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Niemand stirbt, ohne ein letztes Mal zu leben.

Natürlich hatte sie gewusst, dass diese Schlacht Opfer zu beklagen haben würde. Ihr war ebenfalls klar gewesen, dass auch sie sterben könnte - doch sich vor Augen zu halten, dass das Leben in einem nicht mehr viel Hoffnung trug, wollte sie sich nicht eingestehen. Ihre optimistische Natur hatte sie hoffen lassen, zurückzukehren, zu ihrem Sohn, ihrer Mutter und - in noch größerer Hoffnung - zu ihrem Ehemann. Als die Schlacht so plötzlich begann, als tausene Todesser aus allen Ecken stürmten, hatte sie es gewusst: sie würde Teil der Opfer sein. Obwohl die Todesser klar in der Überzahl waren, ließ ihre Hoffnung sie immer weiter kämpfen. Seite an Seite mit dem Werwolf, dem sie ihre Liebe geschenkt hatte. So kam es, dass sie, mit noch so wenig Erfahrung im Kampfe als andere des Ordens, Todessern gegenüber stand, die sich der dunklen Mächte noch dazu bemächtigten. Unerwartet schlug sie mehrere und ihre Hoffnung wuchs bei jedem erfolgreichen Fluch. Bis sie einer ihrer verhasstesten Feinde gegenüber stand. Gegen diese Person verspürte sie umso mehr die Lust, sich zu rächen. Einmal schon hatte sie die Chance gehabt und doch versagt. Nun spürte sie die Gegenwart ihres Mannes noch mehr, jener, der gegen Dolohov kämpfte, stets an der Seite von ihr. Sie blockte die Flüche von Bellatrix Lestrange ab, welche einst zu ihrer Familie gehörte. Sie hatte keine Chance gegen die Todesserin, doch wollte die Aurorin nicht kampflos aufgeben. In dem Moment, in dem ihr Zauber zu spät kam, um sie vor den Flüchen der Hexe zu schützen, wusste sie bereits, dass sie niemals wieder zu ihrem Sohn zurückkehren würde. Über ihr stürzten Felsen herab, keiner erschlug sie, doch ein jeder traf sie. Schmerzen breiteten sich in ihrem Körper aus. Sie sah den verzweifelten Blick ihres geliebten Werwolfs. Die Aufmerksamkeit, welche er ihr schenkte, wurde ihm zum Verhängnis, als er neben ihr dumpf aufschlug, viel zu leise, zu unbedeutend. Sie streckte die Hand nach der seinen aus, zog sich an ihn, verschwand in dem Schmerz, den ihr der Verlust seines Lebens brachte. Ihre eigenen Wunden zählten nicht mehr, als sie tief in die fernsten Erinnerungen fiel, um sie herum der Kampf.

Ihre Mutter beugte sich zu ihr herab. Ein herzliches Lächeln zierte ihr Gesicht, als sie mit ihrem Kind sprach. Das Kind blickte auf, und lachte seine Mutter an, ein so klares Lachen, welches nur Kinder zu dieser Zeit haben konnten. Ihr Vater stand neben des Kindes Mutter, liebevoll schaute auch er auf seine Tochter herab. Andromeda zauberte einen Keks hinter ihrem Rücken hervor und vor Freude verwandelten sich die Haare von der jüngeren Tonks in ein strahlendes Grün.

Tonks wurde klar, dass ihr Sohn kein besseres Leben führen konnte. Er würde in der Obhut ihrer lieben Mutter aufwachsen. Doch zugleich wurde der Schmerz des Todes ihres Vaters wieder real und die Schwärze, in der sie trieb, machte wieder der verschütteten Eingangshalle Platz. Niemand bemerkte die sterbende Tonks und ihren toten Werwolf, und so sank sie mit einem kleinen Lächeln wieder zurück in die längst vergangenen Erinnerungen.

Ihre Einteilungszeremonie in Hogwarts war ebenfalls einer dieser Momente gewesen, wo sich Tonks wichtig gefühlt hatte. In dieser Erinnerung saß sie auf dem Stuhl, der viel zu große Hut wurde ihr aufgesetzt. Voller Glück spürte Tonks erneut die Vorfreude und Aufregung von damals. Es war keine Überraschung für sie gewesen, dass Hufflepuff ihr Haus sein würde. Doch für sie war es ein denkwürdiger Moment gewesen, als einmal nur ihr die Aufmerksamkeit galt und sie beglückwünscht wurde. Ein dicklicher Geist tätschelte ihr die Schulter. Und auch wenn andere diese Geste als unangenehm bezeichnen würden, Tonks freute sich über diese Freundlichkeit.

Auch wenn Hogwarts ihr immer ein zweites Zuhause gewesen war, so gab es auch schmerzhafte Momente in ihrem Leben, die sich in den Mauern der Schule ereigneten. Selbst in diese wurde Tonks geworfen.

Diesmal sah sie sich selbst weinen. Auch wenn sie immer fröhlich war oder es vorgab, zu sein, so war sie das nicht immer. Auch wenn Tonks immer hilfsbereit gegenüber allen Häusern gewesen war, so gab es Außnahmen, Schüler, die sie nicht würdigten und respektierten. Oft wurde sie von Slytherins beleidigt, welche dachten, dass sie ihr Erbe beschmutzt hatte, indem sie nach Hufflepuff gegangen ist, statt wie ihre Mutter nach Slytherin. Das waren die Momente, in denen sich Tonks immer wieder fragte, ob sie es Wert war, zu leben. Diese Selbstzweifel waren besonders in der fünften Klasse stark geworden. Doch Tonks hatte immer den Halt ihrer Familie und überstand diese Phase. doch es waren keine schönen Erfahrungen gewesen.

Tonks sah über diese Erfahrungen hinweg, doch all ihre Gefühle erneut zu spürne, schmerzte sie. Doch genug Zeit hatte sie nicht mehr, während ihr halbes Leben an ihr vorbei zog.

Momente, in denen ihre Freundinnen sich abwandten, schmerzten.

Momente, in denen Tonks respektiert wurde, linderten den Schmerz.

Ihre Erinnerungen gelangten an den Punkt, in dem sie dem Orden beitrat. Und das erste Mal auf ihren Verwandten Sirius Black traf. Und auch das erste mal auf Remus Lupin, jenem Mann und Werwolf, welchen sie später heiraten würde. Noch ganz genau erinnerte sie sich an das Zusammentreffen.

Die tollpatschige Tonks stolperte über einen Jackenständer. Erschrocken hörte sie zum ersten Mal das Kreischen von Walburga Black. Zwei Männer stürzten auf sie zu, der eine schwarzhaarig, der andere braunhaarig. Zerknirscht stand die junge Aurorin neben den beiden Zauberern, während sie mit vereinten Kräften das Gemälde zum Schweigen brachten. In der Stille, die sich daraufhin ausbreitete, sagte Tonks freundlich, wenn auch ein wenig verlegen: "Hallo, ich bin Tonks." Auch die anderen Männer stellten sich vor, wenn auch etwas zögerlich. Sirius Black akzeptierte Tonks schnell, als ihr erklärt wurde, was die Wahrheit war. Remus Lupin erweckte ihr besonderes Interesse.

Tonks lächelte, ihr Leben würde bald seinen letzten Atemzug tätigen.

"Nein!" Der Ruf von Harry schallte durch die Mysteriumsabteilung. Und Tonks wusste, dass sie versagt hatte. Nie wieder würde Sirius seine Späße machen können. Und sie war daran schuld.

"Was ist dein Problem, Lupin?" "Ich bin ein Werwolf."

"Sie will ihn trotzdem heiraten, obwohl er gebissen wurde! Es ist ihr egal!"

"Das ist was anderes. [...]"

"Aber mir ist es auch egal, mir ist es egal!"

"Ich liebe dich. Und ich will auch wirklich nur dich. Egal, wie oft du es bestreitest, meine Liebe wird immer nur dir gelten."

"Ich liebe dich auch, Dora. Und ich will es nie wieder bestreiten."

"Teddy Remus Lupin"

"So willst du ihn nennen?"

"Ja. Zwei Männer, die mein Leben verändert haben."

"Zwei?"

"Ja, Mr. Lupin. Zwei."

Glückliche Momente schnellten vorbei. Teddys Geburt, die Heireat mit Remus, sein Liebesgeständnis. Doch auch die schlimmsten Momente - Sirius Tod.

Tonks wurde zurück gezogen, in ihr endendes Leben. Neben ihr lag noch immer ihr Werwolf. Seine Hand war kalt geworden, doch Tonks versuchte das bisschen Wärme in seinen toten Augen wieder zu finden. Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem letzten Lächeln, ihr Blick ruhte auf Remus. Sie drückte schwach seine Hand und verließ mit einem letzten Atemzug das Leben.

Zusammen hatten sie den Kampf namens Liebe begonnen und gemeinsam beendeten sie ihn.

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1160 Wörter *

Ich hoffe, ich konnte Tonks gebührend ehren, auch wenn sie ihr Leben wie viele Andere in der Schlacht verwirkt hat. Tonks war immer eine Kämpferin und sie hätte meiner Meinung nach mit am meisten das Glück verdient, zu leben.

"The ones that love us, never really leave us." ~ Sirius Black

*mit Zitaten aus Harry Potter und der Halbblutprinz















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