8 - Nachtgespräch

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Miss Allencomb hatte mir erklärt, dass manche Krisen lange dauern können und manche es nicht schafften, ihre Krise zu bewältigen, vor allem wenn sie ein ausgeprägtes magisches Talent besitzen. Warum das so war, wusste sie selbst nicht, nur das es so war, wusste sie. Ich schüttelte unwillkürlich den Kopf. Geduld und Übung, wiederholte ich den Satz, der mit die letzten drei Monate Wegweiser war und immer noch ist. Ich hätte schon lange gehen können und meine Mutter wäre mehr als froh gewesen, wenn ich wieder nach Hause gekommen wäre, aber es ging nicht, es wäre mir wie Verrat vor gekommen, wäre ich gegangen, bevor es auch Nummer 14 besser ging. Wenigstens deutlich besser als jetzt. Sie war sie Einzige von denen, die am Anfang mit mir hier gewesen waren. Es waren Neue gekommen... nur Nummer 14 war noch hier. Und ich, aber das war eine andere Sache.

Ich beobachtete Nummer 14 nun schon so lange und ich war mir mittlerweile sicher, dass Nummer 14 eine Frau ist, manche kleine Bewegungen die sie macht, verraten sie. Nummer 14... ich habe versucht, selbst kleinste Verbesserungen zu entdecken. Nichts. Beim besten Willen nichts. Das sich in so einer langen Zeit bei ihr nichts verändert hatte, machte mich wütend und zugleich hilflos. Wenn sie nicht bald eine Veränderung erlebte, könnte es passieren, dass sie in den vierten Stock verlegt werden würde. Ich kann nicht sagen warum, aber das durfte nicht sein. Ich wusste, dass ich nicht an ihrem Zustand Schuld war, und trotzdem... es war wie ein drohender Zauberstab mit einem Petrifikus. Ich war mir nicht sicher, was es mit mir machen würde, wenn sie wirklich zwei Etagen nach unten musste. Ich schluckte und versuchte mich wieder auf den Text zu konzentrieren. Meine Augen flogen über die Buchstaben in dem Versuch, eine bekannte Stelle zu finden. Etwas resigniert fing ich wieder am Anfang der Seite an.

Heilzauber wirken nur auf den Körper. Anders als manche Flüche, die auch den Geist beeinflussen, wurde bisher noch kein Zauber gefunden, der den Geist...

Hm... Sie sass immer noch in ihrer Finsternis fest. Wie lange kann es ein Mensch ertragen, alleine in einem lichtlosen Verliess zu sein. Vielleicht war es schon zu spät? Sie war beinahe wie eine Puppe. Sie ass, wenn jemand sie dazu anhielt und lief, wenn man sie führte, ansonsten sass sie nur da, zusammengekauert, ein kleines schwarzes Bündel.

Sie mochte die Kurgeln, besonders eines, das sie auch zu mögen schien, blieb oft über eine Stunde bei ihr, obwohl sie ihn nie fütterte. Ich hatte sie auch heute morgen wieder beobachtet, ihr das eine Kurgel gegeben, in der Hoffnung, dass sie endlich mehr Reaktion zeigen würde... Seufz.

Ich hatte mittlerweile – und dafür war ich McGonagall wirklich dankbar - die Abteilung wechseln dürfen, hatte hier auch schon die meisten Bücher über Heilkunde durch, inklusive die dazugehörigen Zaubertränke und Kräuter, aber es liess sich wirklich nichts finden, was in solchen Krisen helfen würde. Nicht dass Miss Allencomb und die anderen Heiler mich nicht gewarnt hätten. Es ist trotzdem etwas anderes, wenn einem jemand etwas sagt oder wenn man selbst an dem Punkt angekommen war, an dem man alles probiert hatte und einsehen musste, dass es wirklich nichts zu geben scheint. In solchen Momenten hatte ich Mühe, meine Wut zu kontrollieren. Am liebsten würde ich meinen Zauberstab nehmen und alles um mich herum explodieren lassen. Nicht das das helfen würde, das wusste ich selbst. Aber es erschien immer noch besser als diese endlose Hilflosigkeit angesichts der Situation von Nummer 14.

Wieso reagierte sie nicht? Alle anderen reagieren auf die Blumen, die Düfte oder die Honigschwärmer. Selbst eine Katze hatte sich wochenlang davon faszinieren lassen, war immer und immer wieder auf dem Dach und auf verschiedenen Fenstersimsen aufgetaucht und hatte neugierig alles beobachtet. Warum sie nicht, warum zeigte Nummer 14 keinerlei Interesse an den Dingen um sie herum?

„Mister Malfoy" sagte die alte, scharfe Stimme aus dem Dunkeln der Bibliothek. Ich erschrak, zuckte zusammen und hätte beinahe das Buch, das ich gerade las, fallen gelassen. Tur, mein Kurgel verlor, von meiner Bewegung überrascht, den Halt und rutschte von meiner Schulter. Vermutlich hatte sie schon geschlafen, sonst wäre ihr das nicht passiert. Während sie ihren kleinen Kopf aus dem Fell streckte und protestierend quiekste nahm ich sie und setzte sie wieder auf meine Schulter. "Alles gut, nichts passiert." flüsterte ich ihr zu, während ich sie kraulte. Als sie sich beruhigt hatte, wandte ich mich meinem Besuch zu.

Ich und DracoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt