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"Wir können nur einen mitnehmen. Das heißt, wir müssen uns darauf konzentrieren, wer wie ein Arzt aussieht. Irgendwelche Vorschläge?"
Peter schüttelte den Kopf und konzentrierte sich auf eine Ameise, die sich in seinen Arm verbiss und auch nach einigen Versuchen, sie abzuschütteln, nicht nachgab.

"Kann ich dir helfen?", fragte Raven mit einem interessierten Blick und inspizierte den Arm des Kriegers, der mit schmerzverzerrtem Gesicht einen Schrei unterdrückte.
"Du musst stillhalten, ich weiß es ist nicht leicht, aber sonst kriege ich sie da nicht weg..."
"Das ist es nicht...", presste Peter hervor und rutschte auf den Knien hin und her, "Ich hab mich in ein Ameisennest gesetzt!"

"Nicht zu fassen.", seufzte Luke ungläubig und zog Raven sein Fernglas aus der Tasche.
Sein Auge glitt nun über die Menschenmenge wie das eines Raubtieres, ihm schien nichts zu entgehen und wachsam nahm er jedes Detail wahr, das ihm Aufschluss über die Helfer geben konnte.

Fast gänzlich außer Acht ließ er dabei eine junge Frau, deren pechschwarzen Haare wie Ranken aus schwarzem Gold unter ihrem kunstvoll verzierten Hut auf ihre Schultern fielen.
Ihr maßgeschneidertes Kleid war jedoch eher unscheinbar, wenn man beachtete, wer diese Frau eigentlich war- niemand geringeres als
Miss Diane Jones, der ganze Stolz und einzige Tochter ihres Vaters Ronald Jones, einem der mächtigsten Britischen Männer in Amerika.
Was Geschäfte anging, war er der große Meister Englands, und keine Militärische Entscheidung wurde je ohne seinen Rat und sein Gespür für den richtigen Weg zum Ziel getroffen.
Die Familie Jones war selbsterklärend die reichste in der kleinen Stadt Vescia, doch man konnte so viel Geld haben wie man wollte - vor der Pest war auch ein Milliardär nicht sicher.

Das war vermutlich auch der Grund dafür, dass auch Ronald Jones die Stadt nicht verlassen konnte, und dafür, dass seine Diane sich einen Dunklen Schleier über das Gesicht gezogen hatte und mit schnellen Schritten über den Platz eilte...

Halt machte sie erst, als sie einem etwas älteren Mann in gepflegter Kleidung gegenüberstand, den sie augenblicklich prüfend beäugte.
"Sind sie als Arzt hier?", fragte sie forsch und drängte mit dem Ellenbogen eine ältere Dame weg, die den Helfer ebenfalls anwerben wollte.
"Heilpraktiker, Miss. Eine weitaus edlere Kunst der Heilung als dieses stumpfe einnehmen von Pillen..."
Verunsichert ließ Diane die Schultern sinken und dachte nach.
"Nun... Ich habe von der Heilpraktik gehört... Ich-"
Sie verstummte jäh, als beinahe direkt neben ihr die alte Frau laut auflachte.
Die gesamte Menschenmenge drehte sich zu der Dame, die jetzt mit einem spöttischen Blick den jungen Helfer sich gegenüber musterte.
"Ich bitte Sie.", fügte sie mit erhobenem Haupt hinzu, "Für wen halten sie mich, dass sie mich derartig zu manipulieren versuchen?"
Der Mann schien nicht sonderlich überrascht von der Reaktion, kein Wunder - besonders viel Wert konnte seine Arbeit tatsächlich nicht sein, wenn man nur einmal seine Kleidung betrachtete. Das einzige, was zumindest erahnen ließ, dass er als Helfer für Vescia wertvoll war, war die - dennoch sehr zerstaubte - Melone, unter der seine blonden Locken hervorlugten. Alles in allem schrie seine Erscheinung das Wort Handwerker, doch nach wie vor blieb die Frage...
"Was hat Ihnen der Mann denn getan, Lady Balton?", nahm soeben der Dorfschmied Barry Diane die Worte aus dem Mund.

"Er meint doch ernsthaft...", schnaubte Lady Balton und wich voller Abscheu vor ihrem Gegenüber zurück, "... Man würde ihm hier glauben, dass er in der Lage sei-", bei ihren letzten Worten deutete sie mit dem Finger auf den Handwerker und ihre Hand zitterte vor Freude über seine Bloßstellung, "-Menschen unsterblich zu machen!"

Oil, please.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt