Abschnitt 6

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Juris Männer kehrten nach und nach in die Pausenhalle zurück. Sie trieben die versprengten Schüler, die sie auf ihrer Durchsuchung der zugewiesenen Etagen aufgefunden hatten, vor sich her. Die Schüler drängten sich verängstigt aneinander, weinten oder starrten apathisch vor sich hin.

„Los, macht schon! Alle nach da hinten!" Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, schwang einer von Juris Männern seine Waffe in die angegebene Richtung. Verängstigt kamen die Schüler seiner Aufforderung nach.

Einer seiner Kollegen führte seinen „Fang" ebenfalls in die Halle. „Sind das die Letzten?"

„Von meiner Route ja, aber Juri ist noch unterwegs. Gut möglich, dass er noch welche findet."

„Verstanden." Er aktivierte die Freisprechfunktion an seinem Headset und erstattete Ares Bericht. „Ebenen zwei und drei gesäubert."

***

„Verstanden."

Alles verlief genau nach Plan. Ares befand sich im Büro des Schuldirektors und hatte es sich dort in dem großen Chefsessel bequem gemacht. An der Tür hielt einer seiner Männer Wache; eine weitere Wache stand draußen. Der Direktor selbst saß ihm gegenüber. Zwischen ihnen nur der große, schwere Schreibtisch aus dunklem Akazienholz. Ares stützte lässig seinen Kopf mit einem Arm auf eine der Lehnen und blickte dem Direktor unverwandt in die Augen; was dafür sorgte, dass diesem der kalte Schweiß aus sämtlichen Poren brach.

„Es wird Zeit, dass wir beide uns ein wenig unterhalten, Herr Direktor."

„Was wollen Sie denn von mir wissen?" Der Direktor zupfte nervös an seinem Kragen und tupfte sich den Angstschweiß mit einem Taschentuch von der Stirn. Mit seiner freien Hand versuchte er an den tragbaren Panikknopf zu gelangen, den er in seiner Jackentasche versteckt trug. Er stellte sich dabei jedoch derart linkisch an, dass Ares die Bewegung sofort auffiel. Er nahm die Waffe, welche er bis jetzt vor sich auf dem Schreibtisch hatte liegen lassen, auf und zielte damit auf den Direktor.

„An Ihrer Stelle würde ich mir das noch einmal ganz genau überlegen. Es sei denn Sie wollen herausfinden ob ich schneller den Abzug betätige als Sie den Knopf drücken können."

Panik ergriff den Direktor. Er hob sofort die Hand, mit dem Panik-Knopf darin, hoch und legte diesen auf den Schreibtisch. „Schon gut! Schon gut! Nichts passiert... Bitte... bringen Sie mich nicht um. Ich habe Frau und Kinder!"

„Wenn Sie meine Fragen beantworten und sich kooperativ zeigen, wird Ihnen nichts passieren. Sie werden heute Abend zu Ihrer Familie zurückkehren können und ihnen von Ihrem kleinen Abenteuer hier berichten können."

Ares beugte sich zu dem Direktor vor, noch immer die Waffe auf ihn gerichtet, und blickte ihm durchdringend in die Augen. „ Sie werden doch kooperativ sein, oder?"

„Aber ja! Ja!" Die Stimme des Direktors überschlug sich geradezu und klang beim letzten Ja ein wenig zu schrill.

„Eine weise Entscheidung." Ares legte die Waffe wieder vor sich auf den Schreibtisch, dann holte er ein Foto hervor und zeigte es dem Direktor. „Erzählen Sie mir von ihr."

***

Jessie hatte währenddessen fast alle Zimmer auf dem Gang überprüft. Enttäuscht hatte sie feststellen müssen, dass ihr heroischer Plan anderen Schülern oder auch Lehrern zu helfen ein Flop zu werden drohte. Keines der Zimmer die unverschlossen waren, beherbergte auch nur eine einzige Person. Jessie ertappte sich nicht zum ersten Mal in den vergangenen Minuten bei dem Gedanken, dass es doch besser gewesen wäre, wenn sie zusammen mit ihren Freundinnen geflohen wäre. Was hatte sie nur geritten, etwas derart Hirnrissiges zu tun?

Gen-X: OuroborosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt