiner Abwesenheit konnte der Sucher von Griffindor schließlich den goldenen Schnatz ergattern und uns so aus der Patsche helfen. Als Madame Pomfrey schließlich die Jungs wegschickte, hatte ich immernoch einige Zeit mit Langeweile zu verbringen, denn die Krankenschwester wollte mich noch nicht gehen lassen. Ich hatte nach einer halben Stunde schon geglaubt, ich würde sterben. Nach einer vollen Stunde dachte ich bereits, ich wäre ein Geist. Nach zwei Stunden schließlich war ich gerade in den Tagtraum gesunken, als Peeves, der nervigste Poltergeist des Jahrtausends (er hatte sich über den Titel sehr gefreut) herein kam. Ich stöhnte auf und versuchte Schlaf vorzutäuschen, doch Peeves merkte alles. Mit einem Satz in der Luft war er bei mir und schrie mir ins Ohr: "Klatscher, kleiner Pfeil hat nen Klatscher abbekommen!" Dieser Spitzname, Pfeil, rührte von unserer ersten Begegnung, als ich mit einem Pfeil auf ihn gezielt und, man möge es fast gar nicht glauben, ihn getroffen hätte. Seitdem verfolgte mich der Poltergeist. Seine grüne Hose hatte noch immer ein Loch. Obwohl ich mich fragte, wie das passieren konnte. Immerhin war er immernoch halb Geist. Aber na ja, jedenfalls hatte ich ihn seitdem an der Backe. Merklich solle mir helfen! Peeves Albert weiterhin herum, ließ die Hälfte der Schokofrösche frei, die Jay und Freddy da gelassen hatten und zog mir meine Decke weg. Als ich versuchte, sie mir wieder zu erkämpfen, flog er höher und verschwand - mit meiner Decke - durchs Fenster. Ich hatte keine Ahnung, wie er das geschafft hatte, doch er kam schadenfroh kichern wieder. Natürlich ohne meine Decke. Wütend starrte ich ihm hinterher, wie er schließlich durch die Wand schwebte. Jetzt fiel mir auf, wie unendlich kalt es im Krankenflügels war. Ich schlang meine Arme um meine Knie und erwarte fast schon wieder eine Attacke von Peeves. Doch es war nur Poppy, die auf mich zu eilte und mich schließlich doch entließ, aufgrund der Umstände. Ich wusste nicht, ob ich sauer oder dankbar sein sollte, dass ausgerechnet Peeves mich von der Langeweile befreit hatte. Möglicherweise beides. Genau deshalb grinste ich böse und nahm mir vor, gleich heute Abend Jay und Freddy von meiner Idee zu erzählen. Peeves hasst Pfeile.

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Magical Contest 2019 - BeiträgeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt