4. Afternoon Tea

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Yongguk war verlässlich.

Auf Wooyoungs schräge Geschichte von seinen Halluzinationen und dem Mann unter seinem Bett hin, brach er nicht in zynisches Gelächter aus und zu Wooyoungs größter Überraschung sah er beinahe auch verständnisvoll aus. Er hatte sich den jüngeren Mann geschnappt und in seine sterile Küche gesetzt, hin und wieder in Antwort brummend Tee aufgekocht, während Wooyoung redete wie ein Wasserfall.

"Aber du sagst, du kanntest den Mann nicht? Bist du dir sicher, dass es nicht eine dieser vom Schlafmangel induzierten Täuschungen war?", begann er danach absolut nüchtern an das Thema heran zu gehen, setzte eine warme Tasse vor Wooyoung ab, um die er sofort wohlig die Hände schmiegte.

"Sicher sein, kann ich in meinem derzeitigen mentalen Status ohnehin nicht. Aber es wird zu viel, um nur an mir zu liegen. Es ist zu verdächtig und er hat sehr real gewirkt."

"Wo hast du überall Änderungen festgestellt?"

Und Wooyoung erzählte. Jedes kleine Detail, an das er sich erinnerte, jede augenscheinliche Illusion und von jeder naiven Angst. Yongguk lauschte ernst und nippte immer mal wieder nachdenklich an seinem Tee, schwieg.

Wooyoung war ausgelaugt, nachdem er endlich alle Vorfälle zusammengefasst hatte, den im Kühlschrank eingenommen. Er sackte knochenlos auf seinem Stuhl zurück, die Tasse in seinen Händen ein kaum ausreichender Trost.

"Ich kann dir anbieten dich nach Hause zu begleiten und einen Blick auf die Sache zu werfen. Aber wie es klingt, ist das sehr an dich und deinen Zustand gebunden."

Yongguk holte tief Luft und Wooyoung machte sich bereit an einen Psychologen weiterempfohlen zu werden, an ein Krankenhaus oder direkt eine Anstalt, aber was Yongguk stattdessen sagte, war nicht einmal in der Nähe davon.

"Ist dir aufgefallen, dass du mit deinen Kindheitsängsten zu tun hast? All diese Dinge, etwas unter dem Bett, etwas das einen in der Dunkelheit jagt, das Stuhlmonster... sie haben eine Gemeinsamkeit, nicht?"

Wooyoung lauschte vermutlich viel zu aufmerksam für derartige Spinnereien, Tee vergessen, als er an Yongguks Lippen hing. Der sprach in seiner tiefen Stimme murmelnd weiter, zeichnete ein finsteres und absolut unnatürliches Bild. Ein Bild, das jeden normalen Menschen die Hand an die Stirn schlagen lassen würde, aber für den verzweifelten und angsterfüllten Wooyoung klang es sehr plausibel.

"Natürlich könnte das ein böser Streich deines Kopfes oder der Stadtkinder sein. Und sind es die Kinder, solltest du auch gnadenlos die Polizei rufen. Aber wenn das dein Kopf ist, solltest du dem zuerst auf den Grund gehen. Diese Ängste müssen tief sitzen, wenn sie sich nun wieder so aufmerksam machen."

Wooyoung war einfach nur verloren.

"Also was schlägst du mir vor?" Sein sonstiger Glanz schien dumpf, als er bloß leise und verletzlich murmelte, die Lippen aufgebissen und rau vom Stress.

"Ich möchte, dass du alleine dorthin zurück gehst und dich ihnen stellst. Wer oder was auch immer das ist, wenn er deine Saftflasche verräumt und die Wäsche für dich hängt und die Lichter ausschaltet, kann es gar nicht so schlimm sein. Ich werde das ganze am Telefon mitverfolgen und sofort einspringen, wenn etwas ist, in Ordnung? Ich denke nur, das wird nichts, wenn ich direkt anwesend bin." Er klang so absolut sicher von sich selbst, so souverän wie ein Experte auf dem Gebiet und es reichte einem müden und leichtgläubigen Wooyoung, um voller Hoffnung und Determination zu nicken. So würden sie es machen. Es konnte gar nicht schief gehen.

Der kleine Keim des Zweifels wies Wooyoung sanft darauf hin, wie Yongguk sicherlich kein Spezialist in Sachen Geister war und so immer all die dummen Leute in Horrorfilmen starben, aber Yongguk hatte schon recht. Was sollte ihm tatsächlich passieren? Er hatte den Eindringling eingeschlossen und wusste genau, dass im wachen Zustand nichts geschah.

Monster unterm Bett [WooSan]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt