Oil, please.

6

Luke bahnte sich seinen Weg durch die Menge, bis er vor einem hageren Mann mittleren Alters stand, der ihm kaum Beachtung schenkte.
Ohne zu beachten, dass der Mann sich im Gespräch mit zwei Frauen befand, packte er ihn an der Schulter und zog ihn zu sich herum.
Erschrocken sah der Freiwillige ihn an, Luke sah zurück und schätzte ihn kurz von oben bis unten ab.
"Wie viel?", fragte er knapp.
Der Mann schien mehr als verlegen und trat von einem Fuß auf den anderen, als er antwortete:
"Hören Sie, junger Mann, ich habe mich gerade mit diesen beiden reizenden Damen unterhalten. Sie müssen doch verstehen, dass-"
"Ich verstehe vor allem, dass diese Damen mit einem so kurzen Kleid keine weiteren Probleme haben werden, einen anderen Helfer zu finden, ich habe nur rohe Gewalt, wenn dir mein Preis nicht passt. Also... ", er beugte sich zu dem Mann und sah ihm direkt in die Augen,
"Wie viel?"
Sein Blick wanderte an dem Gesicht herunter, zu seinem Hals und über seinen Mantel, bis zu seiner linken Hand. Er war verheiratet, das war sofort an dem funkelnden Ring zu erkennen, in dessen Mitte ein tiefgrüner Edelstein saß. Mit seiner Farbe und Form erinnerte er stark an die Verzierung von Lukes Rüstung, ja, es waren tatsächlich fast exakt dieselben grünen Steine wie in seiner Kleidung.
Luke sah von dem Ring zu den Augen des Mannes und wieder zurück zum Ring. Er schnaubte leise, aber verächtlich und stämmte die Hand in seine Seite.
"So ist das also...", knurrte er mit einem leichten Lächeln, "Nicht nur ein Untreuer Ehemann, nein, du bringst es richtig, Volksverrat ist dein Motto, hab ich Recht?"
Sein Gegenüber schluckte. In seinem Kopf schienen sich etliche Erinnerungen abzuspielen, eine schmerzhafter als die andere.
"Ich sag dir jetzt wie das laufen wird, und solltest du irgendwie auf die Idee kommen, mich zu verarschen oder ähnliche Dummheiten, dann wirst du dir noch wünschen, die Engländer hätten dich damals mit plattgemacht. Verstanden?"
Ein stummes Nicken war die Antwort. Schweißperlen bildeten sich auf der Stirn des Helfers.
"Gut so.", nickte Luke mit finsterem Blick, "Ich gebe dir gleich zweihundert Dollar und du tust so, als wärst du einverstanden, du wirst sie annehmen. Dann schütteln wir uns die Hände und gehen gemeinsam in die nächste Seitenstraße und da bleiben wir stehen. Den Rest klären wir da."
Im Hintergrund, nicht weit von Luke entfernt, erklang ein Ruf. Luke ignorierte ihn, aber für jemand anders war er sehr von Bedeutung.
"Miss Jones!"
Diane drehte sich um. Sie hätte nicht gedacht, dass jemand sie hier rufen würde, doch sie erkannte die Stimme. Sie gehörte ihrem früheren Kindermädchen Liz, das aufgebracht durch die Menschen zu ihr stapfte. Ihre roten Wangen glänzten noch kräftiger vor Aufregung, als sie bei Diane angelangt war, "Oh mein Gott, Miss Jones!", rief sie erneut und verfiel in Schnappatmung.
"Sie können sich doch nicht hier draußen herumtreiben, wer weiß was könnte passieren! Wollen Sie sich etwa anstecken, mit dem-"
"Dem Schwarzen Tod?"
Entrüstet unterbrach Liz Ihre Panikattacke und starrte den jungen Mann, der ja offenbar Jonathan hieß, verwundert an.
Man konnte sich vorstellen, was in ihrem Kopf vorging, als sie seine verstaubte Kleidung und die wüsten Locken betrachtete, die unter seinem Hut hervorlugten.
"Verzeihen sie, wie ich sehe fürchten sie die Pest. Dann möchte ich ihnen mein Angebot vorstellen: Ich habe in langer und fleißiger Arbeit einen Weg gefunden, -"
"Sofern sie nicht in langer und fleißiger Arbeit einen Weg finden, nicht wie eine Virenschleuder auszusehen, bieten sie Miss Jones gar nichts an, sie Flegel. Und jetzt Marsch! Machen Sie den Weg frei!", befahl Liz abfällig und machte eine angeekelte Handbewegung in die Richtung des Handwerkers. Der war so verwirrt vom Kommandoton der älteren Dame, dass er tatsächlich Platz machte.
Zerknirscht lief Diane nun hinter der Haushälterin her, Widerspruch war in diesem Fall scheinbar zwecklos. Sie warf einen letzten Blick auf den seltsamen Mann, der enttäuscht darüber, soeben seine einzige Interessentin verloren zu haben, hinter den beiden her sah...