Kapitel 15 - Noch ein Tod

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Angst ist es, die mich fest umklammert hält, als die Mutationen auf uns zu stürmen. Nicht zu vergleichen mit unseren anderen Feinden, den Tributen und Siegern, sind diese Mutationen unberechenbar. Erschaffen von den Spielemachern, sind sie allesamt dreist und gnadenlos, geführt von den Händen im Kapitol, geben sie nicht auf. Sie fliehen nicht, sie ergeben sich nicht, sie machen weiter bis sie jeden getötet haben oder selbst gefallen sind. Ich spüre wie ich zittere, als ich einen Pfeil einlege und auf die erste Mutation ziele. Sie sind noch knappe hundert Meter entfernt, als ich los lasse. Mit einem Schnauben, dass die Erde erbeben lässt, knickt das Vieh ein und bricht den Pfeil in seiner Brust ab, als es zu Boden fällt. Seine Kumpanen zögern nicht, sie stürmen an ihm vorbei und halten weiter auf uns zu. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie Kyra, gefolgt von Quirin und Alecto, auf die zwei Mutationen zu unserer linken zulaufen, die Waffen erhoben.
"Schieß nochmal!", brüllt Atlas und dann steht die Zeit still.
Die Mutation mit dem Pfeil in der Brust rappelt sich auf und die anderen drei rennen in uns hinein wie eine nutzlose Barrikade. Mein Bogen wird nach hinten gerissen, als Seda in meine Beine geschleudert wird und mich von den Füßen reißt. Der Pfeil geht los und trifft unerwartet sein Ziel. Ich höre es jaulen und hoffe nur, dass es tödlich war, dann springe ich wieder auf. Ich reiße Seda an den Armen hoch und bin versucht sie hinter mich zu schieben, doch da hat sie sich schon los gerissen. Mit nach vorne gerichtetem Speer rennt sie auf ein Biest zu, dass Victoria an der Jacke gepackt hat. Von irgendwoher ertönt ein schriller, menschlicher Schrei, aber ich kann nicht darauf achten. Alles verschwimmt um mich herum und das Metall meiner Pfeile ist kühl. Ich verschieße mindestens zehn Stück und jeder trifft eines der drei Viecher, die meine Verbündeten in Schach halten. Doch keines bricht unter meinen Pfeilen zusammen.
Kyra und die anderen, die mit den anderen zwei Mutationen kämpfen, umkreisen diese und schlagen zusammen mit ihren Waffen auf die Biester ein. Sie sind hartnäckig und obwohl ihr Blut literweise vergossen wird, bleiben sie standhaft. Ein Pfeil landet im Auge einer besonders hässlichen Mutation, die Seda ihre Zähne in den Rücken geschlagen hat. Sie lässt locker und wendet sich mit geiferndem Maul mir zu, als ein neuer Pfeil sie direkt in den Rachen trifft. Unachtsam prescht sie auf mich zu und rasselt dabei mit einem Artgenossen zusammen. Es könnte fast lustig aussehen, wären da nicht die wütenden Schreie der Tiere, als sie sich kurz ineinander verbeissen und dann wieder auf ihr Ziel zuhalten.
Ich ziehe erneut die Sehne zurück und habe den Kopf der Bestie im Visier, hoffend dass ich das Gehirn durchbohren kann. Doch da sind neue Schritte, tief und dumpf, hinter mir. "Neva hinter dir!"
Das ist Atlas und er klingt verzweifelt. Ich höre einen neuen menschlichen Schrei, Metall dass auf etwas tierisches schlägt und ich drehe mich um. Eine andere Mutation schnellt von hinten auf mich los und ich Weiss, dass ich verloren bin.

" Duck dich!"
Ein erneuter Ausruf, diesmal von Seda und ich kann von Glück reden schnell genug zu reagieren. Ihr Speer fliegt auf uns zu, als ich mich fallen lasse und sogleich von meiner Position wegrolle. Ehe die zwei Mutationen ihre Richtung ändern können, durchbohrt der Speer die erste, tritt am Vorderkopf wieder aus, um  dann erbarmungslos in den Schädel der anderen zu versinken. Keuchend atme ich aus, während meine aufgeschürften Hände wie Feuer brennen und sehe zu, wie die Angreifer im Tod vereint aufgespießt zusammen brechen.
Sedas Augen begegnen meinen und ich sehe, dass sie ebenso überrascht ist wie ich. Ein Blick nach links verrät mir dass nur noch zwei Mutationen am Leben sind. Kurz atme ich durch und lasse mir von Seda aufhelfen, komme nicht drumrum die Gestalt am Boden zu sehen. Es ist Aury. Sie liegt verdreht da und krümmt sich vor Schmerz. Mein Herz setzt für einen Moment aus, aber ein Ausruf reißt mich notgedrungen von meiner verletzten Verbündeten los. "Neva, wir brauchen deinen Pfeil!"
Ich drehe mich um, Atlas und Victoria haben den Anführer der Bestien zu Boden gerungen und weichen dabei den knochigen, spitzen Scheren an dessen Schwanz aus.
Das Tier ist lebensgefährlich verletzt, doch es ringt immer noch darum jemanden zu töten und schlägt mit seinen Pranken aus. Ich ziehe einen der letzten Pfeile aus meinem Köcher und ziele auf den wild umherwerfenden Kopf. Dennoch treffe ich mein Ziel und das Biest bricht leblos zusammen. "Verdammt", zischt Victoria und stützt atemlos die Hände auf ihre Oberschenkel. Schweiß rinnt auch Atlas über das Gesicht, doch er nickt mir kurz dankbar zu. Seda unterdessen schwankt etwas und verzieht schmerzhaft das Gesicht. Als sie meinem fragenden Blick begegnet, lächelt sie mich beruhigend an.
Die Kampfgeräusche der anderen brechen ab, als Quirin mit einem Brüllen und einem kräftigen Hieb seines Schwertes, den Kopf der letzten Mutation abtrennt.
Wir haben es geschafft.

"Jemand verletzt?"
Statt einer Antwort auf Atlas gerufene Frage, stolpere ich zu Aury hinüber, die mir schon mit leeren Augen entgegen sieht. "Aury!", ruft Quirin und sinkt neben ihr zu Boden. Ihr Oberkörper liegt in Fetzen und ihre Kleidung ist getränkt in Blut. "Sie haben mich erwischt", stößt sie unnötigerweise hervor, denn die langen und tiefen Schlitzwunden sind klar zu erkennen.
Ihr Atem geht stoßweise und abgehackt und es dauert nicht lange, bis wir uns alle um sie versammelt haben. Atlas kniet sich neben sie und ergreift ihre Hand, während ihre Augen umherirren. "Ihr wart.. gute Verbündete.", stockt sie und verkrampft die Augen, als sie eine neue Schmerzwelle packt. Keiner von uns versucht die Wunden zu bedecken, denn sie sind so tief, dass lebensnotwendige Organe bereits verletzt sind. Wir können ihr nicht mehr helfen und ich verspüre Trauer, um das starke Mädchen aus 2.
"Aury, ich bin froh dass du dabei gewesen bist. Wir alle.", bestätigt Atlas meine Gedanken und drückt ihre Hand beruhigend.
"Ohne dich wären einige von uns bestimmt tot.", stimmt jetzt auch Seda leise zu und ich lächel sie dankbar an.
Der Abschied hängt in der Luft, zusammen mit dem verfaulten Geruch der toten Mutationen. Es ging alles viel zu schnell und Aurys bevorstehender Tod hätte verhindert werden können.
" Einer.. Einer von euch muss gewinnen. Einer aus 2. Bitte. Bitte...geb das meiner Mutter."
Mit letzter Kraft drückt Aury Atlas etwas in die Hand, woraufhin er es sofort in seiner Faust umschließt. Aury möchte das Atlas gewinnt und für einen Moment, versetzt mir das einen heftigen Stich. "Versprochen", flüstert Atlas leise, doch ich kann ihn hören.
"Lass los", murmelt Atlas jetzt, das was ich auch zu Akira gesagt habe, als sie in meinen Armen starb.
Aurys Augen wandern noch einmal über uns drüber, bleibt an jedem Augenpaar hängen. Mich sieht sie etwas länger an, bevor sie langsam nickt und dann ihren Kopf zurück fallen lässt. "Tut mir leid, Dad", flüstert sie. "Bis bald, Precious", verabschiedet sie sich jetzt auch von ihrem Hund, daheim in 2.
Dann hört sie mit einem Male auf zu atmen und die Kanone zerfetzt unsere Herzen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 06, 2019 ⏰

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