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Er hatte keine Ahnung, wie lange sie dort so nebeneinander gesessen und gewartet hatten, aber mittlerweile schien es bereits zu dämmern. Der Morgen brach heran. Sie waren erst seit wenigen Minuten wieder auf den Dächern unterwegs.

"Wir sind jetzt aus dem Revier der Pirates raus... Könn'n wieder auf die Straße runter...", nach dem sie das gesagt hatte, kletterte sie an einer vergilbten alten Hauswand eine klappernde Regenrinne hinunter. Er folgte ihr. Unsicher, ob die Regenrinne seinem Gewicht standhalten würde. Unten angekommen sah er sich um. Wo war sie hin? Auf der anderen Straßenseite stand eine Gruppe finster dreinschauender Jugendlicher.

"Willst du noch weiter hier rumstehen? Dann kannst du dir gleich eine Zielscheibe auf die Brust malen", ertönte ihre Stimme und er folgte ihr in eine alte U-Bahnstation. "Wenn du hier überleben willst, musst du  schon so tun als würdest du zu uns gehören...", murmelte sie und trat gegen eine alte Getränkedose, die scheppernd über den kaputten Fliesenboden der alten Bahnstation rutschte.

Der Gestank hier drinnen war kaum auszuhalten, weshalb er versuchte sich abzulenken indem er die Umgebung und seine Begleitung musterte. Sie sah nicht wirklich vertrauenswürdig aus. Warum vertraute er ihr überhaupt? Er kannte nicht einmal ihren Namen. Erst jetzt fiel ihm das rote Bandana an ihrem rechten Handgelenk auf. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er sagen, dass es nicht rot, sondern blutgetränkt war. Was verbarg sie darunter?

Obwohl ihm so viele Fragen auf den Lippen brannten, entschied er sich für eine andere: "Wer waren die Kerle da draußen?" Sie sah ihn über ihre Schulter an, während sie vom alten Bahnsteig herunter ins Gleisbett sprang. Er folgte ihr. "Du meinst die, die auf der anderen Straßenseite gechillt haben?! Harmlos. Das waren Z's. Die sind viel zu unwichtig und klein, dass sie sich jemals an uns heranwagen würden", antwortete sie. Sie strich im Gehen durch das Gleisbett an der Wand des alten Bahntunnels entlang. Uralte Notausgangslichter in 25 Meter Abstand sorgten für minimale Beleuchtung, die ausreichte um gerade eben die eigene Hand vor dem Gesicht zu erkennen. Ansonsten war es stockfinster hier unten. Dennoch stutzte er: ""Uns"? Wer seid "ihr"?" Sie schien zu grinsen, man hörte es an ihrer Art zu sprechen: "Man nennt uns die "Shadows", weil wir eben immer und überall sind, man uns aber nich' sieht. Wir leb'n in den Schatten und unsere Seelen sind so dunkel wie unser Schatten selbst", sie lachte. "Neben den Pirates, den Royals, den Catchern und den Wolves sind wir hier in der Gegend diejenigen mit dem größten Revier und Einflussgebiet." Er nickte, auch wenn sie es nicht sehen konnte und fügte noch eine Frage hinzu: "Was macht ihr so den ganzen Tag über?" Sie schien sich ein Lachen verkneifen zu müssen. "Wir tun Dinge, die 'nem Bullen der Elite ganz sicher nich' gefallen", begann sie zu erzählen, als das Licht langsam wieder mehr wurde, weil sie sich dem nächsten ehemaligen Bahnhof näherten. "Hier drauß'n gibt es ja nich' nur uns Rebellen, sondern eben auch normale Leute. Viele normale Leute. Wir Rebel-Gangs sind eindeutich in der Unterzahl. Und wenn wir mal keine Fede mit einer anderen Gang bestreiten, klauen wir von den Feldern hier in der Nähe, oder in Läden. Wir dealen mit allem was wir in die Finger kriegen. Einige von uns kiffen zum Zeitvertreib oder spionieren den anderen Gangs nach. Autorennen oder an den Autod herumschrauben. Hier gibt es schon einiges zu tun."

Schon sprang sie wieder auf den Bahnsteig und ging die Treppe nach oben. Kurz darauf waren die Beiden wieder auf offener Straße. Es herrschte wenig Verkehr hier. Aber das war normal. Viele Leute hier draußen konnten sich kein Auto leisten.

Resistance - Wir kämpfen um unser Leben.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt